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Snowman – die unglaubliche Geschichte des 80-Dollar-Pferdes
11.02.2016 / News

Harry de Leyer und Snowman hatten eine ganz besondere, tiefe Verbindung – und das war wohl ihr wahres Erfolgsgeheimnis.
Harry de Leyer und Snowman hatten eine ganz besondere, tiefe Verbindung – und das war wohl ihr wahres Erfolgsgeheimnis. / Foto: Concourse Film Trade

Die märchenhafte Geschichte des Pferdes Snowman, das einst einem Pferdehändler für 80,– Dollar abgekauft und später zum erfolgreichsten Springpferd der USA wurde, kommt nun als Dokumentation in die Kinos.

 

Das Pedigree von Snowman war wenig vielversprechend. Vater: unbekannt. Mutter: unbekannt. Rasse: unbekannt. Auch sein Züchter war nicht bekannt, er kam gleichsam aus dem Nichts – und dennoch wurde Snowman zu einer amerikanischen Ikone, nur vergleichbar mit Pferde-Legenden wie Seabiscuit, Secretariat oder War Admiral. Er trat in der berühmten TV-Show von Johnny Carson auf und schaffte es als erstes Springpferd in die Schlagzeilen der großen Tageszeitungen.

Ein Schlachtpferd für 80,– Dollar
Harry de Leyer war ein Reitschulbesitzer und Reitlehrer in Long Island und schaute hin und wieder bei Auktionen vorbei, um günstig Pferde für seinen Schulbetrieb zu erwerben. Auf der New Holland Auktion in Pennsylvania, die er im Winter 1956 besuchte, war er spät dran – die Versteigerung war schon zu Ende, und es wurden gerade all jene Pferde, die keinen Käufer gefunden hatten, auf einen LKW verladen, um in den nächsten Schlachthof gebracht zu werden. Ein großer, magerer Schimmel fiel de Leyer dabei auf, ein Pferd, das offenbar vor dem Wagen gegangen war und das beim Verladen ungewöhnlich gelassen blieb. Der Schimmel blickte de Leyer an, ja, schien ihn fast zu beobachten. Er kaufte ihn für 80,– Dollar, päppelte ihn auf und setzte ihn fortan als Schulpferd ein. De Leyers Kinder gaben ihm aufgrund seines weißen Fells den Namen Snowman.

Snowman war tatsächlich der Liebling der Kinder, nicht zuletzt aufgrund seiner Umgänglichkeit und seines ruhigen Temperaments. Er war ein außerordentlich braves, liebenswertes Pferd – und als ein Nachbar von de Leyer genau so ein Pferd für seinen Sohn suchte, verkaufte er ihm Snowman widerwillig, denn de Leyers wachsende Familie brauchte Geld. Das war Ende 1957.

Das „Cinderella Horse"
Was dann geschah, sollte nicht nur Snowmans, sondern auch de Leyers Leben nachhaltig verändern: Der anhängliche Schimmel lief mehrere Male zurück zu de Leyers Farm, die rund zehn Kilometer entfernt war – und übersprang dabei mühelos sämtliche Weidezäune, die sich ihm in den Weg stellten. De Leyer war erstaunt und beeindruckt: Snowman hatte nicht nur Springtalent und außerordentliches Vermögen, sondern auch einen starken Willen. Er kaufte ihn wieder zurück und begann mit gezieltem Springtraining. Bereits 1958 gewann de Leyer mit ihm die ersten großen Prüfungen, darunter auch bei der National Horse Show im Madison Square Garden – ein Sieg, mit dem das ungewöhnliche Paar schlagartig berühmt wurde. Er lieferte sich unvergeßliche Duelle mit Pferden, die hundert Mal mehr gekostet hatten als er – und oft genug ging er als Sieger vom Platz. Er wurde 1958 und 1959 von der American Horse Shows Association als „Horse of the Year" ausgezeichnet – was zuvor noch keinem anderen Pferd gelungen ist. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Geschichte wurde Snowman schon bald als das „80-Dollar-Pferd" und auch als „Cinderella Horse" landesweit bekannt und zum Liebling der Medien. Auf Shows sorgte Snowman für Aufsehen, weil er scheinbar unüberwindliche Hindernisse locker überflog und sogar über andere Pferde springen konnte. Unvergessen ist auch sein Auftritt in der berühmten TV-Show von Johnny Carson, in der der legendäre Moderator sogar selbst aufs Pferd stieg – was er wohl bei keinem anderen Pferd als dem braven Snowman gewagt hätte.

Vier Jahre lang währte die Springkarriere von Snowman und Harry de Leyer – und sie inspirierte eine ganze Nation. 1962 wurde Snowman aus dem Sport verabschiedet – seiner Popularität tat dies jedoch keinen Abbruch. Es wurden zwei Kinderbücher über ihn geschrieben, er hatte einen eigenen Fanclub und verbrachte seinen Lebensabend auf de Leyers Farm. Obwohl de Leyer erhebliche Summen für Snowman geboten wurden, lehnte er es stets ab, ihn zu verkaufen. 1974, im Alter von 26 Jahren, musste Snowman nach einem Nierenversagen eingeschläfert werden. Er wurde auf der Hollandia Farm der Familie de Leyer begraben, an seinem Lieblingsplatz unter einem großen Baum. 1992 wurde Snowman in die „Show Jumping Hall of Fame" aufgenommen.

Ein unsichtbares Band
Im Jahr 2011 erschien das vielbeachtete Buch „The Eighty-Dollar Champion. Snowman, The Horse that Inspired a Nation" der bekannten Autorin Elizabeth Letts, die von der unglaublichen Geschichte so fasziniert war, daß sie sie auch einer neuen Generation näherbringen wollte. Das Buch wurde ein enormer Erfolg und schaffte es sogar auf die Bestseller-Liste der ,New York Times'. Für Elizabeth Letts liegt der Zauber der Geschichte in dem unsichtbaren Band, das zwischen de Leyer und seinem Pferd zweifellos bestanden hat: „Es gab eine besondere Verbindung, die Harry de Leyer vom ersten Moment an gefühlt hat, als er Snowman sah. Ich glaube, es war das ,Band der Überlebenden'. Beide hatten wirklich schlimme Zeiten durchgemacht, de Leyer hatte den Zweiten Weltkrieg überlebt und musste alles aufgeben, wovon er jemals geträumt hatte. Und Snowman schien, als er von de Leyer gefunden wurde, dies alles instinktiv zu spüren und zu schätzen. Er wusste intuitiv, daß er mit de Leyer einen Menschen gefunden hatte, der ihm verbunden war und dem er vertrauen konnte, und Snowman war immer loyal zu ihm. Ich glaube, das hat Harry und Snowman zu einem ganz besonderen Team geformt und hat ihnen geholfen, ihre widrigen Lebensumständen hinter sich zu lassen."

Endlich ein Film über Snowman!
Obwohl sich viele Fans auf der ganzen Welt immer wieder eine Verfilmung der märchenhaften Story von Snowman gewünscht haben, ist es bislang nie dazu gekommen. Die US-Filmfirma Docutainment Films begann 2012 unter der Regie von Ron Davis mit den Arbeiten an einer Dokumentation über das Leben des großen Springreiters Harry de Leyer und seines legendären Pferdes Snowman, basierend auf Filmmaterial und Fotos aus den 50er und 60er Jahren sowie auf Interviews und Aussagen von Zeitzeugen. Die Dokumentation „Harry and Snowman" wurde 2015 fertiggestellt und feierte beim ,Full Frame Documentary Film Festival' seine Premiere. Er wurde seither auf 18 weiteren Festivals gezeigt und erhielt – neben viel Lob und Begeisterung bei Kritikern – auch insgesamt zehn Publikumspreise.

2016 könnte nun der weltweite Siegeszug bevorstehen: Wie die Zeitschrift ,Variety' berichtet, hat Magnolia Pictures die Nordamerika-Rechte für die Dokumentation erworben, die Rechte für Australien und Neuseeland wurden an die Becker Film Group aus Sydney vergeben – und es ist auch zu hoffen, daß der Film über die unsterbliche Geschichte von Harry de Leyer und Snowman bald auch in Europa zu sehen sein wird.

In diesem kurzen VIdeo spricht Elizabeth Letts über ihr Buch und die besondere Geschichte von Snowman und seinem Reiter Harry de Leyer ...

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