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Neue Erkenntnisse zum Cushing-Syndrom bei Pferden
11.09.2015 / News

In Österreich beschäftigt sich die Tierärztin Dr. Patricia Wanas seit vielen Jahren mit Cushing-Patienten und hat für sie auch ein eigenes Behandlungskonzept entwickelt.
In Österreich beschäftigt sich die Tierärztin Dr. Patricia Wanas seit vielen Jahren mit Cushing-Patienten und hat für sie auch ein eigenes Behandlungskonzept entwickelt. / Foto: Archiv

Eine bundesweite Untersuchung über das Cushing-Syndrom in den USA hat einige bekannte Fakten zu dieser Krankheit bestätigt, aber auch manche Überraschung geliefert.

 

Rund 1.000 Pferde unterschiedlichster Rassen und Altersgruppen wurden im Rahmen einer USA-weiten Erhebung über das Equine Cushing Syndrom (ECS) von ihren Besitzern oder den behandelnden Tierärzten gemeldet. Beim Equinen Cushing Syndrom handelt es sich um eine Hormonstörung, bedingt durch eine Überfunktion der Nebennierenrinde. Deren Ursache liegt in einer fehlgesteuerten Produktion der Hormone ACTH (AdenoCorticoTropes Hormon) und POMC (ProOpioMelanoCortin) im Bereich der Hirnanhangsdrüse. Betroffen sind vor allem ältere Pferde.

Die Sichtung und Auswertung der gemeldeten Pferde-Daten wurde von Studienleiter Tierarzt Dr. Steve Grubbs mit Unterstützung mehrerer Kollegen durchgeführt. Am Ende konnten 515 Pferde in die Studie aufgenommen werden. Voraussetzung war, daß die Pferde zumindest eines von elf typischen klinischen Merkmalen für ECS aufgewiesen haben. Diese waren:

– allgemeine oder teilweise Hypertrichosis (= übermäßiger Haarwuchs bzw. verzögerter Fellwechsel)
– Muskelschwund
– abnormale Fettverteilung am Körper
– schlechte Fitness/Lethargie
– Hufrehe aus unbekannter Ursache
– Polyurie (übermäßige Harnausscheidung)
– Polydipsie (übermäßiger Durst)
– Infektionsanfälligkeit
– übermäßiges Schwitzen
– übermäßiger Bauch bzw. starke Gewichtsznahme
– unpassende Milchbildung

In einer ersten Untersuchung wurde für jedes Pferd die relevanten demographischen Daten (Alter, Geschlecht, Rasse, Standort) und eine Beschreibung der klinischen Symptome gesammelt. Danach wurde eine erste veterinärmedizinische Untersuchung samt Bluttest durchgeführt und für jedes Pferd eine detaillierte Krankheitsgeschichte erstellt. Anhand der Blutprobe wurde in einem Testlabor der ACTH-Spiegel (Ruhewert) sowie die Insulin- und Glukose-Werte für jedes Pferd bestimmt – allesamt Werte, die auf ECS oder auf eine Insulin-Resistenz schließen lassen.

Die Laborresultate wurden daraufhin mit den demographischen Daten der Pferde abgeglichen, um mögliche charakteristische Verteilungen, die auf ein erhöhtes ECS-Risiko hinweisen könnten, zu ermitteln. Die Ergebnisse, die Dr. Steve Grubbs und seine Kollegen erhielten, waren wenig überraschend: Pferde in der Altersgruppe zwischen 15 und 19,9 Jahren hatten ein doppelt so hohes Risiko, am Cushing Syndrom zu erkranken, als Pferde die jünger als 15 Jahre waren. Für Pferde im Alter zwischen 20 und 24,9 Jahren war die Wahrscheinlichkeit einer ECS-Erkrankung bereits 4,6 Mal so hoch – und für Pferde über 25 Jahren lag das Krankheitsrisiko sogar beim 14-fachen (im Vergleich zu Pferden unter 15 Jahren).

Insgesamt wurden 222 Pferde (also 43 %) als ECS-positiv getestet, bei 203 Pferden (39,4 %) wurde eine Insulin-Resistenz (IR) nachgewiesen – und 197 Pferde (38,3 %) wiesen keine der beiden Erkrankungen auf. Es gab immerhin 97 Pferde (18,8 %), die auf beide Erkrankungen positiv getestet wurden, 115 /22,3 %) wurden positiv auf ECS, aber negativ auf IR getestet – 106 (20,6 %) waren ECS-negativ, aber IR-positiv. Insulinresistente Pferde – unabhängig von ihrem Alter – hatten eine zweimal so hohe Wahrscheinlichkeit, an ECS zu erkranken als Pferde mit normalem Insulinspiegel. 43 % der Cushing-Pferde zeigten eine erhöhte Insulin-Konzentration im Blut (Hyperinsulinämie).

Das Resümee von Grubbs: „Wenn man Pferde mit einer vermuteten Hormonstörung untersucht, sollte man in jedem Fall den ACTH-Spiegel (im Ruhezustand) sowie den Insulin- und Glucose-Wert im nüchternen Zustand ermitteln."

Bei der weiteren Auswertung konzentrierten sich die Forscher auf die klinischen Symptome an sich: „Das Auftreten von ECS war signifikant höher bei jenen Pferden, die fünf der elf definierten klinischen Merkmale aufwiesen", so Dr. Grubbs. Wenig überraschend waren schlechte Fitness, verzögerter Fellwechsel, Muskelschwund und Gewichtsverlust darunter.

Eine große Überraschung gab es jedoch, als man die klinischen Symptome für eine Krankheits-Prognose heranzog und herausfinden wollte, welches klinische Merkmal am besten für die Vorhersage von ECS geeignet war – das war erstaulicherweise das übermäßige Schwitzen als ,Merkmal Nr. 1'", so Grubbs.

Es war zwar statistisch nicht auffällig, aber es zeigte sich ein Trend bzw. eine Neigung zu ECS bei Pferden, wenn die drei Merkmale Polydipsie (übermäßiger Durst), Polyurie (übermäßige Harnausscheidung) und Hufrehe nachweisbar waren. Auch der verzögerte Fellwechsel und Gewichtsverlust waren zuverlässige Indikatoren, um eine ECS-Erkrankung zu diagnostizieren. Umgekehrt trat ECS weniger häufig auf, wenn bestimmte Merkmale (abnormale Fettpolster, übermäßiger Bauch bzw. starke Gewichtszunahme und Infektionsanfälligkeit) nicht zu beobachten waren.

Die Forscher möchten mit den 515 Pferden dieser landesweiten Erhebung weitere Untersuchungen durchführen, um künftig spezifische Merkmale von ECS einer bestimmten Altersgruppe zuordnen zu können. „Wenn ein Tierarzt z. B. ein 12 Jahre altes Pferd untersucht, könnte er nach speziellen ECS-Merkmalen oder Merkmal-Gruppen suchen – und wenn er ein 20 Jahre altes Pferd vor sich hat, könnten dies andere sein. Es könnte sein, daß ein ECS-Symptom nicht bei jedem Alter auftritt, sondern nur in bestimmten Altersgruppen", so Dr. Grubbs. Die Symptome noch besser zu verstehen und altersmäßig eingrenzen zu können, wäre eine wertvolle Hilfe für all jene Pferde, deren Besitzer nicht in der Lage sind, sich eine aufwendige Blutanalyse leisten zu können und die weiter anhand der Symptome behandelt werden müssen.

Es gäbe noch viele offene Fragen im Zusammenhang mit dem Equinen Cushing Syndrom – und Grubbs und seine Kollegen hoffen, im Zuge des Forschungsprojekt noch auf etliche Antworten zu stoßen. Immerhin habe es in der Vergangenheit bereits beachtliche Fortschritte bei der Diagnose und der Behandlung von ECS gegeben. „Wir sind heute viel besser als noch vor fünf oder zehn Jahren", so Dr. Grubbs – und in dieser Tonart soll es weiter gehen.

Die Zwischenergebnisse seiner großen Cushing-Studie hat Dr. Steve Grubbs (von Boehringer Ingelheim Vetmedica Inc. in St. Joseph/Missouri) beim Forum des ,American College of Veterinary Internal Medicine' vorgestellt, das von 3.–6. Juni 2015 in Indianapolis (Indiana/USA) stattgefunden hat.

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