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Horse-Soring: Die Grausamkeiten gehen weiter
15.10.2015 / News

Das spektakuläre Gangbild des ,Big Lick
Das spektakuläre Gangbild des ,Big Lick' ist das Ziel bei den Shows der Tennessee Walking Horses – und allzu oft wird es mit tierquälerischen Mitteln erreicht. / Foto: HSUS
Die Thermographie ist mittlerweile das wichtigste Hilfsmittel im Kampf gegen das Horse-Soring – die Wärmebild-Aufnahmen zeigen die Veränderungen, nachdem die Vorderbeine mit mechanischen oder chemischen Hilfsmitteln ,behandelt
Die Thermographie ist mittlerweile das wichtigste Hilfsmittel im Kampf gegen das Horse-Soring – die Wärmebild-Aufnahmen zeigen die Veränderungen, nachdem die Vorderbeine mit mechanischen oder chemischen Hilfsmitteln ,behandelt' wurden. / Foto: USDA

Die Tierschutzorganisation HSUS beklagt nach wie vor massive tierquälerische Praktiken in der Walking Horse-Szene – bei der diesjährigen ,National Celebration'-Show wurden insgesamt 196 Pferde disqualifiziert.

 

Die ,Humane Society of the United States' (HSUS), mit 11 Millionen Unterstützern die größte und wichtigste Tierschutzorganisation der Vereinigten Staaten, und ihr für Pferdeschutz zuständiger Vizepräsident Keith Dane kämpfen seit Jahren einen erbitterten Kampf gegen die grausamen Praktiken der Walking Horse-Industrie, die unter dem Namen ,Horse-Soring' traurige Berühmtheit erlangt haben. Man setzte hohe Belohnungen für Hinweise auf Tierquälerei aus, nahm verdeckte Videos auf, die Pferdequäler auf frischer Tat filmten, sorgte in den Medien für öffentlichen Druck und betrieb politisches Lobbying auf allen Ebenen. Zweifellos hat es viele Erfolge gegeben – Trainer wurden verurteilt, lebenslang gesperrt oder kamen sogar ins Gefängnis – doch der ganz große Erfolg, sprich: ein entscheidender Durchbruch hin zu einem sauberen, pferdegerechten Sport in der Walking-Horse-Szene ist nach wie vor nicht gelungen, zu groß ist der Widerstand innerhalb der Szene, und zu mächtig ist die Lobby all jener, die mit ihren grausamen Trainings- und Show-Praktiken nach wie vor Geld verdienen.

Dies muss auch HSUS-Vizepräsident Keith Dane mit einiger Ernüchterung eingestehen, nachdem das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium seinen Prüfbericht der diesjährigen ,Tennesse Walking Horse National Celebration', der wichtigsten nationalen Showveranstaltung des Jahres, vorgelegt hat. Bei dieser Show, die von 26. August bis 5. September in Shelbyville (Tennessee) durchgeführt wurde, ergaben die durchgeführten Pferdekontrollen ein nach wie vor erschreckend hohes Maß an Verstößen gegen geltendes Tierschutzrecht (Horse Protection Act). Und vor allem zeigte sich eine enorme Diskrepanz zwischen den Beanstandungen der Regierungs-Kontrollore des Landwirtschaftsministeriums und jenen der vom Veranstalter bestellten Stewards (DQP = designated qualified persons).

Insgesamt wurden von von beiden Kontrolloren-Gruppen 1.392 Pferde überprüft – dabei wurden insbesondere Hufe und Beine einer genauen Untersuchung unterzogen, etwa hinsichtlich äußerer Verletzungen und Vernarbungen sowie nicht zugelassener Showausrüstung oder unerlaubtem Hufbeschlag. Bei insgesamt 1.112 Pferden wurden Thermographie-Aufnahmen der Vorderbeine angefertigt, da diese eventuelle Manipulationen und ihre Folgewirkungen wie z. B. entzündliche Prozesse besonders deutlich aufzeigen. Bei auffälligen Pferden wurden außerdem Blutproben zwecks Doping-Kontrolle angeordnet.

Das Ergebnis der Kontrollen ist besorgniserregend: Insgesamt wurden 261 Verstöße gegen den ,Horse Protection Act' festgestellt – wobei vor allem die Diskrepanz zwischen den Beanstandungen der Regierungs-Kontrollore und jenen der Veranstalter-Stewards zu denken gibt: Die Inspektoren des Landwirtschaftsministeriums stellten 226 Verstöße fest – die Stewards lediglich 35. Von den insgesamt 196 disqualifizierten Pferden gingen 181 auf das Konto der Regierungs-Kontrollore – die Stewards des Veranstalters schlossen lediglich 30 Pferde  aus (bei 15 Pferden gab es übereinstimmende Disqualifikationen – daher die Gesamtzahl von 196). Damit wurden 14 % aller teilnehmenden Pferde vom Wettbewerb ausgeschlossen – im Vorjahr waren es 15,4 %.

Auch eine weitere Zahl sollte zu denken geben: Von den 261 Verstößen betrafen 260 (!) Pferde mit sogenannten ,pads', das sind dicke, keilförmige Gummiplatten, die unter den vorderen Hufeisen befestigt werden, um die Pferde zu einer unnatürlich hohen, besonders spektakulären Beinaktion zu zwingen. Derartige Hilfsmittel dürfen in den USA auch auf Showveranstaltungen eingesetzt werden, was von Tierschützern heftig kritisiert wird – in Europa sind sie ausnahmslos verboten. Auch bei den Disqualifikationen ist die Relation eindeutig: 195 der 196 eliminierten Pferde waren mit ,Pads' unterwegs – nur ein einziges mit Flacheisen.

HSUS-Vizepräsident Keith Dane kommentierte die Ergebnisse mit Bitterkeit: „Die systematische, tief in der Szene verwurzelte Grausamkeit setzt sich unvermindert fort – trotz der fortwährenden, falschen Behauptungen der Walking Horse-Industrie, daß sie ihre Dinge in Ordnung gebracht hat." Die HSUS werde deshalb weiter für eine Verschärfung der Pferdeschutz-Gesetze (Horse Protection Act) auf politischer Ebene kämpfen.

Die Zahl der disqualifizierten Pferde könnte sich übrigens noch weiter erhöhen, da die Ergebnisse der Doping-Tests noch nicht vorliegen. Im Jahr 2014 waren 52 % der getesteten Pferde positiv, im Jahr 2013 waren es sogar 67 %...

Hintergrund
Beim Horse-Soring werden Pferden durch Misshandlungen sowie durch mechanische oder chemische Hilfsmittel bewusst Schmerzen zugefügt, um besonders spektakuläre Bewegungen zu erzwingen. Die Praxis des Horse-Soring existiert seit den 50er Jahren in den USA und wurde mit dem ,Horse Protection Act' im Jahr 1970 unter Strafe gestellt. Doch obwohl diese grausamen Methoden seit mehr als 40 Jahren illegal sind, werden sie nach wie vor von zahlreichen Tennessee Walking Horse-Trainern angewandt. Erst in den letzten Jahren hat sich das US-Landwirtschaftsministerium zu einem schärferen Vorgehen gegen diese tierquälerische Praktiken entschlossen – einige Trainer wurden zu Geld- und Haftstrafen verurteilt, wie etwa der 39-jährige Barney Davis. Dieser hatte bei seinem Prozess dem Richter Holzblöcke, Keile, Metallketten, Bolzen und Unterlegscheiben gezeigt – Utensilien, wie sie beim Horse-Soring verwendet werden. Er hat in seinem Verfahren auch vorgeführt, wie er und andere Gangpferdetrainer diese Dinge einsetzten, oft zusammen mit ,Senföl', einer Mixtur aus Säure, Kerosin und anderen Chemikalien, um die Pferdehufe und Fesseln zu verätzen und so schmerz- und druckempfindlich zu machen. Das Ziel dieser grausigen Methoden ist immer das gleiche: Die Pferde im Showring sollen ihre Beine noch höher vom Boden wegheben und den sogenannten ,Big Lick' demonstrieren, ein besonders spektakuläres, exaltiertes Gangbild – damit ihre Besitzer gewinnen.

In diesem Video von HSUS werden die grausamen Praktiken der Walking Horse-Industrie gezeigt – nichts für schwache Nerven...

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