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Entwurmungen für Pferde: Schwedens selektiver Ansatz bewährt sich
30.08.2023 / News

Die Ergebnisse der schwedischen Langzeitstudie zeigen, dass der Einsatz von Entwurmungsmitteln deutlich reduziert werden kann, wenn die Behandlungen auf Eizählungen/Kotanalysen basieren.
Die Ergebnisse der schwedischen Langzeitstudie zeigen, dass der Einsatz von Entwurmungsmitteln deutlich reduziert werden kann, wenn die Behandlungen auf Eizählungen/Kotanalysen basieren. / Symbolfoto: Archiv

Schwedens selektive Strategie zur Parasitenbekämpfung bei Pferden funktioniert, wie die Ergebnisse einer Langzeit-Studie zeigen: Die empfohlenen Entwurmungen können demnach stark reduziert werden, wenn sie auf Kotanalysen/Eizählungen basieren. Doch es gibt eine wichtige Ausnahme.


In Schweden wurde mehrere Jahrzehnte lang eine routinemäßige, kalenderbasierte Entwurmung – gemeinhin als ,strategische Entwurmung' bezeichnet – durchgeführt. Wie in vielen anderen Ländern ist aber auch in Schweden in den letzten Jahren die Besorgnis über die zunehmende Resistenz gegen Entwurmungsmittel (Anthelminthika) gewachsen. Das Aufkommen arzneimittelresistenter Wurmpopulationen regte die Einführung alternativer Bekämpfungsstrategien an, um die Häufigkeit antiparasitärer Behandlungen zu verringern und damit die Gefahr von Resistenzbildungen einzudämmen.

Obwohl eine Entwurmung ohne vorherige Kotanalyse in Schweden immer noch erlaubt ist, basieren Behandlungsentscheidungen mittlerweile in der Regel auf den Ergebnissen individueller Kotanalysen,  wobei häufig 200 Strongylideneier pro Gramm als Schwellenwert für die Entwurmung verwendet werden. Die Nutzung der Ergebnisse von Kotanalysen für Behandlungsentscheidungen bedeutet, dass einzelne Pferde behandelt werden, die wesentlich zur Kontamination der Weide beitragen, und nicht alle Pferde – man spricht daher auch von ,selektiver' Entwurmung.

Die ForscherInnen Eva Osterman-Lind, Mia Holmberg und Giulio Grandi, alle vom Nationalen Veterinärinstitut in Uppsala, haben das Ergebnis dieser selektiven Entwurmungs-Strategie beschrieben, basierend auf einer 10-jährigen Studie mit Pferden aus Reitanlagen in ganz Schweden von 2008 bis 2017.

Im Jahr 2006 wurde vom Institut ein Parasitenmonitoring für Reitanlagen (mit mindestens acht Pferden) initiiert und beworben, um eine Parasitenbekämpfung durch gezielte selektive Behandlung zu ermöglichen. Wesentliches Ziel ist es dabei, eine wirksame Bekämpfung von Parasiten auf den Pferdebetrieben zu erreichen und gleichzeitig das Fortschreiten von Resistenzen zu verlangsamen, indem unnötige Behandlungen vermieden und die Einführung verschiedener Methoden der Weidehygiene gefördert werden.

Die aktuelle Studie bestätigt die Wirksamkeit dieser Maßnahmen: So hat sich gezeigt, dass die Entfernung von Kot zweimal pro Woche die Anzahl infektiöser Strongylidenlarven von Pferden und Eseln auf Weiden sehr wirksam reduziert.

Die Praxis der Entwurmungs-Behandlungen folgte ebenfalls den Vorgaben bzw. Empfehlungen des Instituts: Ein Tierarzt im Parasitologielabor kommuniziert die Ergebnisse der Kotanalysen und gibt dem Eigentümer oder Betreiber des Pferdebetriebs spezifische Ratschläge zur Entwurmungsbehandlung und zum Weidemanagement. Ein praktizierender Tierarzt, der mit der Reitanlage verbunden ist, wertet dann die Ratschläge aus und verschreibt das Entwurmungsmittel.

Die im Programm verwendeten Labormethoden wurden auf der Grundlage der Diagnose der wichtigsten Darmparasiten (Strongylus vulgaris, Cyathostomine, Anoplocephala perfoliata und Parascaris-Arten) ausgewählt und entwickelt – und auch zu Preisen angeboten, die für die Pferdebesitzer tragbar und akzeptabel waren. Von einzelnen Pferden wurden Kotproben gesammelt und von Besitzern von Pferden oder Reitanlagen im Frühjahr und Herbst zur Laboruntersuchung an das Institut geschickt.

Zwischen dem 1. März 2008 und dem 30. Juni 2017 wurden insgesamt 43.330 Kotproben von 26.625 Pferden auf 935 Reitanlagen analysiert. Jährlich lag die Zahl der Kotproben zwischen 3240 und 4946 und wurde von 244 bis 324 Reitbetrieben abgegeben. Larvenkulturen zeigten, dass die überwiegende Mehrheit der Larven zu Cyathostominen gehörte, so das Studienteam in der Fachzeitschrift ,animals’.

Der Anteil der Pferde, die im Zeitraum 2013–2017 jedes Jahr positiv auf S. vulgaris getestet wurden, schwankte zwischen 4 und 11 %. Zwischen 53 % und 61 % der Pferde pro Jahr hatten eine Zählung von bis zu 200 Eiern pro Gramm. Das Vorkommen von S. vulgaris korrelierte nicht mit einem hohen Eiabwurf – im Gegenteil: Pferde mit bis zu 200 Eiern pro Gramm waren deutlich häufiger mit S. vulgaris befallen als Pferde mit mehr als 200 Eiern pro Gramm. Insgesamt wurden zwischen 4 und 11 % der Pferde positiv auf S. vulgaris getestet und 3–10 % schieden Bandwurmeier aus, wobei es stets schwache und starke Ausscheider gab.

Interessantes Detail: Drei Viertel der Pferde mit S. vulgaris schienen erst kürzlich in ihre jeweiligen Herden eingeführt worden zu sein, so die ForscherInnen: „Daher kann man davon ausgehen, dass Neuankömmlinge häufig für die Einschleppung des Parasiten in Reitanlagen verantwortlich sind. Dies sollte das Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig es ist, neue Pferde zu behandeln und die Wirksamkeit der Behandlung zu überprüfen, bevor sie auf die Weide gelassen werden.“

Die AutorInnen stellten fest, dass der Anteil der S. vulgaris-positiven Betrieben zunahm, wenn Einzelproben statt Sammelproben verwendet wurden. Basierend auf den Ergebnissen der S. vulgaris-Diagnose und dem Eierauswurf der Strongyliden war eine Entwurmung bei 59 % der Pferde nicht erforderlich. Das Vorkommen von S. vulgaris war bei Pferden unter fünf Jahren signifikant höher als bei Pferden ab fünf Jahren.

Die AutorInnen wiesen darauf hin, dass Mitte der 1990er Jahre, als routinemäßige Behandlungen drei- bis viermal pro Jahr durchgeführt wurden, das Vorkommen von S. vulgaris auf schwedischen Reitgeländen noch 14 % betrug.

Die Ergebnisse zeigten, dass eine Minderheit der Pferde in einem Reitstall die meisten Eier ausscheidet, was dem „20/80-Prinzip“ entspricht – das heißt, etwa 20 % der Pferde werfen 80 % der Eier aus. Folglich werden weniger als 50 % der Pferde im Programm nach jeder Probenahme entwurmt, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Entwicklung und Ausbreitung einer Wurmmittel-Resistenz verlangsamt wird.

In der vorliegenden Studie zeigten 62 % der Pferde wiederholt niedrige oder hohe Eiausscheidungen, was von praktischer Relevanz ist, da das Institut empfiehlt, dass bei ersteren keine Proben im Herbst entnommen werden müssen und letztere meist häufiger entwurmt werden müssen.

Bei Gruppen erwachsener Pferde empfiehlt das Institut im Allgemeinen keine unspezifischen/präventiven Entwurmungen für alle Pferde, sondern nur selektive Behandlungen. Doch es gibt eine wichtige Ausnahme: Um das Vorkommen von S. vulgaris zu reduzieren, das in schwedischen Reitsportanlagen immer noch weit verbreitet ist, werden unspezifische bzw. strategische Entwurmungen empfohlen, wenn Sommerweiden mit S. vulgaris infiziert sind. In diesem Fall wurde seit 2019 empfohlen, allen Pferden im Oktober und März zwei Jahre lang makrozyklische Laktone zu verabreichen, bevor sie zum selektiven Behandlungsprogramm zurückkehren.

Die Behandlung im Oktober zielte darauf ab, während der Weidesaison erworbene Larven abzutöten, während die zweite Behandlung im März dafür gedacht war, verbleibende wandernde Vorstadien-Larven zu entfernen, da bekannt ist, dass nicht alle Entwicklungsstadien gleichermaßen anfällig für Entwurmungen sind.  Um die Wirkung dieser Behandlungen zu verfolgen und Bandwürmer und Cyathostominen zu diagnostizieren, wird dennoch empfohlen, dass Reitbetriebe vor der Weidesaison Proben ihrer Pferde entnehmen.

Das Resümee der AutorInnen hinsichtlich des „schwedischen Modells“ der Pferde-Entwurmung fiel insgesamt positiv aus: „Der restriktive Ansatz Schwedens bei der Behandlung mit Anthelminthika hat Reitbetriebe dazu ermutigt, die selektive Behandlung mit Anthelminthika als eines der Instrumente zur Parasitenbekämpfung einzuführen. Diese Studie zeigt, dass die empfohlenen anthelmintischen Interventionen stark reduziert werden können, wenn sie auf Kotanalysen basieren.“

Das nach wie vor verbreitete Vorkommen von Strongylus vulgaris müsse jedoch auch künftig aufmerksam beobachtet werden, so die ForscherInnen weiter: „Das ständige Vorhandensein eines potenziell tödlichen Parasiten wie S. vulgaris ist etwas besorgniserregend und die Auswirkungen der Empfehlungen zu Blindbehandlungen für Neulinge und zusätzlichen Behandlungen in infizierten Reitanlagen sollen weiter überwacht werden. Darüber hinaus hat das Überwachungsprogramm selbst kontinuierlich aktualisierte Zahlen zum Vorkommen von Darmparasiten bei Pferden erstellt und Reitbetriebe auf die Wirksamkeit ihrer Bemühungen zur Parasitenbekämpfung aufmerksam gemacht. Zusätzlich zur herbstlichen Bandwurmdiagnostik könnte ein jährlicher Kot-Eierzahlreduktionstest (FECRT) eine Möglichkeit sein, das Überwachungsprogramm weiter zu verbessern.“

Die Studie „Selective Anthelmintic Treatment in Horses in Sweden Based on Coprological Analyses: Ten-Year Results" von Eva Osterman-Lind, Mia Holmberg und Giulio Grandi ist am 28. Aug. 2023 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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