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Untragbare Zustände in indischen Pferde-Blutfarmen
09.10.2016 / News

Die Inspektionen von zehn großen Antitoxin-Produktionsbetrieben in Indien brachten haarsträubende Missstände zutage...
Die Inspektionen von zehn großen Antitoxin-Produktionsbetrieben in Indien brachten haarsträubende Missstände zutage... / Foto: PETA Indien

In Indien wird, wie auch in anderen Ländern, aus dem Blut von Pferden Antiserum gegen Giftschlangenbisse gewonnen – doch in den dafür notwendigen Pferdefarmen herrschen untragbare Zustände, so die Tierrechtsorganisation PETA. Sie fordert nun deren Schließung.

 

Pferde sind Lebensretter – doch das ist den meisten Menschen kaum bewusst. In mehreren Ländern dieser Welt werden Pferde auf „medizinischen Farmen" gehalten, um aus ihrem Blut Gegengifte gegen Schlangenbisse herzustellen. Dabei wird den Pferden eine geringe Menge hochverdünnten Schlangengifts injiziert – auf das ihr Immunsystem reagiert und Antikörper bildet. Pferde sind dafür sehr gut geeignet, weil sie sehr groß sind, daher auch eine große Menge Blut haben und ihr Immunsystem sehr stark und aktiv ist. Sobald eine ausreichende Menge Antikörper gebildet wurde, wird den Pferden eine bestimmte Menge Blut abgenommen, aus dem in einem speziellen Verfahren die Antikörper herausgefiltert und aufbereitet werden. Am Ende erhält man ein Antiserum, das im Falle eines Schlangenbisses Menschenleben retten kann – und dies auch Jahr für Jahr in Tausenden Fällen tut. Allein in Brasilien werden etwa jedes Jahr 25.000 Menschen von giftigen Schlangen gebissen – doch nur etwa 150 dieser Fälle enden tödlich, weil die Versorgung mit Gegengiften landesweit gut und effizient funktioniert.

Üblicherweise ist diese Art von Gegengift-Gewinnung für Pferde keine allzu große Belastung – vorausgesetzt, man sorgt für gute Lebens- und Haltungsbedingungen und eine optimale medizinische Betreuung. So gilt die Pferdehaltung etwa am brasilianischen Institut Butantan in der Nähe von Sao Paolo, in dem nahezu der gesamte brasilianische Bedarf an Antiseren produziert wird, als beispielhaft: Die Pferde leben in freien Gruppen auf riesigen, hügeligen Weideflächen, werden bestens versorgt, umfassend medizinisch betreut und nehmen die Injektionen und Blutabnahmen gelassen und ohne Stress hin, wie eine WDR-Reportage für die Sendung „Kopfball" aus dem Jahr 2014 zeigt.

In Indien sieht dies leider anders aus: 2015 wurde eine Reihe von Inspektionen durch das Animal Welfare Board of India (AWBI) autorisiert und von Tierärzten sowie anderen Experten durchgeführt – darunter auch Fachleute der Tierrechtsorganisation PETA Indien. Die Inspektionen in zehn Großbetrieben des Landes brachten den schweren Missbrauch und die Vernachlässigung Tausender Pferde zutage.

Das Resümee der Inspektionen war ernüchternd: „In ganz Indien vegetieren verängstigte, lahmende und unterernährte Pferde ohne tierärztliche Versorgung vor sich hin, weil die Produzenten von Antitoxin und Antivenin die Tiere als lebende Blutbeutel nutzen“, so Poorva Joshipura, CEO von PETA Indien. „Deshalb fordern wir die indische Regierung auf, diese schändlichen, tierquälerischen Betriebe zu schließen und sich für moderne, tierfreie Produktionsmethoden einzusetzen.“

Aus den Unterlagen geht hervor, dass in den meisten Betrieben vielen Pferden scheinbar mehrmals im Monat Blut entnommen wird und dass die Blutmenge die Angaben aus den Richtlinien des Committee for the Purpose of Control and Supervision of Experiments on Animals (CPCSEA) überschreitet. Aus dem Blut der Tiere werden Antitoxin und Antivenin hergestellt und in die ganze Welt verkauft. Ein Betrieb hat diese Aufgabe an andere Zulieferer vergeben. Die Mitarbeiter waren oftmals nicht mit dem richtigen Umgang und der Pflege der Pferde vertraut. In einigen Betrieben pflanzten sich die Tiere unkontrolliert fort; die meisten Einrichtungen beschäftigten zu wenige Tierärzte und kümmerten sich schlichtweg nicht um Maßnahmen, die den Schmerz der Tiere lindern könnten.

Viele Tiere waren verängstigt, zeigten Anzeichen von Unterernährung, eine schlechte Zahngesundheit sowie Erkrankungen des Verdauungstraktes. Die Pferde litten unter schmerzhaften Wunden an den Beinen und an schwerer Arthritis, die ihren Gang abnormal wirken und/oder die Tiere lahmen ließ. Zudem erkannten die Experten in vielen Fällen Blutarmut, Hufkrankheiten, Auffälligkeiten an den Augen der Tiere und Hautkrankheiten wie Borkenflechte.

Viele Tiere mussten in völlig überfüllten, dreckigen und nassen Ställen inmitten ihrer eigenen Exkremente stehen; dabei waren schwer kranke Pferde zusammen mit gesunden Tieren untergebracht. So können ansteckende Krankheiten wie Rotz, Pferdeinfluenza oder Herpesvirusinfektionen leicht übertragen werden. Laboranalysen der den Pferden entnommenen Blutproben zeigten, dass im Durchschnitt 36 Prozent der Tiere unter einer Form von Blutarmut und 19 Prozent unter einer Infektion litten.

Die meisten Betriebe waren nicht beim CPCSEA für die Nutzung von Pferden zu Versuchszwecken registriert. Dies verstößt allem Anschein nach gegen ein geltendes Gesetz von 1998 zur Tierzucht und Tierversuchen. Zwar hat das AWBI die Inspektionsunterlagen umgehend beim CPCSEA eingereicht, doch statt den Tieren zu helfen, entzog der CPCSEA dem AWBI Vorsitzenden und Vize-Vorsitzenden ihre Mitgliedschaft.

PETA Indien sowie seine anderen Schwesterorganisationen setzen sich bei der indischen Regierung dafür ein, diese Betriebe zu schließen, den Tieren entsprechende veterinärmedizinische Behandlung zukommen zu lassen sowie sich für die tierfreie Herstellung von Antitoxinen und Antivenin einzusetzen. Auch PETA Deutschland fordert nun die indische Botschaft in Deutschland dazu auf, sich für ein Ende dieses Tierleids einzusetzen. Mittels Online-Formualar kann man diese Unterschriften-Aktion unterstützen (hier der Link dazu).

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