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Ist ihr Pferd Rechts- oder Linkshänder? Der Haarwirbel verrät's...
13.03.2016 / News

Die Ausrichtung des Haarwirbels lässt Rückschlüsse auf die Händigkeit bzw. Seitigkeit eines Pferdes zu, so das Ergebnis der amerikanischen Studie.
Die Ausrichtung des Haarwirbels lässt Rückschlüsse auf die Händigkeit bzw. Seitigkeit eines Pferdes zu, so das Ergebnis der amerikanischen Studie. / Foto: Simone Aumair

... zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, so die Erkenntnisse einer amerikanischen Studie: Die Richtung von Haarwirbeln im Gesicht gibt Aufschlüsse über die ,Händigkeit' von Pferden, sprich: über ihre stärkere bzw. schwächere Seite.

 

Wir kennen das Phänomen aus eigener Erfahrung: Die Natur ist einseitig. Jeder von uns hat eine bessere bzw. stärkere Seite, ist also dementsprechend Rechts- oder Linkshänder. Bei Pferden (und im Übrigen auch bei vielen anderen Säugetieren) verhält es sich durchaus ähnlich – auch sie haben meist eine ,bevorzugte' Seite, die kräftiger und leistungsfähiger ist und natürlicherweise auch größere Belastungen übernimmt. In der Pferdeausbildung kann diese ,Einseitigkeit' – die sich auch im Phänomen der ,natürlichen Schiefe' zeigt – durchaus ein Problem darstellen, das beim Pferd zu Fehlbelastungen, zu Verspannungen und sogar zu Schädigungen des Bewegungsapparats führen kann.

Umso wichtiger ist es, die ,Seitigkeit' bzw. ,Händigkeit' seines Pferdes zu kennen und diese bei der täglichen Arbeit entsprechend zu berücksichtigen. Durch spezielle Koordinations- und Dehnungsübungen kann so die ,schwache' 'Seite gezielt gefördert und unterstützt und damit die gesamte Balance des Pferdes verbessert werden. Das Pferd wird dadurch insgesamt leistungsfähiger – und zwar nicht nur physisch, sondern auch mental.

Haarwirbel und Seitigkeit
Die ,Seitigkeit' eines Pferdes kann man anhand verschiedener Faktoren erkennen – etwa, auf welcher Seite es üblicherweise den ersten Schritt macht, auf welcher Seite es lieber galoppiert oder in welche Richtung es beim Scheuen wegläuft (rechts oder links). Auch bestimmte Probleme in manchen Dressurlektionen (Travers, Schulterherein etc.) können die ,bessere' oder ,schlechtere' Seite verraten.

Immer wieder ist jedoch auch zu hören, daß die Richtung der Haarwirbel die ,Seitigkeit' eines Pferdes erkennen lässt – oder daß die Mähne immer auf die ,gute' Seite fällt, wie eine alte Bauernregel besagt. Nun, bereits im Jahr 2008 sind die Forscher Jack Murphy und Sean Arkins von der Universität in Limerick (Irland) dieser Frage nachgegangen und haben untersucht, ob sich die ,Händigkeit' eines Pferdes auch in der Ausrichtung seiner Haarwirbel am Kopf widerspiegelt. Sie nahmen in ihre Studie insgesamt 219 Rennpferde auf und bestimmten durch Bewegungs-Beobachtungen sowie durch Aussagen ihrer Reiter und Trainer deren ,Händigkeit'. Von diesen 219 Pferden wurden 104 als ,Linkshänder' eingestuft – und tatsächlich zeigten 78 (= 75 %) von ihnen einen Wirbel entgegen dem Uhrzeigersinn, also nach links. Von den 95 Pferden, die als ,Rechtshänder' eingestuft wurden, zeigten 64 (= 67 %) einen Wirbel im Uhrzeigersinn, also nach rechts – eine signifikante Übereinstimmung, freilich keine 100%ige, wie auch die Wissenschaftler zugeben. Und es gab auch 20 Pferde ohne eine ausgeprägte Händigkeit – diese hatten entweder zwei Wirbel mit entgegengesetzter Richtung oder einen Wirbel, von dessen Zentrum die Haare sternförmig verliefen. Der Verlauf bzw. die Ausrichtung von Haarwirbeln könnte dennoch ein wichtiger Hinweis für Reiter bzw. Trainer sein, um vor allem junge Pferde ausgewogener zu trainieren und somit ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern, so Murphy und Arkins abschließend.

Für die spezifische Ausprägung einer ,bevorzugten Seite' und der dazu passenden Haarmustern könnte, so vermuten die Forscher, die asymmetrische Entwicklung des Gehirns verantwortlich sein. Bei Embryonen laufe die Entwicklung von Gehirn und Haaren parallel ab – und könnte auch von denselben Genen gesteuert sein, so Jack Murphy. Auch beim Menschen spricht viel für einen genetischen Ursprung der Händigkeit – wobei die besonders ungleiche Verteilung zwischen Rechts- und Linkshänder (im Verhältnis 9 : 1) sehr auffallend ist. Bei nahezu allen anderen Säugetier-Spezies – nicht nur bei Pferden, sondern auch bei Katzen, Hunden, Elefanten etc. – ist das Verhältnis erheblich ausgeglichener.

Aktuelle Studie in den USA
Eine weitere Studie, die den Zusammenhang zwischen der Haarwirbel-Richtung und der Händigkeit von Pferden verifzieren wollte, wurde vor kurzem von den amerikanischen Wissenschaftlern Chelsey Shivley, Mark Deesing sowie der berühmten Tierwissenschaftlerin und Verhaltensbiologin Temple Grandin durchgeführt: Sie bestimmten anhand des Fluchtreflexes eines Pferdes, ausgelöst durch das plötzliche Aufspannen eines Regenschirms, dessen ,stärkere' Seite – basierend auf der Annahme, daß Pferde bei einem beängstigenden Impuls immer in RIchtung ihrer stärkeren Seite flüchten. Diese Fluchtreaktion wurde bei jedem Pferd dokumentiert und mit der Ausrichtung bzw. Rotation seiner Haarwirbel am Kopf verglichen. Tatsächlich zeigte sich eine signifikante Übereinstimmung: Pferde, die nach rechts wegliefen, hatten meist Haarwirbel im Uhrzeigersinn – Pferde, die nach links wegliefen, hatten Wirbel gegen den Uhrzeigersinn. Auf welcher Seite bzw. Höhe die Haarwirbel lagen, schien jedoch keine Rolle zu spielen – hier konnten keine Übereinstimmungen mit der Händigkeit nachgewiesen werden. Die Wissenschaftler konnten jedoch ebenfalls bestätigen, daß die Ausrichtung der Haarwirbel ein einfaches und nützliches Instrument zur Bestimmung der Händigkeit eines Pferdes sein kann.

Die Studie „Behavioral laterality and facial hair whorls in horses" von Chelsey Shivley, Temple Grandin und Mark Deesing ist in der Februar-Ausgabe 2016 im ,Journal of Equine Veterinary Science' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.

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