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Keine Weltreiterspiele 2018 in Bromont – FEI sucht nach Alternativen
23.07.2016 / News

Großer Sport vor großem Publikum – so dachte sich das die FEI bei der Einführung der Weltreiterspiele. Doch das Konzept ist bislang nur ein einziges Mal aufgegangen.
Großer Sport vor großem Publikum – so dachte sich das die FEI bei der Einführung der Weltreiterspiele. Doch das Konzept ist bislang nur ein einziges Mal aufgegangen. / Foto: Julia Rau

Nachdem der Veranstalter der Weltreiterspiele 2018 in Bromont keine öffentliche Unterstützung durch die kanadische Regierung erhalten hat, musste der Vertrag mit der FEI aufgelöst werden.

 

In einer offiziellen Pressemitteilung hat die FEI gestern (22. Juli) darüber informiert, daß der Vertrag mit dem Organisationskomitee der Weltreiterspiele (World Equestrian Games) 2018 in Bromont COJEM (Comité organisateur des Jeux Équestres Mondiaux) einvernehmlich beendet wurde und man nun nach Alternativen sucht: „Wir bedauern, daß das Bromont-Organisationskomitee nicht länger in der Lage ist, die Spiele 2018 auszutragen", so FEI-Präsident Ingmar De Vos. „Wir haben mit den Mitgliedern des Organisationskomitees sowie vielen weiteren Verantwortlichen für die Spiele sehr eng zusammengearbeitet, seit die Spiele Mitte 2014 nach Kanada vergeben wurden – und wir wußten seit einiger Zeit von den erheblichen finanziellen Schwierigkeiten, mit denen der Veranstalter konfrontiert war. Wir haben alles Mögliche getan, in dieser schwierigen Zeit unsere Unterstützung anzubieten, aber leider war das Organisationskomitee trotz bester Bemühungen nicht in der Lage, eine realistische Finanzierung und Sponsorship-Strategie auf die Beine zu stellen, sodaß uns schließlich keine andere Wahl blieb, als einer Beendigung der Veranstalter-Vereinbarung zuzustimmen."

Bromont wurde – nach einem turbulenten, zweistufigen Vergabe-Verfahren, an dem sich insgesamt acht Nationen (darunter übrigens auch Österreich mit dem Magna Racino Pferdesportpark) beteiligt hatten – im Juni 2014 die Austragung der Weltreiterspiele 2018 zugesprochen – wie die FEI betont, nachdem das Bewerbungs-Komitee eine substantielle finanzielle Unterstützung durch die kanadische Regierung bestätigt hatte. Diese bezog sich jedoch auf die Regional-Regierung – für die Veranstaltung waren jedoch auch weitere Unterstützungen der kanadischen Bundesregierung eingeplant, und daran ist man letztlich gescheitert: Denn am 11. Juli hat die zuständige Sportministerin Carla Qualtrough den Veranstalter darüber informiert, daß von Seiten der kanadischen Regierung keinerlei Unterstützung für die Veranstaltung zur Verfügung stehen wird. Das war, wie sich jetzt herausstellte, der Todesstoß für die WEG 2018 in Bromont.

Die Absage des kanadischen Veranstalters bringt die FEI in eine Zwickmühle – denn es sind nur noch zwei Jahre bis zum geplanten Veranstaltungs-Termin (11.–26. August 2018). Das ist auch FEI-Präsident Ingmar De Vos klar: „Wir sind bereits auf der Suche nach möglichen Alternativen für 2018 und sind zuversichtlich, daß wir schon in Kürze eine Entscheidung bekanntgeben können. Natürlich ist es für kein Organisationskomitee einfach, eine Veranstaltung dieser Größe innerhalb von zwei Jahren zu realisieren, aber es gibt Beispiele dafür, daß es möglich ist: So hat Italien im Jahr 1998 wunderbare Weltreiterspiele in Rom organisiert, nachdem Irland weniger als zwei Jahre vor Beginn der Spiele zurückgezogen hatte. Wir sind daher zuversichtlich, daß eine machbare Lösung gefunden werden kann."

Die Weltreiterspiele (World Equestrian Games) wurden erstmals in Stockholm (SWE) 1990 ausgetragen und werden seither im Vier-Jahres-Rhythmus durchgeführt: The Hague (NED) folgte 1994, Rom (ITA) 1998, Jerez de la Frontera (ESP) 2002, Aachen (GER) 2006, Kentucky (USA) 2010 und die Normandie (FRA) im Jahr 2014. Die Zusammenlegung sämtlicher FEI-Weltmeisterschaften zu einer Veranstaltung war in der Pferdeszene nie gänzlich unumstritten: Der logistische und organisatorische Aufwand für einen Event mit rund 1.000 Pferden ist enorm – und konnte kaum durch entsprechende Einnahmen aufgebracht werden. So endeten, wenn man div. Medienberichten glauben darf, bislang sämtliche Weltreiterspiele mit einem gewaltigen Defizit, das letztlich die jeweilige Landesregierung abdecken musste – die einzige Ausnahme dürfte Aachen 2006 gewesen sein, das dank perfekter Organisation und großem Rückhalt durch Publikum und öffentliche Stellen eine positive Bilanz zustandegebracht hat.

So verwundert es auch nicht, wenn einige deutsche Medien auch Aachen sogleich als möglichen Alternativ-Standort in die Diskussion einbrachten. Ob das realistisch ist, bleibt abzuwarten – Aachen hätte jedenfalls den Vorzug einer komplett vorhandenen Infrastruktur, was angesichts des knappen Zeitrahmens wohl eine unabdingbare Voraussetzung für eine Übernahme des Events wäre. Derartige Austragungsorte sind weltweit dünn gesät, allenfalls kämen noch der Kentucky Horse Park sowie der Wellington Equestrian Park in den USA dafür in Betracht. Doch es gibt – und zwar bei allen drei genannten Locations – ein gravierendes Hindernis: Alle drei Betreiber haben einen Sponsor-Vertrag mit dem Schweizer Uhren-Hersteller Rolex – und dessen Verhältnis zur FEI ist erheblich gestört, seit er durch den Konkurrenten Longines als FEI-Hauptsponsor ersetzt wurde.

Nicht wenige Insider meinen daher, daß die FEI in Wahrheit wenig Optionen hat – und sich schwer tun wird, in so kurzer Zeit einen alternativen Veranstaltungsort zu finden. Das sieht auch Dr. Dennis Peiler, Geschäftsführer des Deutschen Olympiade Komitees für Reiterei, so, der in einer FN-Pressemitteilung meinte. „Die FEI wird jetzt mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten. Aber es ist kein Geheimnis, dass nur ganz wenige Veranstalter in der Welt in der Lage sind, ein solches Ereignis überhaupt finanziell und organisatorisch zu stemmen. Der enge zeitliche Rahmen macht das noch schwieriger.“

So verwundert es nicht, daß vereinzelt sogar Spekulationen über eine Absage der Weltreiterspiele 2018 auftauchen – und über eine Rückkehr zum jahrzehntelang praktizierten, bewährten Modus, die FEI-Weltmeisterschaften wieder als Einzel-Events zu organisieren. Auch eine völlige Re-Strukturierung der Weltreiterspiele wurde bereits angedacht, mit einer verkürzten Veranstaltungs-Dauer (maximal 9 bis 10 Tage), weniger Teilnehmern und publikumsgerechteren Wettkampf-Formaten, um auch mehr Nicht-Reiter anzusprechen. Doch das wird wohl nicht so rasch realisierbar sein.

Wie auch immer die Entscheidung ausfallen mag – die FEI muss sie rasch fällen und ihre Karten schon sehr bald auf den Tisch legen. Man darf gespannt sein, ob der Weltverband des Pferdesports noch ein As im Ärmel hat...

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