Die anhaltende Kritik von Tierschützern sowie steigende Kosten bringen die traditionsreiche Prater-Attraktion immer mehr unter Druck – die Geschäftsführung überlegt die Schließung.
Sie kommt beinahe so sicher wie das Amen im Gebet – die Kritik an einer traditionsreichen Attraktion des Wiener Praters: Nahezu jedes Jahr zur Eröffnung der Pratersaison taucht in den heimischen Medien auch das „1. Wiener Ponny-Caroussel" auf – und das nicht mit positiven Schlagzeilen: Die Kritik von diversen Tierschutzorganisationen – sei es nun von ,Vier Pfoten', dem ,Verein gegen Tierfabriken' oder dem ,Österreichischen Tierschutzvereini' – will seit Jahren nicht verstummen und wird im Ton zusehends schärfer: „Tierquälerei im Prater" schrieb etwa der Wiener Tierschutzverein, der es als „nicht mehr zeitgemäß" bezeichnete, daß man „fühlende Lebewesen unnötig im Kreis laufen" lasse.
Diese Kritik wurde vor wenigen Tagen auch von politischer Seite befeuert: Der SPÖ-Aktivist Sebastian Bohrn Mena rief in seinem Facebook-Blog die Wiener Stadträtin Ulli Sima auf, dem unseligen Treiben im Prater endlich ein Ende zu machen: „Liebe Ulli Sima, kannst du als zuständige Tierschutz-Stadträtin bitte endlich diese absurde, tierleid-verursachende "Attraktion" im Prater abdrehen? Niemand, wirklich absolut niemand braucht dieses elendige "Pony Karussell"! Wir leben im Jahr 2016, machen wir jetzt Schluss damit - die Würde und Unversehrtheit der Tiere muss endlich wichtiger genommen werden als die "Belustigung" und der Profit! #Tierrechte"
Das Echo war überwältigend: Innerhalb von drei Tagen erreichte das Posting fast eine halbe Million Menschen, es wurde über 12.000 Mal geliked, rund 3.500 Mal geteilt und fast 2.000 Mal kommentiert. Bohrn Mena: „Das überwältigt mich und es zeigt eines ganz deutlich: Die Menschen wünschen eine Änderung." Auch ,Vier Pfoten' schloss sich der neu entfachten Kritik an: „Wir erachten dieses Karussell als absolut antiquierte Art der Zurschaustellung von Tieren."
Ein Ersuchen um einen Gesprächstermin bei Stadträtin Ulli Sima blieb zwar unbeantwortet – doch die Tageszeitung ,Kurier' griff das Thema auf und erhielt zumindest ein Statement der für Veterinärdienste und Tierschutz zuständigen Magistratsabteilung 60: Ethisch könne man über das Karussell diskutieren, doch tierschutzrechtlich sei alles in Ordnung, meinte MA 60-Leiterin Ruth Jily – der Betrieb werde mehrmals im Jahr kontrolliert und müsse strenge Auflagen erfüllen. Die Ponys dürften maximal sechs Stunden täglich arbeiten, nach vier Stunden muss ihnen eine Ruhe- und Futterpause gegönnt werden, auch täglicher Koppelgang sei vorgeschrieben.
Ende letzter Woche war auch die Geschäftsführerin des „1. Wiener Ponny Caroussels", Isabel Groschopf, zu einer Stellungnahme bereit – und diese fiel durchaus überraschend aus: Denn während bislang alle Kritik an der Prater-Attraktion kategorisch zurückgewiesen wurde, gab es diesmal so etwas wie zaghafte Einsicht: „Wir stellen uns die Frage, ob das, was wir machen, noch zeitgemäß ist", meinte Isabel Groschopf gegenüber dem ,Kurier' – und räumte ein, daß nicht nur die Kritik von Tierschützern an ihrem Karussell immer vehementer werde, sondern auch seitens der Besucher: Die Mitarbeiter würden „praktisch täglich beschimpft", kritische Besucher ließen auch kaum noch mit sich reden, geschweige denn sich eines Besseren belehren. Erschwerend komme hinzu, daß sich der Betrieb auch immer weniger rechne – die Einnahmen seien zwar stabil, die Kosten jedoch aufgrund der immer strengeren Auflagen stark gestiegen. Ob das „Ponny-Caroussel" ein demnächst bevorstehendes Jubiläum noch erleben werde, sei daher ungewiss.
Entsprechend groß war die Freude bei Sebastian Bohrn Mena: „Wir nähern uns in großen Schritten einem Ende. Ich freue mich unbeschreiblich, dass nun endlich ein Umdenken stattfindet" postete er in seinem Facebook-Blog. Und er rief alle Beteiligten dazu auf, „sich jetzt endlich für konstruktive Gespräche zu öffnen, wie wir mit den Ponys nach ihrer Ausbeutungszeit umgehen können. Hier muss man den Dialog suchen und wird am Ende die Unterstützung der Bevölkerung brauchen. Nur dann wird die Beteiligung bei allfälligen Spendenaktionen ausreichend groß sein. Und die werde ich von Herzen gerne unterstützen, wenn es darum geht den Ponys ein Leben in Würde und Unversehrtheit zu sichern. Wir schaffen das gemeinsam!"
Man darf gespannt sein, wie es mit dem Pony-Karussell im Wiener Prater weitergeht – und ob diese Prater-Saison tatsächlich die letzte für die Karussell-Ponys sein wird...