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Ist Laub problematisch für Pferde?
16.10.2022 / News

Ein wenig Laub schadet Pferden normalerweise nicht – von einigen wenigen Bäumen und deren Blättern sollte man Pferde aber fernhalten ...
Ein wenig Laub schadet Pferden normalerweise nicht – von einigen wenigen Bäumen und deren Blättern sollte man Pferde aber fernhalten ... / Symbolfoto: Archiv/Irene Gams

Viele Koppeln und Weiden werden im Herbst von einem bunten Laubteppich überzogen, von dem Pferde mitunter auch gerne naschen. Doch ist diese Art von Snack wirklich völlig unproblematisch? Nun, grundsätzlich ja – aber es gibt einige wenige Ausnahmen …


Die Antwort auf die Frage, ob Herbstlaub für Pferde unbedenklich ist, hängt natürlich primär von den Baumarten ab, von denen die Blätter stammen. Die gute Nachricht: Der allergrößte Teil der heimischen Bäume – und auch deren herabfallendes Laub – sind in der Tat völlig unproblematisch, und es wird ihrem Pferd auch nicht schaden, wenn es sich ab und zu am Blätterwerk gütlich tut (vorausgesetzt, es handelt sich nicht um fauliges, schimmliges, verpilztes Laub – davon sollte man seine Pferde jedenfalls fernhalten).

Befürworter führen an, dass Laub Pferden sogar gesunde Inhaltsstoffe und wertvolle Fasern bieten kann – und dabei auch noch wenig Zucker und Fett enthält, was für manche Pferde sogar empfehlenswert und gesundheitsfördernd sein kann. Doch es gibt auch warnende Stimmen, die meinen, dass Laub eben nicht zur artgerechten Pferdefütterung gehört – das galt allenfalls für das Urpferd, nicht aber für das spätere Steppentier.

Die meisten Pferdebesitzer und wohl auch der Großteil der Futterexperten werden jedoch darin übereinstimmen, dass ein bisschen Laub den meisten Pferden nicht schaden wird. Aber auch hier gilt: Keine Regel ohne Ausnahme. Eine Baumart, vor dessen Laub man Pferde explizit schützen sollte, ist  auch hierzulande weit verbreitet – nämlich der Bergahorn (Acer pseudoplatanus), der für die gefürchtete ,atypische Weidemyopathie’ verantwortlich ist, die Jahr für Jahr zahlreichen Pferden in Europa das Leben kostet.

Zwar sind es nicht in erster Linie die Blätter des Bergahorns, die den tödlichen Giftstoff HGA (Hypoglycin A) enthalten, sondern die Samen und Sprösslinge – doch diese werden eben häufig gemeinsam mit dem Laub aufgenommen, weshalb man seine Pferde von allen ,Spielarten’ des Bergahorns (einschließlich der Blätter) fernhalten sollte. Dazu raten auch Wissenschaftler ausdrücklich: „Generell ist dringend zu empfehlen, daß Pferde weder Sprösslinge, noch Samen oder Blätter des Bergahorns – oder eine Kombination davon – zu sich nehmen sollten, während dies beim Feld- und Spitzahorn ungefährlich sein dürfte“, heißt es in einer einschlägigen Studie.

Entscheidend sei es, so die Experten weiter, seine Pferde mit ausreichend Raufutter zu versorgen, insbesondere auf spärlich bewachsenen, unergiebigen Weideflächen und während jener Zeiträume (also im Frühjahr sowie im Herbst), in denen das Risiko einer atypischen Weidemyopathie am höchsten ist.

Vorsicht bei Steinobstbäumen

Vorsicht ist auch – wie kürzlich Ernährungsspezialistin Claire Thunes in einem Beitrag betonte – bei der Familie der Prunus geboten, von denen es 200 Arten gibt, zu denen auch die Steinobstbäume gehören, also Zwetschken, Marillen, Pfirsiche und Kirschen. Für Pferde zwar weniger giftig als für Rinder, enthalten die Fruchtkerne Blausäure (Cyanid) – und die Blätter sind beim Welken besonders giftig. Vor allem Apfelkirschen und Schwarzkirschen gelten als die gefährlichsten der östlichen Wildkirschen.

Zu den klinischen Anzeichen einer Zyanidvergiftung gehören erhöhte Herz- und Atemfrequenzen, wobei Pferde durch geblähte Nasenlöcher schwer atmen. Cyanogene Glykoside verursachen leuchtend rote Schleimhäute, erweiterte Pupillen, Atembeschwerden und Schock. Es ist möglich, Pferde, die früh im Krankheitsverlauf gefunden wurden, mit Chemikalien zu behandeln, die das Cyanid binden, wodurch der zelluläre Sauerstofftransport entsperrt werden kann.

Claire Thunes Ratschlag daher: Sowohl die Blätter von Bergahorn- als auch Steinobst-Bäumen haben auf Pferdeweiden nichts verloren und sollten entfernt werden, ebenso die Äste mit Blättern, die vom Herbstwind heruntergeblasen wurden und für Pferde zum Fressen verfügbar sind. „Wenn wir uns dem Herbst nähern, sinkt der Nährwert von Weidegras – auch wenn es grün und nahrhaft aussieht, dramatisch. Infolgedessen neigt Ihr Pferd möglicherweise eher dazu, nach Dingen zu suchen, die es normalerweise nicht interessieren würden, und dazu könnten auch heruntergefallene Blätter zählen.“

Eine zu ausgiebige – und daher nicht unproblematische – Laub-Mahlzeit könne man für Pferde weniger attraktiv machen, indem man die Weideaufnahme mit hochwertigem Heu ergänzt. Denn das ist Pferden allemal lieber als das bunteste Laub …

Soll man Eichen ausweichen?

Immer wieder ist zu hören und zu lesen, dass auch Eichen (sowohl Blätter und Rinde, aber auch die Früchte, die Eicheln) möglichst nicht von Pferden gefressen werden sollten. Doch selbst Tierärzte äußern sich zu dieser Frage unterschiedlich – hier reicht das Spektrum von eindringlichen Warnungen vor jeglichem Verzehr bis zu beruhigenden Feststellungen, dass eigentlich kaum etwas passieren dabei.

In gewisser Weise haben beide recht – denn in der Tat kommt es wie so oft auf die Dosis an. Tatsächlich enthalten Eicheln – aber eben auch Eichenblätter – den Wirkstoff Tannin, der für Pferde giftig ist, Nieren und Leber angreift und kolikartige Symptome verursachen kann. Doch Pferde müssten große Mengen von Eicheln oder Eichenlaub verzehren, um sich wirklich zu vergiften – was in der Praxis glücklicherweise nur höchst selten vorkommt.

Sollten tatsächlich Eichenbäume auf oder in unmittelbarer Umgebung einer Pferdeweide stehen, ist es im Herbst jedenfalls empfehlenswert, ein besonderes Auge auf seine Vierbeiner zu werfen und genau darauf zu achten, ob sie auch immer ausreichend Raufutter haben und sich nicht zu intensiv den herumliegenden Eicheln oder dem Eichenlaub widmen. Eine zusätzliche Ration Heu kann auch hier wahre Wunder wirken – zumal der eher bittere Geschmack von Eicheln Pferden nicht wirklich behagt …

Andere Länder – andere Sorgen

Ernährungs-Experten Clair Thunes hat in dem oben erwähnte Titel auch darauf hingewiesen, dass Pferdebesitzer in Nordamerika noch auf einen weiteren ,bösen Baum’ achten müssen, dem bereits mehrere Pferde zum Opfer gefallen sind, nämlich auf den Rot-Ahorn (Acer rubrum) – auch als Scharlach- oder Sumpf-Ahorn bekannt. Diese Baumart stammt aus dem Osten der Vereinigten Staaten und Kanada und ist im Herbst mit ihren auffälligen roten Blättern ein wahrer Blickfang.

Während die Blätter am Baum sind und leben, sind sie unbedenklich – aber wenn sie einmal abgefallen und verwelkt sind, können sie schon in relativ geringen Mengen für Pferde tödlich sein. Bereits 1,5 bis 3 Gramm pro Kilogramm (das sind etwa 0,05 bis 0,11 Unzen pro 2,2 Pfund) Körpergewicht können eine hämolytische (rote Blutkörperchen zerstörende) Krankheit verursachen. Es wird angenommen, dass welke Blätter Gallussäure enthalten, die zum Abbau roter Blutkörperchen und hämolytischer Anämie führen kann (bei der das körpereigene Immunsystem seine eigenen roten Blutkörperchen angreift und tötet), so Clair Thunes. Blätter, die vom Baum fallen und welken, sind stets giftig und bleiben das auch mehrere Wochen lang – doch diejenigen, die nach Mitte September fallen, sind es ganz besonders und weisen die größte Konzentration an Gallussäure auf.

Pferde, die Ahornblätter fressen, sterben oft innerhalb weniger Tage. Zu Beginn nach der Einnahme zeigt ein Pferd im Allgemeinen eine schwere Depression und wird aufgrund des verringerten Sauerstoffflusses im Körper schwach. Bei dem Versuch, Sauerstoff zu zirkulieren, erhöhen sich Herzfrequenz und Atmung, roter oder dunkler Urin wird oft beobachtet, und ihre Schleimhäute (einschließlich des Weißen um die Augen) können leicht gelb erscheinen. Letztendlich führt diese Unfähigkeit, ausreichend Sauerstoff über das Blut zu transportieren, zum Tod.

Die Prognose ist typischerweise schlecht. In einer retrospektiven Studie aus dem Jahr 2006 wurden 32 Fälle von Ahornvergiftung bei Pferden untersucht, von denen 19 starben. Eine Reihe von klinischen Symptomen wurde dabei beobachtet, darunter Koliken, Fieber und Hufrehe. Eine Heilung gibt es nicht – Pferde, die rote Ahornblätter gefressen haben, erhalten lediglich eine unterstützende Behandlung, einschließlich einer Flüssigkeitstherapie.

Claire Thunes Resümee: „Nicht alle roten Ahorne sind giftig, es wurde aber auch in anderen Arten – etwa Zucker-Ahorn und Silber-Ahorn – Gallussäure nachgewiesen, die man ebenfalls vermeiden sollte. Um auf Nummer sicher zu gehen, wäre mein Vorschlag, Pferde von allen Arealen fernzuhalten, in denen sich Ahorn-Bäume befinden und sie deren Blätter fressen könnten.“

In Europa gilt das jedenfalls für den Bergahorn …

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