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Toter Friesenwallach in NÖ: Infektionen nach Zeckenbefall häufig unerkannt 30.09.2023 / News
Der Friese hatte Schwierigkeiten beim Gehen und andere offenkundige neurologische Probleme. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Ein 16-jähriger Friesenwallach in Niederösterreich musste nach schweren neurologischen Problemen eingeschläfert werden. Wie sich herausstellte, litt er an einer durch Zecken übertragenen Enzephalitis – eine Infektion, für die Pferde besonders anfällig sind, die aber zu selten diagnostiziert werde, so das Forscherteam.
Phebe de Heus von der Veterinärmedizinischen Universität Wien und ihre KollegInnen wiesen einleitend darauf hin, dass serologische und epidemiologische Studien darauf hindeuten, dass Infektionen bei Pferden mit dem durch Zecken übertragenen Enzephalitis-Virus in Endemiegebieten häufig vorkommen – dass es aber nur sehr wenige Berichte über klinische Fälle gebe, was vermutlich mit einer ganzen Reihe diagnostischer Herausforderungen zusammenhängt, so die AutorInnen.
Einen konkreten klinischen Infektionsfall konnte das Forscherteam nun in der Zeitschrift ,viruses' detailliert beschreiben. Ein 16-jähriger Friesenwallach war im Juni 2021 mit einer plötzlich auftretenden neurologischen Erkrankung in die Klinik eingeliefert worden. Er war unsicher auf den Beinen und zeigte beim Gehen einen auffälligen Drang nach links. Weitere offenkundige neurologische Probleme und auch eine mutmaßliche Sehstörung (möglicherweise Blindheit) verschlimmerten das Krankheitsbild.
Der Besitzer gab an, dass sich der Wallach einige Tage zuvor an einem Stacheldrahtzaun verletzt habe, was mit den Sehproblemen zusammenhängen könnte. Darüber hinaus bemerkte der Besitzer beim Pferd einen schlechten Appetit, es setzte weniger Kot ab und hatte darüberhinaus Fieber (38,8 °C).
Das Tier wurde zunächst vor Ort tierärztlich behandelt. Das Pferd war vier Monate zuvor gekauft und zusammen mit vier anderen Pferden, die keine klinischen Symptome aufwiesen, in Niederösterreich auf der Weide gestanden worden. Der Besitzer erwähnte einen starken Zeckenbefall des Pferdes.
Bei der ersten Vorstellung in der Klinik war der Wallach lethargisch. Er konnte im Untersuchungsstand problemlos untersucht werden und blieb ruhig stehen. Mehrere oberflächliche Schürfwunden und Narben bedeckten den gesamten Körper. Die Herzfrequenz und die Atemfrequenz waren erhöht. Die Schleimhäute waren trocken und mäßig gerötet. Bei der neurologischen Untersuchung zeigte das Pferd keine Reflexantwort links, verzögerte Pupillenlichtreflexe in beiden Augen, einen steifen Gang, zwanghaftes Gehen mit Drang nach links und leichte Hypermetrie (überschießende Bewegungen). Zu den klinischen Symptomen gehörten auch das Knirschen bzw. Aneinanderpressen der Zähne.
Auf dem Weg zurück zum Stall kam es zu einer plötzlichen Verschlechterung, die sich in hochgradiger Ataxie, zitterndem Maul und einem Drehen des Kopfes nach links äußerte und weniger als eine Minute anhielt. Am nächsten Tag zeigte sich außerdem eine Überempfindlichkeit bei Geräuschen sowie bei Berührungen und eine Lähmung des linken Gesichtsnervs.
Der Wallach wurde mit nichtsteroidalen entzündungshemmenden Medikamente und Glukokortikoide gegen eine vermutete Enzephalitis behandelt, akute Anfallsaktivität bei Bedarf mit Diazepam. Nach vier Behandlungstagen war keine Besserung der klinischen Symptome festzustellen, es kam auch zu weiteren Anfällen, was zu Selbstverletzungen f+hrte und ein erhebliches Weichteiltrauma um das linke Auge verursachte. Phenobarbital zur Reduzierung von Anfällen wurde bereits vor dem Trauma mit dem Besitzer besprochen. Eine weitere antiepileptische Behandlung wurde jedoch aus finanziellen Gründen abgelehnt. Vier Tage nach der Aufnahme wurde schließlich die Entscheidung getroffen, das Pferd einzuschläfern.
Das Studienteam untersuchte weiterhin die Ursache der Erkrankung des Pferdes, einschließlich Blutuntersuchungen an zuvor entnommenen Proben sowie virologischen Untersuchungen und Analysen von Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeiten. Es wurde eine Autopsie durchgeführt, die auch eine Untersuchung des Gehirngewebes beinhaltete.
Mit molekularbasierten Methoden wurden Gehirngewebeproben auf das Vorhandensein von Nukleinsäuren des durch Zecken übertragenen Enzephalitisvirus, des Equiden-Alphaherpesvirus 1, des Borna-Virus 1, des West-Nil-Virus und des Usutu-Virus, des Rustrela-Virus sowie des Ost-, West- und Ost-Enzephalitis-Virus getestet Venezolanische Pferdeenzephalitisviren.
In den Gehirnproben wurden Nukleinsäuren des durch Zecken übertragenen Enzephalitis-Virus identifiziert. Die genetische Sequenzierung ergab, dass der westeuropäische (ehemals mitteleuropäische) Subtyp des Virus der Erreger ist. Im Serum des Pferdes wurde ein hoher Anteil spezifischer neutralisierender Antikörper gegen das Virus gefunden. Es wurden keine weiteren Krankheitserreger oder Nukleinsäuren nachgewiesen.
Bei der Diskussion dieser Ergebnisse wies das Studienteam darauf hin, dass Pferde anfällig für eine Infektion mit dem durch Zecken übertragenen Enzephalitis-Virus seien, was durch die hohe Antikörperprävalenz in Endemiegebieten belegt werde. Allerdings sind Fälle von klinischer Zeckenenzephalitis bei Pferden aufgrund verschiedener diagnostischer Einschränkungen und Herausforderungen selten oder werden zu selten diagnostiziert. „Die Diagnose mutmaßlicher Fälle, die in den letzten Jahrzehnten gemeldet wurden, basierte hauptsächlich auf klinischen Anzeichen, serologischen Befunden und manchmal auch Histopathologie“, so das Forscherteam
Eine eindeutige Diagnose des Virus als Krankheitsursache sei oft nicht möglich, hieß es. Mit dem Virus infizierte Pferde können je nach betroffener Region des Nervensystems unterschiedliche klinische Symptome aufweisen. Die bisher bei Pferden festgestellten klinischen Symptome sind Anorexie (Magersucht) veränderte geistige Aktivität, Unsicherheit, Anfälle mit oder ohne plötzlichen Krämpfen, Lähmungen und ein beeinträchtigter Allgemeinzustand.
Die ForscherInnen sagten, dass das Virus als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden sollte, wenn Pferde von neurologischen Symptomen betroffen sind und sich etwa zwischen Mai und Oktober in Endemiegebieten des Zeckenenzephalitis-Virus befunden haben. Ein Zeckenbefall würde ebenfalls eine vorläufige Diagnose stützen, so die AutorInnen. Bei dem von ihnen untersuchten Friesenpferd wurde auf der Grundlage der Blutbefunde vor dem Tod eine vorläufige Diagnose einer durch Zecken übertragenen Enzephalitis gestellt und durch postmortale Analysen des Gehirngewebes mit molekularen Methoden bestätigt.
Die AutorInnen sagten, dass fortgeschrittene Technologien heute eine eindeutige Diagnose von durch Zecken übertragenen Enzephalitis-Virus-Infektionen ermöglichen. Sie sagten, sie hofften, dass ihr Bericht andere Tierärzte dazu ermutigen könnte, das Virus als Differenzialdiagnose in ähnlichen Fällen in Betracht zu ziehen. Auch weitere diagnostische Ansätze sollten berücksichtigt oder kombiniert werden, da die durch Zecken übertragene Enzephalitis bei Pferden immer noch eine zu selten diagnostizierte Krankheit sei.
Die Studie „Severe Neurologic Disease in a Horse Caused by Tick-Borne Encephalitis Virus, Austria, 2021" von Phebe de Heus, Zoltán Bagó, Pia Weidinger, Dilara Lale, Dagmar S. Trachsel, Sandra Revilla-Fernández, Kaspar Matiasek und Norbert Nowotny ist am 29. Sep. 2023 in der Zeitschrift ,viruses' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:01.09.2022 - Neuer DNA-Test kann Borreliose bei Pferden nachweisen
Neuer DNA-Test kann Borreliose bei Pferden nachweisen 01.09.2022 / News
Der Gemeine Holzbock gilt als Hauptüberträger von Borreliose-Bakterien in Europa – und kann sich auch auf Pferdeweiden an seine Opfer heften, besonders gerne an den Innenseiten der Ohren, wie hier zu sehen ... / Foto: Archiv/Pixabay
Ein DNA-Test, der an der Rutgers New Jersey Medical School in den USA entwickelt wurde, kann künftig dabei helfen, die Diagnose der Lyme-Borreliose bei Pferden zu bestätigen.
Der Bericht über die Neuentwicklung wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift ,Journal of Veterinary Diagnostic Investigation' veröffentlicht. Die Lyme-Borreliose (LD) wird durch das korkenzieherförmige Bakterium (Spirochäte) Borrelia burgdorferi verursacht. Das Bakterium infiziert weiße Blutkörperchen und Zellen, die Synovialzellen auskleiden, was zu einer Entzündungsreaktion führt. Es wird durch Ixodes-Zecken übertragen – die in Europa verbreiteste Art ist der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), während im Nordosten sowie an der Atlantikküste der USA auch Ixodes scapularis (Hirschzecke) sowie Ixodes pacificus an der US-Westküste als Hauptüberträger gelten.
Viele Pferde in Gebieten, in denen die Infektion vorhanden ist, tragen Antikörper, ohne Anzeichen einer Krankheit zu zeigen. Umgekehrt kann es bei infizierten Tieren lange dauern, bis sie eine nachweisbare Antikörperantwort aufweisen. Die Symptome sind im Allgemeinen unspezifisch und reichen von geschwollenen Gelenken und Entündungen im Auge (Uveitis) bis zu Steifheit, Lahmheit, Lethargie und Verhaltensänderungen. In seltenen Fällen kann sich eine Neuroborreliose entwickeln, bei der die Bakterien das zentrale Nervensystem erreichen, was zu neurologischen Symptomen, Fieber, Muskelschwund und Essstörungen führt.
Kliniker der Cornell University School of Veterinary Medicine in New York – einer der renommiertesten veterinärmedizinischen Universität der Welt – hatten Mühe, einen neurologischen Fall von Lyme-Borreliose bei einer kranken schwedischen Warmblutstute zu diagnostizieren. Obwohl sie Lyme-Borreliose vermuteten, konnten Standard-PCR- und Antikörpertests den Organismus nicht nachweisen.
Man ging an der Klinik daher neue Wege: Der neue „genomische Hybrid-Capture-Assay“, ein hochempfindlicher Test, der von Steven Schutzer und einem Team der Rutgers New Jersey Medical School entwickelt wurde, identifizierte den Erreger in einer Probe der Rückenmarksflüssigkeit des Pferdes, wodurch er diagnostiziert und erfolgreich behandelt werden konnte.
Der Test funktioniert, indem er zunächst selektiv DNA aus dem Mikroorganismus isoliert, der die Krankheit verursacht. „Die Methode ist so, als hätte man einen speziellen, spezifischen ‚Angelhaken‘, der nur Borrelia-DNA und nicht die DNA anderer Mikroben oder die DNA des Wirts (Tier oder Mensch) erwischt“, so Steven Schutzer. „Der Nachweis von DNA der Krankheit ist ein direkter Test, was bedeutet, dass wir wissen, dass diese Krankheit tatsächlich aktiv vorliegt, wenn diese DNA im Blut oder in der Rückenmarksflüssigkeit zirkuliert.“
Wie die ForscherInnen bestätigten, wird die Diagnose einer Lyme-Neuroborreliose (neurologische Lyme-Borreliose) „bei Pferden selten antemortem bestätigt und hat Tierärzte jahrelang frustriert“, so Thomas Divers, Professor für Medizin, Co-Leiter der Abteilung für Großtiermedizin am College of Veterinary Medicine der Cornell University in New York und leitender Wissenschaftler des aktuellen Forschungsprojekts. Er zeigte sich mit den Resultaten und auch der nachfolgenden Therapie hochzufrieden: „Es ist eine sehr vielversprechende Technik. Eine gezielte Behandlung gegen B. burgdorferi, die in diesem Fall durchgeführt wurde, führte zu einer vollständigen sportlichen Genesung des Pferdes.“
Die Studie „Genomic hybrid capture assay to detect Borrelia burgdorferi: an application to diagnose neuroborreliosis in horses" von Thomas J. Divers, Emmanuel F. Mongodin, Christopher B. Miller, Rodney L. Belgrave, Rachel B. Gardner, Claire M. Fraser und Steven E. Schutzer ist am 21. Juli 2022 in der Zeitschrift ,Journal of Veterinary Diagnostic Investigation' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.
07.06.2020 - Zecken sind eine Gefahr für Pferde und ReiterInnen
Zecken sind eine Gefahr für Pferde und ReiterInnen 07.06.2020 / News
Gestreifte Beine und ihre ungewöhnliche Größe – das sind die markantesten Merkmale der tropischen Zeckenart Hyalomma. / Foto: Georg Duscher/Vetmeduni Vienna
2020 ist ein besonders starkes Zeckenjahr – deshalb sollten ReiterInnen jedenfalls geimpft sein und nach jedem Ausritt nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Pferde gewissenhaft nach Zecken absuchen, empfehlen Experten. Denn es gibt einen neuen, beängstigenden Feind – die Hyalomma-Zecke.
Nach den mühsamen Wochen der Corona-Beschränkungen zieht es viele Pferdefreunde hinaus in die Natur, um endlich wieder – bei einem Ausritt mit seinem geliebten Vierbeiner – die Freiheit zu genießen und nach Herzenslust zu galoppieren. Doch das sollte man – wie Mediziner warnen – nicht ohne die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen tun, denn die nächste Gefahr lauert bereits in Form von winzig-kleinen Spinnentieren …
Bereits seit Wochen weisen Experten auf die beträchtliche Zeckengefahr des heurigen Jahres hin: Nach dem milden Winter 2019/2020 gibt es diesmal besonders viele Zecken, was das Risiko eines Zeckenstichs und damit möglicher Infektionen deutlich erhöht. Verschärft wird die Gefahrenlage durch die Tatsache, dass viele Menschen während der Corona-Beschränkungen ihre Arztbesuche aufgeschoben und daher auch noch nicht ihre Schutzimpfungen bzw. Auffrischungsimpfungen durchgeführt haben, die meist im April oder Mai eingeplant werden. Die sollten so rasch wie möglich nachgeholt werden, auch im Juni ist es noch nicht zu spät dafür, wie Ärzte betonen.
Zecken sind Überträger zahlreicher Erkrankungen – Lyme Borreliose und die gefährliche Hirnhautentzündung FSME (Frühsommer-Meningo-Enzephalitis) sind nur die zwei bekanntesten und häufigsten. Die Universität Hohenheim bezeichnete vor einigen Jahren nicht ohne Grund die Zecke als das „gefährlichste Tier Deutschlands“, denn kein anderes Tier verursache jährlich soviele Erkrankungen wie die Zecke.
FSME beim Menschen
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird durch das FSME-Virus, das sich im Speichel mancher Zecken befindet, ausgelöst. Die Zecke überträgt die Viren sofort nach erfolgtem Stich. Das FSME-Virus vermehrt sich anschließend in den menschlichen Nervenzellen.
Die Erkrankung ist meldepflichtig und verläuft im typischen Fall in zwei Phasen: In der ersten Phase treten rund sieben Tage bis zwei Wochen nach dem Zeckenstich grippeartige Beschwerden wie Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit oder Gelenkbeschwerden auf. Diese Symptome (Krankheitszeichen) verschwinden nach wenigen Tagen, und an einen Zusammenhang mit einem Zeckenstich wird nur selten gedacht. Für die meisten Patienten ist damit die Krankheit vorüber und sie sind wahrscheinlich lebenslänglich immun gegen FSME-Viren.
Bei etwa fünf bis 15 Prozent der Patienten kommt es nach einem beschwerdefreien Intervall zu einer zweiten Krankheitsphase mit Befall des zentralen Nervensystems. Die Symptome dieser Hirnhaut- oder Hirnentzündung sind starke Kopfschmerzen, Lichtscheue, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Sprechstörungen, sowie Gehstörungen. Diese Krankheitszeichen können Wochen bis Monate andauern. Bei schweren Verläufen können Lähmungen der Arme, Beine oder der Gesichtsnerven auftreten und zu bleibenden Behinderungen führen. Etwa ein Prozent der Patienten mit neurologischen Symptomen stirbt an FSME. Bei Kindern verläuft die Krankheit in den meisten Fällen mild, das heißt ohne schwere oder bleibende Schädigungen.
Österreich gehört zu den am stärksten von der FSME betroffenen Gebieten Europas. Vor der Infektion mit FSME schützt eine Impfung. Gegen die Krankheit gibt es keine spezifische Therapie, die Behandlung zielt auf eine Linderung der Symptome ab.
FSME beim Pferd
Während beim Menschen jedes Jahr etwa 300 bis 500 Fälle in Deutschland sowie ca. 100 Fälle in Österreich auftreten, ist FSME bei Pferden vergleichsweise selten. Bricht die Krankheit aus, verläuft sie jedoch meist schwer und endet häufig mit dem Tod des Tieres bzw. dessen Einschläferung. Neben Fieber, Fressunlust, Schreckhaftigkeit und Zähneknirschen wurden starke neurologische Störungen bis hin zu Krampfanfällen beobachtet. Im Gegensatz zum Menschen gibt es bislang keine Impfung gegen FSME für Pferde. Aus diesem Grund beschränkt sich die Therapie auf die Behandlung der Symptome. Eine ursächliche Bekämpfung der Viren ist nicht möglich.
Borreliose beim Menschen
Die Lyme-Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien der Gattung Borrelia verursacht wird. Über 30 Prozent der Ixodes ricinus-Zecken (gemeiner Holzbock, die häufigste Zeckenart in Zentral- und Nordeuropa) sind mit Borrelien infiziert. Diese Borrelien befinden sich im Darm der Zecke und können nach einer etwa 24 Stunden (6-48 Stunden) dauernden Blutmahlzeit einer anhaftenden Zecke auf das Wirtstier/den Menschen übertragen werden.
Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Ixodes ricinus-Zecken übertragene Infektionskrankheit auf der nördlichen Hemisphäre. Sie wird in Mitteleuropa und in den skandinavischen Ländern besonders häufig beobachtet. Aufgrund der Klimaerwärmung dehnt sich das Verbreitungsgebiet der infizierten Zecken kontinuierlich nach Norden aus. Ab ca. sieben Grad Celsius Bodentemperatur wird Ixodes ricinus aktiv. Circa drei Prozent der von Ixodes ricinus-Zecken gestochenen Personen erkranken an Lyme-Borreliose, für Österreich sind das geschätzte 25.000 bis 70.000 Lyme-Borreliose-Patienten pro Jahr.
Das Krankheitsbild einer Borreliose ist oftmals unspezifisch – so können bei betroffenen Personen Kopfschmerzen, Fieber, allgemeine Schwäche, geschwollene Lymphknoten, Hautausschläge (Wanderröte), Gelenkschwellungen, Augenentzündungen, aber auch Gehirnhaut-Entzündungen auftreten. Krankheits-Symptome treten oftmals erst nach Tagen, manchmal aber auch Wochen nach einem Zeckenstich auf. Für Borreliose steht beim Menschen kein Impfstoff zur Verfügung. Infektionen können aber mit Antibiotika effektiv behandelt werden.
Borreliose beim Pferd
Zu Beginn der Krankheit geht das Pferd erst steif und wiederstrebend, später lahmt es, seine Gelenke entzünden sich und schwellen an. Welche Gelenke dabei betroffen sind, ist unterschiedlich. Eine bereits fortgeschrittene Borreliose kann in sehr seltenen Fällen das Zentralnervensystem angreifen. Dies zeigt sich, indem das Tier seinen Kopf die meiste Zeit schief hält. Seine Koordination ist gestört, es leidet unter Schluckschwierigkeiten. Auch Muskelschäden sind möglich. Weiterhin können Leistungsabfall, Fieber und Antriebslosigkeit Symptome einer Borreliose sein. Das kranke Pferd verliert außerdem seinen Appetit und magert ab. In Einzelfällen wird auch von Tod durch Borreliose in der Presse berichtet.
Hauptüberträger von Borreliose-Bakterien in Deutschland ist der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Nur ein kleiner Teil der infizierten Tiere entwickelt tatsächlich Symptome. Diese sind anfangs oft unspezifisch, weshalb eine Diagnose schwierig ist. Die beim Menschen sichtbare, typische Wanderröte wird beim Pferd wegen des Fells meist nicht bemerkt. Die eigentliche Krankheit kann Tage, aber auch Monate nach der Infektion ausbrechen. Behandelt wird mit einem Antibiotikum über mehrere Wochen, für Pferde ist mittlerweile auch eine Borreliose-Impfung erhältlich.
Der neue Feind: die Hyalomma-Zecke
Die in Europa bekannten und ansässigen Zeckenarten haben in jüngster Zeit Zuwachs erhalten – und zwar einen, der Parasitologen durchaus beunruhigt: nämlich Hyalomma, die tropische Riesenzecke, die sich gerade anschickt, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich heimisch zu werden. Die Gattung, die üblicherweise in Teilen Asiens und Afrikas sowie einigen Regionen Südosteuropas verbreitet ist, hat sich – begünstigt durch den Klimawandel – auf den Weg nach Norden gemacht und ist seit 2007 in Deutschland und seit 2018 auch in Österreich nachgewiesen. Viele Experten halten es für wahrscheinlich, dass die steigenden Temperaturen und insbesondere die milden Winter der vergangenen Jahre dazu geführt haben, dass sich die Hyalomma-Zecke auch in unseren Breiten endgültig etablieren konnte.
Hyalomma-Zecken sind deutlich größer als der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), einzelne Exemplare können bis zu zwei Zentimeter lang werden. Charakteristisch sind die gestreiften Beine, mit denen die Zecken schnell und aktiv auf ihre Beute zukrabbeln können. Hyalomma-Zecken übertragen zwar nicht FSME und Borreliose, können aber eine Reihe anderer gefährlicher Krankheitserreger in sich tragen – etwa das Thogot-Virus oder das West-Nil-Virus, vor allem aber auch das Krim-Kongo-Virus, das beim Menschen das schwere, bisweilen sogar tödliche Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber (CCHF) verursacht.
Hyalomma-Zecken tragen auch Bakterien namens Rickettsia aeschlimanii in sich, die eine Form von Fleckfieber auslösen können. Im Juli 2019 erkrankte ein Pferdehalter im Sauerland (Bundesland Nordrhein-Westfalen) an diesem Zecken-Fleckfieber, nachdem er von einer Hyalomma-Zecke gestochen worden war – es war der erste derartige Fall in Deutschland. In Österreich ist bislang noch kein durch eine Hyalomma-Zecke verursachter Krankheitsfall bekannt – hier wurde der Parasit überhaupt erst 2018 zum ersten Mal nachgewiesen, gemeldet hatten den Fall aufmerksame Pferdebesitzer aus Melk (siehe auch diese Meldung der Vetmeduni Wien).
Die tropische Riesenzecke befällt in erster Linie größere Weidetiere wie Schafe, Pferde und Rinder – darum sollten Pferdehalter besonders aufmerksam sein und nach einem Ausritt nicht nur sich selbst, sondern auch das Pferd gründlich nach Zecken abzusuchen.
Zecken können sich grundsätzlich überall festsaugen, stechen Pferde aber mit Vorliebe an schwach behaarten, dünnhäutigen Körperstellen. Wer eine Zecke frühzeitig am Pferd entdeckt und entfernt, kann damit einer Infektion mit einigen Erregern vorbeugen. Denn: die meisten von ihnen brauchen etwa 24 Stunden, um vom Zeckendarm in den Blutkreislauf des Pferdes zu gelangen.
Zecken lassen sich am besten mit einer Zeckenzange oder spitzen Pinzette entfernen. Dazu fasst man die Zecke direkt an der Hautoberfläche und zieht, dreht oder hebelt sie langsam heraus. Dabei sollte man sie möglichst nicht quetschen. Wenn Teile der Mundwerkzeuge der Zecke stecken bleiben, ist dies in der Regel kein Problem. Der Körper stößt die verbliebenen Reste allmählich wieder ab.
Zeigt das Pferd nach einem Zeckenstich Veränderungen an der Haut oder Symptome einer möglichen Infektion, sollten Halter einen Tierarzt aufsuchen. Je früher eine gezielte Behandlung beginnt, desto besser sind die Genesungschancen.
Tipps gegen Zeckenbefall
Wie man sich als Mensch am besten vor Zeckenstichen schützt, hat die AGES auf dieser Website zusammengefasst! Einige wichtige Grundregeln:
– Bei Ausflügen ins Freie möglichst geschlossene Kleidung tragen, dadurch wird es einer Zecke erschwert, eine geeignete Hautstelle für den Stich zu finden.
– Meiden Sie beim Spazieren oder Wandern Gebüsche und Dickicht und gehen Sie nicht durch hohes Gras.
– FSME-Schutzimpfung unbedingt durchführen, Auffrischungen nicht vergessen!
– Nach Ausflügen immer den gesamten Körper samt Kopf auf Zecken kontrollieren.
– Beim Entfernen den Zecken mit einer speziellen Zeckenzange oder einer Pinzette direkt unter dem Kopf, also dirket an der Haut fassen und 60 Sekunden festhalten, dann lässt er sich rausziehen. Ein bisschen rütteln oder eine leichte Drehbewegung können helfen, die verankerte Zecke schmerzfreier aus der Haut zu bekommen. Mit Desinfektionsmittel betupfen.
– Zecken nicht ersticken! Nehmen Sie beim Entfernen der Zecken kein Öl, Wachs, keinen Klebstoff, Nagellackentferner oder andere Substanzen zu Hilfe. Dies würde das Tier unnötig reizen und könnte dazu führen, dass es vermehrt Speichel und somit mögliche Infektionserreger abgibt.
Nach dem Entfernen unbedingt Hände waschen (Gefahr einer Schmierinfektion!)
– Wenn sich ein runder Ring um den Einstich bildet, den Hausarzt aufsuchen. Es könnte das Zeichen für eine Borreliose sein.
12.06.2019 - Massiver Zeckenbefall kostet zwei Pferden fast das Leben
Massiver Zeckenbefall kostet zwei Pferden fast das Leben 12.06.2019 / News
Die vollgesaugten Zecken hatten sich vor allem am Mähnen- und Schweifansatz festgebissen. / Foto: Trumpp et. al. Während der Lähmung wurde die dreijährige Stute auf ein Wasserbett gelegt. / Foto: Trumpp et. al.
In den USA sind zwei Miniponys nach einem dramatischen Zeckenbefall an der sogenannten Zeckenparalyse erkrankt – konnten aber durch rasche Behandlung gerettet werden.
Es sind die ersten beiden Fälle von Zeckenparalyse in den USA, die bei Pferden nachgewiesen wurden – weshalb sie auch wissenschaftlich interessant sind und es vor kurzem sogar ins renommierte ,Journal of Veterinary Internal Medicine’ geschafft haben. Die zwei betroffenen Pferde – zwei amerikanische Miniaturpferde – waren im Mai 2018 gemeinsam an die Veterinärklinik der Purdue Universität in Indiana überwiesen worden. Das erste Pferd – eine dreijährige Jungstute mit einem Körpergewicht von 93,6 kg – hatte zusehends Schwierigkeiten beim Gehen und eine allgemeine Schwäche, sodaß es schließlich nicht mehr aufstehen konnte. Das zweite Pferd – eine vierjährige Stute mit einem Körpergewicht von 108,6 kg – litt ebenfalls an Schwächesymptomen, war aber noch in der Lage, auf eigenen Beinen zu stehen, wenngleich unsicher. Beide Pferde waren neun Tage zuvor vom neuen Besitzer von einem privaten Streichelzoo gekauft worden. 24 Stunden vor der Einweisung in die Veterinärklinik hatten sich die ersten Anzeichen körperlicher Schwäche und Koordinationsprobleme eingestellt, die sich in der Folge rasch verschlimmerten.
Bei den ersten Untersuchungen stellte sich heraus, dass beide Pferde einen verringerten Zungen- und Schweifmuskeltonus aufwiesen, die Wirbelsäulenreflexe aber normal waren. Der Test auf das Herpesvirus 1 für Pferde war negativ. Bei beiden Pferden wurde jedoch ein massiver Zeckenbefall mit Dermacentor variabilis (auch amerikanische Hundezecke oder Waldzecke genannt) festgestellt. Die dreijährige Stute wies nicht weniger als 150 vollgesaugte Zecken auf, die sich hauptsächlich bei Mähnen- und Schweifansatz konzentrierten. Die ältere Stute hatte an den gleichen Stellen etwa 100 Zecken. Die Blutsauger wurden innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft in der Tierklinik entfernt.
Beide Pferde wurden lokal mit Permethrin – einem Antiparasitikum – behandelt. Die weitere unterstützende Behandlung umfasste die Verabreichung von Flüssigkeiten sowie häufiges Umlagern während der Liegephasen, zusätzlich wurden auch Hornhautgeschwüre behandelt. Innerhalb von 48 Stunden nach der Zeckenentfernung waren beide Pferde wieder neurologisch normal und konnten auch wieder aus eigener Kraft aufstehen.
„Dies ist der erste gemeldete Fall von mutmaßlicher Zeckenparalyse bei Pferden in Nordamerika", so die Hauptautoren Kelsey Trumpp und Ashley Parsley, die zusammen mit ihren Kollegen den Fall wissenschaftlich dokumentiert haben.
Das Krankheitsbild der Zeckenparalyse bzw. Zeckenlähmung wurde bislang vor allem bei Hunden und seltener bei Katzen festgestellt – und in raren Einzelfällen auch beim Menschen. Die Zeckenparalyse wird durch den Stich bzw. Biss einer weiblichen Zecken ausgelöst, deren Speichel ein Neurotoxin enthält und so in den Blutkreislauf des Wirts gelangt. Das für das Krankheitsbild verantwortliche Nervengift wird jedoch erst nach etwa fünf bis sieben Tagen Saugtätigkeit von der Zecke gebildet, weshalb die Zeckenparalyse ein sehr seltenes Krankheitsbild darstellt – meist werden die Zecken früher entdeckt und entfernt, noch bevor sie das gefährliche Toxin absondern können. Das Nervengift wirkt auf die präsynaptischen Membranen am neuro-muskulären Übergang und verhindert die Freisetzung von Acetylcholin – des wichtigsten Neurotransmitters des peripheren Nervensystems – was zu einer zunehmenden motorischen Lähmung führt. Diese kann schließlich durch einen Ausfall der Atemmuskulatur sogar tödlich enden.
Dieses Schicksal ist den beiden Miniaturpferden glücklicherweise erspart geblieben: Beide Pferde zeigten nach Entfernung der Zecken eine auffallend rasche Besserung und konnten nach einer längeren Beobachtungsphase schließlich nach 10 bzw. 15 Tagen aus der Klinik entlassen werden – jedoch mit der Anweisung, sie möglichst von Waldgebieten fernzuhalten und regelmäßig auf Zeckenbefall zu kontrollieren. Sie zeigten bei anschließenden Routinechecks keinerlei neurologischen Folgeschäden. „Angesichts des Mangels an wissenschaftlichen Berichten über Zeckenparalyse bei Pferden in Nordamerika ist es wahrscheinlich, dass Pferde relativ resistent gegen die Entwicklung klinischer Symptome sind“, so die Wissenschaftler abschließend.
Die Studie „Presumptive tick paralysis in 2 American Miniature horses in the United States" von Kelsey M. Trumpp, Ashley L. Parsley , Melissa J. Lewis, Joseph W. Camp Jr. und Sandra D. Taylor ist am 3. Juni 2019 im ,Journal of Veterinary Internal Medicine' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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