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Bedampftes Heu kann zu Proteinmangel bei Pferden führen
27.12.2022 / News

Bedampftes Heu ist hygienischer, aber auch ärmer an Nährstoffen – das fanden WissenschaftlerInnen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg heraus.
Bedampftes Heu ist hygienischer, aber auch ärmer an Nährstoffen – das fanden WissenschaftlerInnen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg heraus. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Mit heißem Wasserdampf behandeltes Heu ist für Pferde zwar hygienischer und sicherer, liefert ihnen aber auch deutlich weniger Proteine, was zu Beeinträchtigungen bei Wachstum und Muskelaufbau führen kann, wie ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) herausfand. Dennoch muss man auf das Bedampfen deshalb keineswegs verzichten …

 

Es ist zweifellos eine der spannendsten Studien, die 2022 zum Thema Pferdeernährung durchgeführt wurden: Während sich frühere Untersuchungen vor allem auf die Auswirkungen des Bedampfens auf den hygienischen Status und die Reduktion von potenziellen Krankheitserregern (Allergenen, Pilzsporen, Bakterien etc.) konzentrierten, nahmen WissenschaftlerInnen der der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) ein anderes Thema in den Fokus – nämlich die Frage, wie sich das Bedampfen auf den Nährstoffgehalt des behandelten Heus auswirkt.

Pferdeheu wird mit Dampf vor allem deshalb behandelt, um schädliche Mikroorganismen abzutöten sowie Pilzsporen und Staub an das Heu zu binden, die sonst eingeatmet werden könnten. Bei dem Vorgang wird Heu mit heißem Wasserdampf auf bis zu 100 Grad Celsius erhitzt, was für eine bessere Hygiene sorgt und das bedampfte Heu vor allem für Pferde mit Atemwegserkrankungen verträglicher macht: „Viele Pferde leiden unter Lungenproblemen wie Asthma. Durch die Bedampfung ist das Heu quasi frei von lebenden Mikroorganismen und Partikeln, die beim Fressen eingeatmet werden und in der Lunge Schaden anrichten können. Damit ist es theoretisch ein sehr gutes Futter", so Prof. Dr. Annette Zeyner vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der MLU.

Allerdings fand ihr Team heraus, dass die Behandlung im Bedampfungsgerät auch Nachteile hat: Durch den Wasserdampf werden die Proteine im Heu beschädigt. „Ein Großteil der Proteine und darin enthaltenen, wichtigen Aminosäuren kann dann nicht mehr im Dünndarm verdaut werden, geht dem Pferd also durch die Behandlung verloren. Einzelne dieser Proteinbestandteile sind für Pferde aber essenziell und sie können auch nicht über den Dickdarm aufgenommen werden", so Zeyner weiter.

Um das zu zeigen, untersuchten die Forschenden verschiedene Heuproben. Im bedampften Pferdefutter fanden sie vermehrt Produkte, die bei der sogenannten Maillard-Reaktion entstehen und auf eine Schädigung der im Heu befindlichen Proteine hindeuten. Dabei handelt es sich um eine Reaktion, die auch während des Kochens, Backens oder Bratens von Lebensmitteln abläuft und für die Bräunung oder die Entfaltung von Aromastoffen verantwortlich ist. „Proteine bestehen aus Aminosäuren. Durch die Bedampfung werden diese geschädigt und bilden neue Komplexe mit Zuckern im Heu", so die Erst-Autorin der Studie Caroline Pisch von der MLU. Das mache sie für Pferde nur schwer verdaulich. Durch die Behandlung reduzierte sich den Analysen der Forschenden zufolge der Anteil an für den Dünndarm verfügbarem Protein um fast die Hälfte.

So kann es laut Prof. Zeyner zu einer Unterversorgung mit Proteinen kommen, die zum Beispiel für heranwachsende Pferde oder säugende Stuten problematisch ist: Junge Pferde benötigen Proteine für ihr Wachstum, Stuten für die Milchproduktion. Erschwerend komme hinzu, dass ein Proteinmangel sehr unspezifische Symptome bei den betroffenen Tieren hervorruft: Dazu gehören etwa ein gestörter Muskelaufbau und ein stumpfes oder struppiges Haarkleid mit sogenannten Hungerhaaren - vereinzelte, lange Haare im Pferdefell.

Um diesem Risiko entgegenzuwirken, könnten Pferdehalterinnen und -halter die Nahrung der Tiere zum Beispiel mit proteinreichem Futter wie Bierhefe und Sojaschrot oder aber hochwertigen proteinreichen Ergänzungsmitteln für Pferde anreichern, so Prof. Zeyner. So müssten insbesondere Pferde mit Atemwegsproblemen nicht auf das für sie verträglichere bedampfte Heu verzichten – für sie bleibt es in vielen Fällen sogar die einzige praktikable Option, um an hygienisch einwandfreies Raufutter zu gelangen, wie die ForscherInnen in ihrem Resümee betonen: „Dennoch reduziert das Bedampfen erfolgreich lebensfähige Mikroorganismen und bindet Staubpartikel. Daher ist bedampftes Heu immer noch ein richtiges und manchmal das einzig mögliche Raufutter für Pferde, die an Atemwegserkrankungen wie Pferdeasthma leiden. Grundsätzlich sollten Pferdefutter-Rationen auf der Basis von gedämpftem Heu entsprechend ausgewogen sein."

Die Studie „ Effect of Hay Steaming on the Estimated Precaecal Digestibility of Crude Protein and Selected Amino Acids in Horses" von Caroline Pisch, Monika Wensch-Dorendorf, Uwe Schwarzenbolz, Thomas Henle, Jörg Michael Greef und Annette Zeyner ist am 10. Nov. 2022 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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