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Kauen am Gebiss kann die Darmtätigkeit von Pferden fördern
05.10.2023 / News

Das Kauen am Gebiss könnte „eine sichere, kostengünstige und effiziente Behandlung zur Verbesserung der Dünndarmmotilität bei Pferden darstellen", so die Studien-AutorInnen.
Das Kauen am Gebiss könnte „eine sichere, kostengünstige und effiziente Behandlung zur Verbesserung der Dünndarmmotilität bei Pferden darstellen", so die Studien-AutorInnen. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Der Einsatz von Gebissen zählt seit Jahren zu den polarisierendsten Themen in der Pferdeszene – doch einer neuen Untersuchung zufolge könnte das Kauen am Gebiss für Pferde zumindest eine positive Wirkung haben, nämlich die Förderung der sogenannten Darmmotilität. Dies könnte man sich bei therapeutischen Ansätzen gezielt zunutze machen, so das Forscherteam.


US-WissenschaflterInnen zufolge könnte das Kauen am Gebiss eine einfache und kostengünstige Möglichkeit sein, die Darmmotilität bei Pferden mit sogenanntem Ileus zu fördern, indem man sie schlicht am Gebiss kauen lässt. Ileus ist eine Erkrankung, bei der die normalen rhythmischen Kontraktionen, die Nahrung und Ausscheidungen durch den Darm transportieren – die sogenannte Darmmotilität – ohne erkennbare körperliche Behinderung gestört sind. Es handelt sich um ein Problem, das insbesondere nach chirurgischen Eingriffen im Bereich der Bauchhöhle auftreten kann. Im schlimmsten Fall kann es zum sogenannten ,paralytischen Ileus’ kommen – einem Darmverschluss, der potenziell lebensbedrohlich ist und rasches Handeln erforderlich macht.

Studien an menschlichen Patienten mit Ileus haben gezeigt, dass simuluiertes Essen – beispielsweise das Kauen von Kaugummi – und die dadurch angeregte vermehrte Speichelproduktion die klinischen Symptome verbessern und die Magen-Darm-Motilität fördern kann. Das Kauen am Gebiss, eine für Pferde angepasste Form der Scheinfütterung, hat positive Auswirkungen gezeigt, indem es die gastrointestinale Gesamttransitzeit verkürzt. Allerdings konzentrierte sich die bisherige Forschung hauptsächlich auf den Dickdarm – die Auswirkungen des Gebisskauens auf den Dünndarm sind relativ unerforscht, so die AutorInnen.

In ihrer prospektiven Crossover-Studie verglichen die Forscherin Molly E. Patton vom Virginia-Maryland College für Veterinärmedizin und ihre KollegInnen die gastrointestinale Motilität bei Pferden sowohl unter der Bedingungen des Gebisskauens als auch unter Kontrollbedingungen (ohne Gebisskauen).

Patton und ihr Team verwendeten für die Studie neun gesunde Pferde, die nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt wurden: Eine Gruppe trug ein Gebiss und kaute alle sechs Stunden 20 Minuten lang daram, die andere Gruppe erhielt kein Gebiss. Drei Wochen später wurden die Gruppen vertauscht, so dass jedes Pferd als sein eigenes Kontrollpferd fungierte.

Der Zeitraum von 20 Minuten wurde gewählt, weil zuvor festgestellt worden war, dass die Anwendung eines Gebisses über einen Zeitraum von mindestens 20 Minuten zu gleichmäßigem Speichelfluss und Kauen führte. Das Gebiss wurde an einem modifizierten Kopfstück angebracht, das  gleichmäßiges Kauen gewährleisten sollte. Bei allen Pferden wurde Speichelproduktion und Schlucken während der gesamten 20 Minuten beobachtet. Wenn das Kauen während des Untersuchungszeitraums nachließ, wurde eine kleine Menge Melasse auf das Gebiss gestrichen, um das Kauen zu unterstützen.

Die ForscherInnen untersuchten die gastrointestinale Motilität der Pferde mithilfe eines zweifachen Ansatzes: Eine Videoendoskopiekapsel (bekannt als ALICAM®-Kapseln) und Paracetamol wurden über eine Magensonde in den Magen eingeführt. Acetaminophen-Serumproben wurden als Marker zur Messung der Magenentleerungszeit verwendet, mit Hilfe der ALICAM®-Kapseln wurden die Dünndarm-Transitzeit und die gesamte orozökale Transitzeit (das ist die Zeit, welche die Nahrung von der Mundhöhle bis zum Passieren der Ileozökalklappe, dem funktionellen Verschluss zwischen Dick- und Dünndarm, benötigt) bestimmt.

Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob das Kauen am Gebiss die Magenentleerungszeit, die Dünndarmtransitzeit und die sogenannte ,orozökale Transitzeit'  bei klinisch normalen Pferden wirksam verkürzen kann.

Die Forschungsergebnisse waren ebenso bemerkenswert wie eindeutig und weisen auf eine signifikante Verkürzung der orozökalen Transitzeit nach dem Gebiss-Kauen hin, ohne dass sonstige nachteilige Auswirkungen beobachtet wurden. Die AutorInnen wörtlich: „Die Ergebnisse unserer Studie zeigten nicht nur keine nachteiligen Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Gebisskauen, sondern zeigten auch eine signifikante Verringerung der orozökalen Transitzeit nach dieser Aktivität.“

Ihre klare Schlussfolgerung: „Dies deutet darauf hin, dass das Kauen von Gebissen eine sichere, kostengünstige und effiziente Behandlung zur Verbesserung der Dünndarmmotilität bei Pferden darstellen könnte. Diese Ergebnisse haben vielversprechende Auswirkungen auf die Verbesserung des Managements und der Behandlung von Ileus bei Pferdepatienten und können möglicherweise zu besseren Ergebnissen und einem verbesserten Gesamtwohlbefinden dieser Tiere führen.“

Die Studie „Effects of Bit Chewing on Gastric Emptying, Small Intestinal Transit, and Orocecal Transit Times in Clinically Normal Horses“ von Molly E. Patton, Frank M. Andrews, Sophie H. Bogers, David Wong, Harold C. McKenzie, III, Stephen R. Werre und Christopher R. Byron ist am 4. Aug. 2023 in der Zeitschrift ,animals’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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