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Extrem selten: Frau infizierte sich bei ihrem Pferd mit Druse-Erreger
10.08.2023 / News

Natürlich lieben wir es, unsere Pferde zu streicheln und zu küssen, doch bei kranken Pferden sollte man damit vorsichtig sein, so Experten – und vor allem den direkten Kontakt mit Sekreten vermeiden.
Natürlich lieben wir es, unsere Pferde zu streicheln und zu küssen, doch bei kranken Pferden sollte man damit vorsichtig sein, so Experten – und vor allem den direkten Kontakt mit Sekreten vermeiden. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

In einem medizinischen Fallbericht wird der extrem seltene Fall einer schweren Erkrankung bei einer 70-jährigen Frau beschrieben, nachdem sie sich offenbar bei ihrem Pferd mit dem Druse-Erreger angesteckt hatte. Die rechtzeitige Behandlung mit Penicillin rettete ihr vermutlich das Leben.


Die Frau habe sich die Infektion, die bei ihr zu einer frühen Sepsis und Lungenentzündung führte, offenbar von ihrem kranken Pferd zugezogen, so die Autoren Tristan Bohlman, Heith Waddell und Brant Schumaker in der Zeitschrift „Annals of Clinical Microbiology and Antimicrobials".

Die Forscher der medizinischen Fakultät der Universität von Washington wiesen einleitend darauf hin, dass die Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen – sogenannten Zoonosen – in der Medizin bereits seit Jahrhunderten bekannt ist und eingehend beschrieben wurde. Die Übertragung von Streptococcus equi subspecies equi – also des Druse-Erregers – vom Pferd auf den Menschen sei jedoch äußerst selten, so die Autoren.

Druse ist bei Pferden aufgrund ihres potenziellen klinischen Schweregrads und seiner hohen Übertragbarkeit bei Tierkontakten von großer Bedeutung und bei Pferdebesitzern sehr gefürchtet. Die Übertragung auf den Menschen kann durch den Austausch von Schleimsekreten mit einem infizierten Tier oder durch jede andere Art des Kontakts mit Sekreten erfolgen, durch die das Individuum großen Mengen des Erregers ausgesetzt wird.

Der von den Forschern beschriebene Fall betraf eine 70-jährige Frau in Wyoming (USA), die mit Beschwerden über trockenes Würgen, Fieber, Schüttelfrost, Zittern und Übelkeit eine Notaufnahme in einer ländlichen Region aufsuchte. Zwei Tage zuvor hatte sie sich zur Routineuntersuchung einer Darmspiegelung unterzogen. Das trockene Würgen und die Übelkeit begannen einen Tag später. Trotz einer ereignislosen Koloskopie, wie vom Chirurgen beschrieben, waren die Patientin und ihr Ehemann besorgt über die Möglichkeit weiterer Komplikation. Die Frau hatte zwar keine Bauchschmerzen, Brustschmerzen oder Atemnot, allerdings hatte sie zu dem Zeitpunkt, als sie die Notaufnahme aufsuchte, starken Husten.

Sie hatte auch keine sonstigen dauernden Beschwerden oder kürzlich aufgetretene Krankheiten, die ihr Immunsystem beeinträchtigen würden, und sie nahm keine verschreibungspflichtigen Medikamente ein. Sie sah müde aus und im rechten Lungenansatz und in der Mitte der Lunge waren knisternde Geräusche zu hören. Ein CT-Scan ergab fleckige Trübungen im rechten mittleren Lungenlappen, die auf eine atypische Infektion oder einen teilweisen Lungenkollaps hinweisen könnten. Sie wurde ins Krankenhaus eingeliefert und wurde mit einer intravenösen Antibiotika-Gabe behandelt. Am Tag nach der Aufnahme hatten sich die Vitalfunktionen der Patientin wieder normalisiert, mit verringertem Blutdruck, verminderter Herzfrequenz, Atemfrequenz und Temperatur.

Blutkulturen, die am Vortag in der Notaufnahme entnommen wurden, waren laut PCR-Test positiv auf Streptokokken. Der Patientin wurde geraten, die Antibiotika-Behandlung fortzusetzen und im Krankenhaus zu bleiben. Zwei Tage nach der Aufnahme hatten sich ihre Blutwerte normalisiert und sie hatte während ihres gesamten Krankenhausaufenthalts keine Anzeichen von Schüttelfrost, Übelkeit oder trockenem Würgen.

Ihr Blutkultur-Isolat wurde anschließend mittels Massenspektrometrie als Streptococcus equi subspecies equi typisiert. „Dieses Ergebnis war rätselhaft, da S. equi kein üblicher Erreger ist, der beim Menschen eine Bakteriämie oder eine Lungenentzündung verursacht“, so die Forscher.

Nach diesem Befund wurde die Patientin befragt, ob sie irgendeinen Kontakt mit Druse gehabt haben könnte, da bei ihr der Druse-Erreger S. equi subsp. equi nachgewiesen worden war. Schon während des Besuchs in der Notaufnahme hatte die Patientin dem Arzt gegenüber den kürzlichen und unerwarteten Tod ihres Pferdes erwähnt. Dieser Hinweis stellte sich als entscheidend heraus: „Nachdem die Patientin die Ergebnisse der Blutkultur erhalten hatte, gab sie an, dass sie das Pferd geküsst und gestreichelt habe, während es im Sterben lag.“

Ihr Mann beschrieb zudem, dass das Pferd zunächst lethargisch war, eine Atemwegsveränderung mit erhöhter Atemfrequenz hatte, den Kopf gesenkt hielt und krank aussah. Das Pferd verstarb am nächsten Morgen mit erheblichem Schleim- und Blutausfluss aus Nase und Maul.

Die Forscher sagten, diese Beweise deuteten klar auf eine Übertragung des Erregers vom Pferd auf den Menschen hin: „In diesem Fall konnte von dem Pferd, von dem angenommen wurde, dass es die Infektionsquelle des Patienten war, kein Abstrich für die Kultur durchgeführt werden, da das Pferd sechs Tage vor der Vorstellung der Patientin in der Notaufnahme verstarb. Damit konnte die Druse-Diagnose beim Pferdes nicht bestätigt werden. Aufgrund der von der Patientin beschriebenen Symptome des Pferdes, ihres anschließenden engen Kontakts mit dem Pferd, der Blutkulturen der Patientin und eines Gesprächs mit dem örtlichen Tierarzt kann jedoch mit guten Gründen gefolgert werden, dass das Pferd die Quelle der Infektion mit S. Equi subsp. equi war.“

Tests zur Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika ergaben, dass der Organismus gegenüber allen Formen von Penicillin empfindlich war. Die Patientin wurde mit Amoxicillin (ein Breitbandantibiotikum aus der Gruppe der Aminopenicilline) entlassen und blieb bis zur Genesung beschwerdefrei.

Bei der Diskussion des Falles hoben die Forscher hervor, dass bei Menschen nur sehr selten Infektionen mit S. equi subsp. equi gemeldet werden, insbesondere in den Vereinigten Staaten. Viele Fälle menschlicher Infektionen mit S. equi gehen auf die Unterart zooepidemicus zurück, nicht jedoch auf die Unterart equi. Die begrenzte Anzahl bekannter Fälle weltweit weist darauf hin, dass die Infektion wahrscheinlich akut verläuft und ein erhöhtes Potenzial für eine hohe Sterblichkeit birgt, insbesondere wenn Personen immungeschwächt sind, neurologische Anfälligkeiten oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.

Die Autoren wiesen darauf hin, dass weltweit offenbar nur fünf Fälle von Infektionen mit S. equi subsp. equi beim Menschen bekannt seien: Allerdings gab es nur einen einzigen Fall einer Übertragung von S. equi subsp. vom Pferd auf den Menschen in den letzten 40 Jahren in den USA, über den in der Literatur berichtet wurde. Der aktuelle Fall würde diese Zahl auf zwei erhöhen.

„Es ist sowohl für Tierärzte als auch für Personen in Umgebungen mit höherem Risiko wichtig zu wissen", so die Forscher weiter, „dass Druse von einem infizierten Pferd auf einen Menschen übertragen werden kann, insbesondere wenn die Person immungeschwächt ist. In unserem Bericht ist es wahrscheinlich, dass der Erreger die Patientin ursprünglich als subklinische Lungenentzündung nach ihrem engen Kontakt mit einem Pferd infizierte, das sechs Tage vor ihrem Erscheinen in der Notaufnahme vermutlich an Druse litt."

Es gebe in der Literatur jedenfalls keine Hinweise darauf, so die Autoren, „dass S. equi subsp. equi natürlicherweise im menschlichen Magen-Darm-Trakt vorkommt. Dennoch entsprach ihr erstes Erscheinungsbild einer frühen Sepsis. Wäre es unbehandelt geblieben, hätte es tödlich enden können.“ In diesem Fall litt die Patientin an einer frühen Lungenentzündung, die auf einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs nicht erkennbar war.

Aus der Fachliteratur geht zudem hervor, dass sich in den meisten Fällen die Symptome und das Fortschreiten der Infektion weiterentwickeln. „Diese Patientin wies sicherlich Merkmale auf, die auf eine Krankheit hindeuteten. Die frühzeitige Vorstellung und Behandlung waren jedoch möglicherweise der Schlüssel zur Verhinderung einer weiteren hämatogenen Ausbreitung.“ Die Patientin wurde vor der Identifizierung von S. equi in der Blutkultur mit Piperacillin-Tazobactam behandelt, was sich bei der Behandlung der Bakteriämie als wirksam erwies.“

Basierend auf dem Blutbild der Patientin und der späteren Blutkultur scheine Penicillin die richtige Behandlung für S.-equi-Infektionen sowohl bei Pferden als auch bei Menschen zu sein, so die Forscher zusammenfassend: „Dieser Fall unterstreicht, wie wichtig es ist, mögliche Expositionen gegenüber S. equi in ländlichen Gebieten zu untersuchen, in denen Landwirtschaft und Viehzucht vorherrschen, insbesondere bei Personen, die mit Pferden arbeiten. Es ist besonders wichtig, Hochrisikogruppen wie immungeschwächte Personen mit Anzeichen und Symptomen einer Meningitis oder Bakteriämie zu berücksichtigen.“

Ohne medizinische Intervention könne eine Infektion mit S. equi erhebliche Probleme verursachen, so die Warnung der Autoren: „In den schwersten Formen sind S.-equi-Infektionen besorgniserregend und können zu einer Meningitis (Hirnhautentzündung), Bakteriämie (Einschwemmung von Bakterien im Blutkreislauf) oder zum Tod führen. Die schnelle Identifizierung anfälliger Populationen und möglicher Expositionen beim Menschen ist für die erfolgreiche Behandlung einer S.-equi-Infektion von entscheidender Bedeutung.“

Die Studie „A case of bacteremia and pneumonia caused by Streptococcus equi subspecies equi infection in a 70-year-old female following horse exposure in rural Wyoming" von Tristan Bohlman, Heith Waddell und Brant Schumaker ist am 2. Aug. 2023 in der Zeitschrift ,Annals of Clinical Microbiology and Antimicrobials" erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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