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Kotwasser bei Pferden: Sozialstress ist wesentlicher Risikofaktor
08.05.2016 / News

Rangniedrige Pferde leiden besonders häufig unter Kotwasser, so das Ergebnis einer deutschen Feldstudie.
Rangniedrige Pferde leiden besonders häufig unter Kotwasser, so das Ergebnis einer deutschen Feldstudie. / Foto: Irene Gams

Rangniedrige Pferde sind besonders häufig von Kotwasser betroffen, das haben Forscher der deutschen Ludwig-Maximilians-Universität in München im Rahmen einer Feldstudie herausgefunden.

 

Kotwasser kann bei Pferden ein überaus lästiges und schwer zu behandelndes Gesundheitsproblem darstellen, zumal über die Hintergründe der Erkrankung wenig gesichertes Wissen verfügbar ist. Als Ursache für Kotwasser werden meist Störungen im Magen-Darm-Trakt angeführt, ausgelöst etwa durch eine bakterielle oder virale Infektion, durch medikamentöse Behandlungen (Antibiotika) oder Parasiten- bzw. Wurm-Befall. Auch die Verabreichung falscher, unverträglicher oder verdorbener Futtermittel wird gern als möglicher Auslöser für Kotwasser genannt, ebenso psychische Belastungen wie ein Stall- oder Herdenwechsel, Transport- oder Turnier-Stress. Insgesamt ist die wissenschaftliche Aufarbeitung der Erkrankung – etwa hinsichtlich Entstehung, prädisponierender Faktoren oder zielführender Therapien – jedoch erstaunlich gering.

Einen engagierten Versuch, den Ursachen von Kotwasser auf die Spur zu kommen, hat eine deutsche Forschergruppe rund um Univ.-Prof. Dr. Ellen Kienzle und Dr. Carolin Zehnder durchgeführt und in der aktuellen Ausgabe des ,Journal of Equine Veterinary Science' unter dem Titel „Field study on risk factors for free fecal water in pleasure horses" („Feldstudie zu Risikofaktoren für den Absatz von freiem Kotwasser bei Freizeitpferden") vorgestellt.

Basis der Feldstudie war ein Fragebogen, der über ein deutsches Freizeitreiter-Magazin beworben wurde und in dem betroffene Pferdebesitzer detaillierte Fragen über ihre an Kotwasser leidenden Pferde zu beantworten hatten. Abgefragt wurden – neben der genauen Kotwasser-Symptomatik – auch die Lebens- und Haltungs-Umstände, die Art und Weise der Fütterung bzw. die angewendeten Fütterungstechniken, die Entwurmungs-Praxis sowie Angaben zur Sozial- bzw. Gruppenstruktur der betroffenen Pferde. Die Befragung wurde in Form von mündlichen Einzelinterviews durchgeführt – und zwar mit insgesamt 42 Besitzern von Pferden mit Kotwasser. Für jedes in der Untersuchung erfasste Pferd wurde der Body Condition Score (BCS) errechnet, außerdem wurden für eine parasitologische Überprüfung eine Kotprobe sowie für eine Blutuntersuchung (Serumelektrophorese) eine Blutprobe entnommen. Zum Vergleich wurden außerdem Blut- und Kotproben von Kontrollpferden (Parasitenkontrollgruppe) aus dem gleichen Stall entnommen, die kein Kotwasser-Problem aufwiesen.

Bei der Auswertung und Analyse der Daten stellte sich rasch ein besonders augenfälliges Ergebnis heraus: Bei den 37 Kotwasser-Pferden der Untersuchung, die in Gruppen gehalten wurden bzw. in Gruppen auf die Weide kamen, war eine überraschend hohe Zahl von Pferden darunter, die lt. ihren Besitzern als rangniedrig (Vorletzter oder Rangniedrigster) einzustufen waren – in der zum Vergleich gebildeten Verhaltenskontrollgruppe traf dies lediglich auf 4 % zu. 62 % der Kotwasser-Pferde zeigten keinen Futterneid gegenüber anderen Pferden – in der Kontrollgruppe waren es nur 27 %. Die Ergebnisse legen somit nahe, daß die Rangniedrigkeit ein wesentlicher auslösender Faktor für ein Kotwasser-Problem bei Pferden ist. Auffallend war auch, daß Wallache und Schecken bei den Kotwasser-Pferden deutlich überrepräsentiert waren –  ob diese Merkmale mit dem Rang interagieren oder unabhängige Risikofaktoren sind, ist jedoch unklar.

Interessanterweise zeigten sich keine bemerkenswerten Unterschiede zwischen den Kotwasser-Pferden und ihren Stallkollegen der Kontrollgruppe hinsichtlich des Parasitenbefalls und des Blutbilds – fast alle Kotwasser-Pferde wiesen einen komplett negativen parasitologischen Befund auf.

Das Resümee der Forscher: Sozialstress scheint bei der Entstehung einer Kotwasser-Erkrankung eine bedeutende Rolle zu spielen – was auch Berichte aus der Praxis nahelegen, nach denen ein Kotwasser-Problem häufig nach einer Haltungsumstellung zum ersten Mal auftritt.

Die Untersuchung „Field study on risk factors for free fecal water in pleasure horses" von Ellen Kienzle, Carolin Zehnder, Kurt Pfister, Hartmut Gerhards, Carola Sauter-Louis und Patricia Harris ist im ,Journal of Equine Veterinary Science' erschienen und kann in englischer Zusammenfassung hier nachgelesen werden.

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