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Pferde und Hunde helfen autistischen Kindern
24.02.2016 / News

Aktivitäten mit Pferden und Hunden können für autistische Kinder besonders wertvoll sein, so eine neue britische Studie.
Aktivitäten mit Pferden und Hunden können für autistische Kinder besonders wertvoll sein, so eine neue britische Studie. / Foto: Irene Gams

Pferde und Hunde sind offenbar ein unschlagbares Team, wenn es darum geht, autistischen Kindern zu helfen – der Kontakt zu beiden Tierarten habe einen positiven „Synergie-Effekt", so britische Wissenschaftler.

 

Zahlreiche Forschungsarbeiten haben in den letzten Jahren die positiven Effekte von Begleit- bzw. Assistenz-Hunden auf Kinder mit ASD (Autism Spectrum Disorder) nachgewiesen – demgegenüber gibt es nur verhältnismäßig wenige Studien, die sich mit dem Nutzen bzw. den Auswirkungen von Hunden als Haustiere (im Gegensatz zu Begleithunden) beschäftigt haben. Vor allem gibt es bislang noch keinen gesicherten Maßstab, um einzuschätzen, wie und in welchem Ausmaß sich das Verhalten von Kindern in der Gegenwart von Hunden verändert, um den Wert dieser Haustiere für Familien mit autistischen Kindern verläßlich zu bestimmen. Einen solchen Maßstab zu entwickeln war das zentrale Anliegen der Studie von Sophie Susannah Hall, Hannah F. Wright und Daniel Simon Mills, die vor kurzem im Journal PLOSone veröffentlicht wurde.

ASD kann individuell höchst unterschiedlich ausgeprägt sein – daher liegt die Vermutung nahe, daß einige Kinder und Familien deutlich mehr und stärker von einem Hund als Haustier profitieren als andere; doch was genau diese individuellen Unterschiede verursacht und welche Faktoren dafür verantwortlich sind, ist bislang weitgehend unerforscht. In dieses Dunkel wollten die Forscher der englischen Lincoln Universität nun etwas Licht bringen: Sie entwickelten eine insgesamt 28 Punkte umfassende Skala, die beschreiben soll, wie die Eltern eines autistischen Kindes die Auswirkungen eines Hundes als Haustier auf ihr Kind beurteilen und einschätzen. Die Skala – von den Wissenschaftlern als LPSDIS (= Lincoln Autism Pet Dog Impact Scale) bezeichnet – umfasst drei Kompetenz-Bereiche: Anpassungsfähigkeit, soziale Kompetenz und Konfliktbewältigung. Das Forscher-Trio wollte herausfinden, wie individuelle Unterschiede mit bestimmten Punkten dieser drei Bereiche verbunden waren.

Die Resultate waren interessant: Während Familienaspekte (also etwa das Alter der Eltern, Zahl der im Haushalt lebenden Personen, Zahl der Geschwister etc.) sowie hundebezogene Aspekte (Alter und Geschlecht des Hundes, Rasse etc.) keinen signifkanten Einfluss auf die drei Kompetenz-Bereiche hatten, zeigte sich jedoch bei den Kind-bezogenen Aspekten (darunter fiel neben dem Alter des Kindes, dem Schweregrad der Beeinträchtigung und den Sprachfähigkeiten auch der Kontakt zu Pferden) ein durchgängiger Einfluss auf alle drei Kompetenz-Bereiche. Auch das Training mit einem Hund (etwa die Teilnahme an speziellen Hunde-Trainings oder Workshops) hatte einen positiven Einfluss auf die soziale Kompetenz.

Vor allem der Punkt ,Kontakt mit Pferden' erwies sich in den Auswertungen der Forschungsergebnisse als besonders bemerkenswert. So zeigen die Resultate, daß sich die Anpassungsfähigkeit der Kinder dann besonders deutlich verbessert hat, wenn das betroffene Kind regelmäßigen Kontakt zu Pferden hatte: „Es könnte sein, daß sich – allgemein gesagt – der Kontakt zu sozialen, nicht-menschlichen Lebewesen positiv auf Kinder auswirkt, die spezielle Probleme hinsichtlich ihrer Anpassungsfähigkeit haben – und daß die Kontakte zu unterschiedlichen Spezies gleichsam einen Synergie-Effekt nach sich ziehen, also einander verstärken."

Aus diesem Grund, so die Forscher weiter, sind die Effekte einer pferde-bezogenen Therapie für Kinder mit Autismus von besonderem Interesse: „Es gibt einige Hinweise, die nahelegen, daß Aktivitäten mit Pferden für Kinder mit ASD besonders wertvoll sind, insbesondere hinsichtlich ihres sozialen Verhaltens, ihrer Reizverarbeitung und auch hinsichtlich ihrer Aufmerksamkeit und Selbstregulation. Doch diese Schlussfolgerungen beruhen derzeit nur auf einigen wenigen Studien, die oftmals auch methodische Mängel wie eine fehlende Kontrollgruppe aufweisen", so die Forscher.

Dennoch, so sind die Wissenschaftler überzeugt, deuten ihre Ergebnisse darauf hin, daß – in Verbindung mit dem Besitz eines Hundes – der Kontakt zu Pferden die Anpassungsfähigkeit von Kindern mit Autismus verbessern kann: „Wegen der sehr breiten Definition in unserer Studie („regelmäßiger Kontakt zu Pferden") war es uns nicht möglich zu bestimmen, welcher genaue Aspekt dieses Kontakts zum Pferd dabei wichtig ist und in welcher Verbindung dies zum Besitz eines Hundes steht", so die Forscher weiter. Es sei aus ihrer Studie nicht herauszulesen, ob es die aktive Beschäftigung im Rahmen einer Pferde-Therapie war, welche für die Verbesserung verantwortlich war – oder ob es das bloße Streicheln bzw. auch nur die physische Gegenwart des Pferdes war, die diesen Effekt bewirkt hat.

Die Forscher weiter: „So gibt es etwa Spekulationen, daß die Tiere das Wiederholungs-Verhalten der Kinder reduzieren, indem sie gleichsam eine stimulierende Ablenkung darstellen, die ihnen hilft, aus dem Teufelskreis zwanghafter Handlungen auszubrechen. Es ist auch möglich, daß die Tiere den Kindern dabei helfen, sich zu beruhigen und sich sicherer zu fühlen, was zu mehr Selbstvertrauen beim Erlernen neuer Fähigkeiten führt. Obwohl die Angst reduzierende Wirkung von Pferden noch nicht sehr gut untersucht ist, ist diese Wirkung durch die Anwesenheit eines Hundes zunehmend für die Wissenschaft interessant und ist es zweifellos wert, näher erforscht zu werden."

Es ist möglich, so die Forscher abschließend, daß die Anwesenheit eines Tieres die Anpassungsfähigkeit autistischer Kinder verbessert, indem sie den Familien mehr Freiräume eröffnet und die Sicherheit des Kindes erhöht: „ Forschungsergebnisse zeigen, daß gut ausgebildete Assistenz- bzw. Begleithunde den Familien helfen, auf eine sichere Art und Weise an neuen Aktivitäten und am öffentlichen Leben teilzunehmen, weil sie zugleich stützend und beruhigend wirken. Deshalb ist es möglich, daß die Anwesenheit eines Hundes den Kindern hilft, mit Pferden zu interagieren."

Die Studie „What Factors Are Associated with Positive Effects of Dog Ownership in Families with Children with Autism Spectrum Disorder? The Development of the Lincoln Autism Pet Dog Impact Scale" von Sophie Susannah Hall, Hannah F. Wright und Daniel Simon Mills ist am 19. Februar 2016 im Journal ,PLOSone' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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