An der Pferdeklinik der Universität Gießen haben sich offenbar vier Pferde mit dem equinen Herpes-Virus angesteckt – eines ist inzwischen verstorben.
Der schwere Herpes-Ausbruch im hessischen Beselich, der bislang elf Pferden eines Reiterhofs das Leben gekostet hat (siehe unseren Bericht darüber), hat möglicherweise noch einen weiteren tragischen Aspekt: Noch ehe die Infektionskrankheit diagnostiziert wurde, hat offenbar ein in die Universitätsklinik Gießen eingeliefertes Pferd vier weitere Pferde angesteckt.
„Das ist für uns ein Desaster" meinte die sichtlich betroffene Tierärztin Dr. Anna Wogatzki von der Pferdeklinik der Justus-Liebig-Universität Gießen gegenüber der „Gießener Allgemeinen". Das kranke Pferd aus dem betroffenen Betrieb in Obertiefenbach bei Beselich (Landkreis Limburg-Weilburg) war am 4. Juli in die Uniklinik Gießen eingeliefert worden. Das Tier litt an Bauchschmerzen und wurde wegen einer Kolik operiert – Anzeichen für eine Virus-Infektion gab es nicht. Doch nach der OP stellten sich unerwartete Komplikationen ein, das Pferd bewegte sich unkoordiniert, konnte keinen Urin lassen und bekam hohes Fieber. Fünf Tage später musste es eingeschläfert werden – bei der anschließenden Nekropsie wurde dann das Herpes-Virus (EHV-1) nachgewiesen.
Sofort nach Entdeckung des gefährlichen Virus wurden sowohl im betroffenen Betrieb in Beselich, als auch an der Uniklinik Gießen strenge Hygiene- und Quarantäne-Maßnahmen verhängt – doch das kam, wie die ,Gießener Allgemeine' weiter berichtet, offenbar für vier Pferde, die an der Uniklinik zur Behandlung aufgenommen waren, zu spät: Sie haben sich allem Anschein nach dort mit dem gefährlichen Virus infiziert. Der definitive Nachweis, daß sich die Pferde tatsächlich bei dem Tier aus Beselich angesteckt hätten, sei zwar noch ausständig, doch sei dies „sehr wahrscheinlich", so Dr. Anna Wogatzki. Eines der vier betroffenen Pferde ist inzwischen gestorben.
Wie genau die Ansteckung passiert ist, ist bislang noch völlig unklar – doch Dr. Wogatzki erklärt, daß die Übertragung üblicherweise durch Tröpfcheninfektion erfolgt, ein einziges Schnauben kann schon ausreichen, um das Virus weiterzugeben. Ebenso ist eine Übertragung durch verunreinigte Gegenstände oder Personen möglich. An der Uniklinik kämpft man seither mit allen Mitteln um das Leben der erkrankten Pferde – die Behandlung erfolgt mit Entzündungshemmern, Vitaminpräparaten sowie mit Medikamenten zur Stärkung des Immunsystems. Man hofft, alle drei Pferde durchzubringen – ob es tatsächlich gelingt, kann im Moment aber niemand vorhersagen, zumal das Virus „ungewöhnlich aggressiv" ist, wie Dr. Wogatzki bestätigt.