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Nasenriemen im Pferdesport: FEI sieht keinen Handlungsbedarf
07.05.2016 / News

Kritiker behaupten, daß das ,Zusammenschnüren
Kritiker behaupten, daß das ,Zusammenschnüren' von Pferden – auch mit eng geschnallten Nasenriemen – reiterliche Schwächen kaschiert. Von einer Lockerung des Nasenriemens und einer obligatorischen Einführung der Zwei-Finger-Regel würde nicht nur das Pferd, sondern auch der Sport profitieren. / Foto: Kseniya Abramova/fotolia.com
Die ISES-Schablone ermöglicht eine rasche und objektive Überprüfung des Nasenriemen-Abstands.
Die ISES-Schablone ermöglicht eine rasche und objektive Überprüfung des Nasenriemen-Abstands. / Foto: Screenshot Youtube-Video

Die neu entfachte Diskussion um zu eng verschnallte Nasenriemen und deren negative Folgen für die Pferdegesundheit ist für die FEI kein Anlass, die bestehenden Regelungen zu hinterfragen.

 

Eine neue Studie über die negativen Auswirkungen von zu eng verschnallten Nasenriemen auf Pferdegesundheit und Pferdeverhalten (siehe unsere Meldung dazu) hat auch die Diskussionen um diesen so unscheinbar anmutenden Ausrüstungs-Teil neu entfacht. Einmal mehr waren es australische Wissenschaftler, allen voran Prof. Paul McGreevy von der Universität Sydney, die sich des Themas angenommen hatten und im Rahmen einer aufwendigen Testreihe nachweisen konnten, daß zu eng verschnallte Nasenriemen in Kombination mit einer Kandarenzäumung nicht nur Stress, sondern auch Schmerzen und Unbehagen bei Pferden verursachen. Die mit insgesamt zwölf Pferden durchgeführten Versuche, bei denen Herzschlag-Messgeräte ebenso zum Einsatz kamen wie Thermographie- und Video-Kameras, zeigten einen signifikanten Anstieg der Herzschlagrate, eine Verringerung der Herzschlagvariabilität und eine Erhöhung der Augentemperatur – allesamt deutliche Hinweise für physiologischen Stress. Zudem unterdrücken eng verschnallte Nasenriemen auch normale orale Verhaltensweisen wie Lecken, Kauen und Schlucken – ebenfalls eine deutliche Einschränkung des Pferdewohls.

Die Forderung von Prof. Paul McGreevy lautet daher: Die Regeln des Dressursports müssten dahingehend verändert werden, daß ein zu enges Verschnallen des Nasenriemens – also enger als die aus der klassischen Reitlehre stammende Zwei-Finger-Regel – zuverlässig verhindert wird. McGreevy schlägt für eine objektive und faire Überprüfung des Abstands zwischen Nasenriemen und Nasenrücken die Verwendung einer normierten Mess-Schablone (taper gauge) vor, die seit dem Jahr 2012 existiert und seither auch von der Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaften (ISES) empfohlen wird. Mit dieser Kunststoff-Schablone könne rasch und einfach überprüft werden, ob der Abstand zwischen Nasenriemen und Nasenrücken, gemessen an der Nasen-Mittellinie, exakt zwei Finger, einen Finger oder weniger beträgt. Eine gleichlautende Forderung hatte vor kurzem auch eine Gruppe finnischer Pferdefreunde erhoben und sie dem Finnischen Reitsportverband zur Abstimmung vorgelegt (siehe auch unseren Bericht dazu).

Mit den neuen, durchaus alarmierenden Ergebnissen der australischen Wissenschaftler erhöht sich zweifellos auch der Druck auf die Internationale Reiterliche Vereinigung FEI, ihre Regularien entsprechend anzupassen – betont doch die FEI stets, daß das Wohl des Pferdes Vorrang vor allem anderen habe. Doch in einer ersten Reaktion sieht man keinen akuten Handlungsbedarf – die derzeitigen Regelungen seien ausreichend. Ein Sprecher der Reitsportvereinigung meinte gegenüber der britischen Tageszeitung ,The Guardian': „Die FEI-Stewards, die bei internationalen Turnieren tätig sind, überprüfen die gesamte Ausrüstung, einschließlich des Nasenriemens und der Gebisse, jedes teilnehmenden Pferdes, um die Einhaltung der Regeln zu gewährleisten. Die Überprüfung des Nasenriemens beinhaltet eine physische Prüfung (,physical check') des Stewards, um sicherzugehen, daß der Nasenriemen korrekt sitzt und keinerlei negativen Effekt auf das Pferd hat."

Auch der von Prof. McGreevy geforderten Verwendung der ISES-Schablone zur Überprüfung des Nasenriemen-Abstands könne man wenig abgewinnen: „Wir beobachten die wissenschaftlichen Forschungen auf den relevanten Gebieten durch unsere eigene tierärztliche Abteilung sehr aufmerksam. Die FEI respektiert uneingeschränkt die bislang unternommenen Forschungsarbeiten, um diese Prüf-Schablone zu entwickeln. Bei Wettkämpfen können Pferde aber – ähnlich wie Menschen – sehr aufgeregt sein, daher betrachten wir die bestehende physische Prüfung nach wie vor als sicherste und effektivste Methode, um den korrekten Sitz des Nasenriemens zu gewährleisten."

Die FEI sieht also vorerst keinen Anlass, die derzeitigen Regelungen zu verändern oder gar zu verschärfen. Doch wie so oft liegt die Betonung wohl auf ,vorerst' – denn mit dem ständig steigenden Druck durch wissenschaftliche Untersuchungen steigt erfahrungsgemäß auch der Druck durch Medien und kritische Öffentlichkeit, und dieser kann sich – siehe Rollkur und Blutregel – als äußerst hartnäckig, lästig und langandauernd herausstellen. Man darf annehmen, daß auch in der Causa ,Nasenriemen' noch nicht das letzte Wort gesprochen ist...

Wie die von der ISES empfohlene Mess-Schablone aussieht und wie sie angewendet wird, veranschaulicht dieses kurze Video:

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