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Gelbe Bedrohung: Wie gefährlich ist Raps für Pferde?
23.11.2023 / News

Pferde im blühenden Rapsfeld sind ein fast unschlagbares Fotomotiv – doch nicht alle Tiere kommen mit den Pollen zurecht, wie sich am Beispiel Irland deutlich zeigt.
Pferde im blühenden Rapsfeld sind ein fast unschlagbares Fotomotiv – doch nicht alle Tiere kommen mit den Pollen zurecht, wie sich am Beispiel Irland deutlich zeigt. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Raps ist eine wichtige und weit verbreitete Nutzpflanze – doch die prächtigen, gelbblühenden Felder sind für Pferd nicht unbedenklich und können gesundheitliche Probleme verursachen, wie sich am Beispiel Irland zeigt.  
 
Raps macht die Landschaft hübsch gelb, ergibt ein hochwertiges Speiseöl, kann zu biologisch abbaubaren Schmierstoffen und zu Biodiesel verarbeitet werden, dient als Tierfutter und rettet so manchen Landwirt vor finanziellen Einbußen. Kurz: Raps ist eine verlässliche und durchaus positive Nutzpflanze mit vielseitigen Talenten.

Doch Raps hat auch seine Tücken und Schattenseiten – wie sich besonders deutlich in Irland und der dortigen Pferderennsport-Szene zeigt. Seit einigen Jahren fällt auf, dass in jenen irischen Gebieten, wo der Rapsanbau drastisch zunimmt (wie in vielen anderen Ländern), auch die Sportpferde vermehrt gesundheitliche Probleme aufweisen. Was man anfangs eher als eine leichte Allergie auf den Geruch oder die Pollen – ähnlich wie bei manchen Menschen – interpretierte, erhält nun durch genauere Untersuchungen eine neue Dimension. Auffallend viele Pferde haben in den letzten Jahren z.T. drastische Krankheitsbilder und Leistungsprobleme gezeigt – die sich nun eindeutig mit dem Raps in Verbindung bringen lassen, wie die Pferde-Zeitung ,The Irish Field‘ berichtete.

In den Jahren 2021 und 2022 wurde die Anbaufläche der knallgelben Feldfrucht in Irland um stattliche 44 % vergrößert, und ein Ende des Trends ist nicht abzusehen. Zeitgleich sind besonders viele Pferde an Symptomen wie Kehlkopfreizung, Kurzatmigkeit, Lungenentzündung, COPD, akutem Leistungsabfall und Lethargie erkrankt. Die Tiere sind auch psychisch betroffen, Headshaking, Verhaltensstörungen, Fressunlust und Konzentrationsstörungen sind an der Tagesordnung. Anders als bei pollenallergischen Menschen, die meist „nur“ an Nebenhöhlen-Blockaden oder „Heuschnupfen“ leiden, sind bei Pferden die grippeähnlichen Auswirkungen weit stärker und betreffen häufig die tiefen Atemwege.

Alan Creighton, Leiter der Abteilung Umwelt und Ernährung des Irish Equine Centre, sagt dazu: „Es betrifft nicht nur Rennpferde-Trainer, sondern in der akuten Jahreszeit sehr viele Pferdebesitzer; und es scheint keine einfache Lösung zu geben. Das Irish Equine Centre hat sich mit der Irish Racehorse Trainers Association zusammengetan, um in jedem einzelnen Fall möglichst viele Informationen zu sammeln und eine Antwort zu finden.“

Tierarzt Dr. Joe Collins ergänzt: „Die Blütezeit von Raps wurde von Tierärzten schon lange als hoch riskant für empfindliche Pferde bezeichnet. Zwei auffällige Symptombereiche wurden bemerkt, einer in den oberen und einer in den unteren Atemwegen. Die Hauptsymptome sind beim ersten das Headshaking, beim zweiten Atemnot. Pollen werden eingeatmet, in den Nebenhöhlen gefangen und reizt deren empfindliche Schleimhäute. Deren Nerven werden gereizt und lösen ein Tourette-Syndrom mit dem typischen Kopfschütteln aus. Katastrophal bei Dressurpferden. Wenn Pollen tief eingeatmet werden, kommt es in den Luftwegen zur Reizung und Schleimproduktion, was zu Atemnot und damit akutem Leistungsabfall führt. Alljährliche, wiederholte Konfrontation mit Rapspollen führt zur chronisch wiederkehrenden Equinen Rhinitis, dem Heuschnupfen bei Pferden, und letztlich zu COPD, dem Asthma bei Pferden. Ob alle Symptome auf echte Allergien zurückzuführen sind oder nur auf temporäre Irritationen, ist zwar interessant, aber letztlich für die Pferdebesitzer unerheblich. Sie wünschen sich nur Erleichterung für ihre betroffenen Pferde und eine Änderung der Situation.“

Diese wird jedoch auf sich warten lassen, denn als derzeit einzige „Patentlösung“ bietet sich die Verlegung der kompletten Trainingsställe weit weg von den Rapsanbaugebieten an. Die Galopper-Trainer Harley Dunne und Andrew McNamara tun dies bereits notgedrungen. Die beiden erfolgreichen Trainer haben 2023 ihre Ställe aus dem „Schussfeld der Rapsblüten“ genommen, unter großem Aufwand. Dazu McNamara: „Der Leistungsabfall ist enorm; man kann kaum glauben, wie sich die Pferde über Nacht verändern. An einem Tag hast du einen Sieger im Stall, am nächsten muss er im Rennen vor Erschöpfung angehalten werden. Das Ganze wird ein echtes Tierschutz-Problem!“
Die Tierärzte behandeln u.a. mit Cortisonpräparaten, empfehlen das Aufstallen der Pferde zur Rapsblüte, man kann Nasenmasken verwenden, ähnlich unseren Covid-Masken, die Pferde mit diversen Inhalatoren behandeln oder einfach möglichst weit von den Anbaugebieten wegbringen.

Weit drastischer ist die direkte Stilllegung der betroffenen Gesichtsnerven. Aber alles das, so Tierarzt Collins, wird durch die normative Kraft des Möglichen begrenzt und unterliegt bei Sportpferden zudem den immer strengeren Doping-Regeln.

Trainer James McAuley, dessen Pferde ebenfalls schwer betroffen waren, half sich in seinem Stall in Dublin mit einem Salztherapiegerät: „Wir haben vor Beginn der Rapsblüte eine Salztherapie-Einheit installiert, und das hat uns definitv geholfen, da es die Lungen der Pferde reinigt.“

Wie man es auch dreht und wendet: Großflächige Monokulturen in der Landwirtschaft haben immer größere Auswirkungen auf die Umwelt – und damit auch auf unsere Pferde. Man wird – wohl oder übel – lernen müssen, damit umzugehen …

Martin Haller

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