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Studie bestätigt: Pferde kommunizieren tatsächlich mit uns
10.06.2016 / News

Wir haben
Wir haben's ja geahnt: Pferde können mit Menschen zielgerichtet kommunizieren – und sind dabei überaus kreativ. / Foto: Simone Aumair

Ein Forscher-Duo aus Italien und Österreich hat eine bemerkenswerte Studie durchgeführt. Das Ergebnis: Pferde versuchen tatsächlich, zweckorientiert mit Menschen zu kommunizieren, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen – und sind dabei nicht nur sehr kreativ, sondern auch hartnäckig.


Erinnern Sie sich noch an die legendäre Fernsehserie „Mister Ed – das sprechende Pferd", die von 1961–1966 in den USA lief und die auch in Europa eine riesige Fangemeinde hatte?  Im Mittelpunkt der Handlung stand das hochintelligente, aber etwas nervige Pferd Ed, das einen leichten Hang zu Sarkasmus und Arroganz hatte und seinem überforderten Besitzer Wilbur Post nichts als Probleme bescherte. Die besondere Komik der Serie entstand nicht nur aus dem Umstand, dass Ed sprechen konnte – sondern vor allem, dass nur sein Besitzer Wilbur ihn hören und verstehen konnte (nur ihn hielt Ed für würdig, mit ihm zu sprechen).

Wenn man europäischen Forschern glauben darf, dann ist Ed in gewisser Hinsicht kein Einzelfall: In einer bemerkenswerten Studie konnten die Wissenschaftlerin Dr. Rachele Malavasi aus Italien sowie Dr. Ludwig Huber vom Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien erstmals nachweisen, daß Pferde tatsächlich versuchen, mit Menschen absichtsvoll und zweckorientiert zu kommunizieren, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Um es streng wissenschaftlich auszudrücken: Die Studie „Evidence of heterospecific referential communication from domestic horses (Equus caballus) to humans” konnte bestätigen, daß Pferde zu einer zielorientierten Kommunikation mit andersartigen Individuen (in diesem Fall Menschen) fähig sind. Salopp gesagt: Sie können zu uns sprechen – wie Menschen das auch untereinander tun, wenn sie z. B. etwas Bestimmtes von einem anderen wollen.

„Pferde sind soziale Tiere und haben bestimmte Fähigkeiten entwickelt, um ihre sozialen Strukturen aufrechtzuerhalten: Anschluss-Verhalten, Schutz vor Gruppenfremden, soziale Vertrauensbildung und soziales Lernen", so Dr. Rachele Malavasi gegenüber dem Portal ,The Horse'. „Und jetzt wissen wir, daß zu diesen Fähigkeiten auch die zielgerichtete Kommunikation mit Menschen gehört."

In ihrer Studie – die eine Gruppe von insgesamt 14 Pferden umfasste – wurden zwei Futtereimer jeweils außerhalb der Reichweite der Testpferde platziert. Jeder Eimer war mit Karotten, Äpfeln und Hafer gefüllt – um sicherzugehen, daß für jedes Pferd zumindest eine begehrenswerte Belohnung enthalten war. Das Pferd und sein Betreuer befanden sich in einem abgegrenzten Areal, von dem aus sie beide Futtereimer – die an jeweils gegenüberliegenden Stellen außerhalb der Umzäunung platziert waren – sehen konnten. Untersucht werden sollte, ob die Pferde dazu in der Lage wären, mit dem menschlichen Betreuer zielgerichtet zu kommunizieren und ihm den Standort des ersehnten, aber außer Reichweite befindlichen Futtereimers mitzuteilen.

Der Betreuer unternahm nichts und stand nur reglos herum. Das Pferd musste also herausfinden, wie es mit dem Menschen Kontakt aufnehmen und ihm die Botschaft „Bring mir den (verdammten) Eimer" mitteilen konnte. Und tatsächlich haben die Pferde alles Mögliche unternommen, um diese Botschaft zu übermitteln. „Die Pferde haben etwa ihren Blick ständig zwischen dem Menschen und dem Futtereimer hin- und herschweifen lassen, mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit des Betreuers auf die gewünschte Belohnung zu lenken. Wenn das nicht funktioniert hat, haben die Pferde tatsächlich große Flexibilität bei ihren kommunikativen Strategien demonstriert: Sie haben mit dem Kopf genickt, ihren Schweif gedreht und ihre Köpfe immer wieder in Richtung des ersehnten Eimers bewegt, und zwar in einer eindeutig ,hinweisenden' Art und Weise", so Dr. Rachele Malavasi.

Nicht weniger faszinierend war die Beobachtung, daß die Pferde diese Verhaltensweisen nur dann gezeigt haben, wenn sie vom Menschen auch tatsächlich angesehen wurden, also seine ganze Aufmerksamkeit hatten. Die Wissenschaftler haben den menschlichen Betreuer angewiesen, seinen Körper in verschiedene Richtungen zu positionieren, weil Pferde nachweislich in der Lage sind, die Aufmerksamkeit eines Menschen ihnen gegenüber einzuschätzen. Wenn der Mensch ihnen keinerlei Aufmerksamkeit widmete, war das erste Ziel der Pferde, diese Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – erst dann begannen sie, über den Futtereimer zu kommunizieren.

Die Testpferde konnten sowohl mit visuellen, als auch mit taktilen Signalen kommunizieren und waren dabei auch sehr ausdauernd und hartnäckig, so Dr. Malavasi weiter: „Die Pferde suchten nach Augenkontakt mit dem Betreuer, indem sie immer wieder ihren Kopf zu ihm gedreht haben. Wenn das keinen Erfolg brachte, haben sie die Strategie gewechselt, sind auf ihn zugegangen und haben ihn angestupst."

Für Dr. Malavesi sind die Ergebnisse der Studie bahnbrechend – denn bislang konnte diese zielorientierte Kommunikation mit andersartigen Individuen nur bei einem Tier nachgewiesen werden, nämlich beim Hund. Die Entdeckung, daß auch Pferde zielgerichtet kommunizieren, könnte weitreichende Folgen haben: „Über diese Fähigkeit zu verfügen bedeutet, daß Pferde sich nicht einfach nur ,verhalten', ohne die Konsequenzen ihrer Handlungen zu bedenken. Es bedeutet, daß sie in der Lage sind, eine Art ,geistigen Plan' (z. B. um ein Ziel mit der Hilfe anderer Individuen in ihrer Nähe zu erreichen) zu verfolgen, die Aufmerksamkeit dieser Individuen zu überprüfen und ihre kommunikativen Strategien entsprechend anzupassen. Pferde sind, wie es scheint, zu immer neuen, durchdachten Problemlösungen fähig."

Wie Dr. Malavasi aber zugibt, scheinen nicht alle Reiter in der Lage, die kommunikativen Fähigkeiten ihrer Pferde auch zu erkennen und zu nutzen: Einige Pferde haben den Versuch, mit ihren Menschen zu kommunizieren, möglicherweise aufgegeben –weil ihr Reiter oder Besitzer niemals zugehört hat. Dr. Malavesi: „Das ist eine sehr unglückliche Situation, aber sie kann gelöst werden. Wenn Sie nicht wissen, was Ihr Pferd von Ihnen will, seien Sie kreativ und testen Sie verschiedene Lösungs-Varianten.  Es kann ein großartiges gemeinsames Spiel sein – und Sie werden sehr rasch eine positive Veränderung bei Ihrem Pferd bemerken."

Daher auch der Rat von Dr. Malavesi: „Ich empfehle Pferdebesitzern, einfach Zeit mit ihrem Pferd zu verbringen und dabei nichts anderes zu tun als es auf der Weide zu beobachten – sei es nun allein oder mit anderen Pferden zusammen. Pferdemenschen sollten wissen, wie Pferde kommunizieren – und vor allem, wie ihr eigenes Pferd kommuniziert. Manche Pferde sind sehr ,gesprächig', während andere nur mit sehr feinen, unterschwelligen Signalen kommunizieren. Die kommunikativen Strategien seines eigenen Pferdes zu lernen ist wie einen anderen Menschen kennenzulernen: Man lernt niemals aus dabei – und je mehr man weiß, umso größer wird die Liebe."

Die Studie „Evidence of heterospecific referential communication from domestic horses (Equus caballus) to humans” ist im April 2016 in der Zeitschrift ,Animal Cognition' erschienen und kann in englischsprachiger Kurzfassung hier nachgelesen werden.

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