News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Shagya-Araber Züchter Karl Hemmer: „Eine Faszination, die nicht loslässt“
01.08.2016 / News

Karl Hemmer mit seinem „Lebenspferd" Nofretete und dem 2011 geborenen Hengstfohlen Kohekon.
Karl Hemmer mit seinem „Lebenspferd" Nofretete und dem 2011 geborenen Hengstfohlen Kohekon. / Foto: Gudrun Waiditschka

Die Rasse des Shagya-Arabers wäre ohne passionierte Züchter längst ausgestorben. Der Steirer Karl Hemmer ist ein Paradebeispiel dafür – ProPferd hat ihn zum Interview gebeten.

 

Der Shagya-Araber, diese arabische Spezialrasse, die ihren Ursprung in der Donaumonarchie fand, zieht die Menschen in ihren Bann und lässt sie nicht mehr aus. Warum ist das so – was macht die Faszination dieser Rasse aus? Diese Frage beantwortet der Autor Martin Haller in seinem Buch „Pferde unter dem Doppeladler“ folgendermaßen: “Der alt-österreichische Kulturaraber … erfreut sich heute unter den Kennern des orientalischen Pferdes großer Beliebtheit. Man schätzt seine dem modernen Anforderungsprofil sehr gut entsprechenden Reiteigenschaften, seine Härte und Schönheit". Heute wie damals besticht er durch Ausdauer, Robustheit und das freundliche, leistungsbereite Wesen, welches die Shagya-Araber zu idealen Freizeit-, Fahr- und Distanzpferden für gehobene Ansprüche machen."

ProPferd hat sich zu Ursprung und Zukunft des Shagya-Arabers mit dem steirischen Shagya-Araber Züchter Karl Hemmer unterhalten, dessen persönliche Lebensgeschichte eng mit den Shagya-Araber Pferden verbunden ist.

ProPferd: Karl, du und deine Familie, ihr seid seit Jahrzehnten dem Shagya-Araber verbunden – woher kommt diese Leidenschaft?

Karl Hemmer: Ich bin mit Pferden aufgewachsen, zu Hause und beim Großvater, der Fuhrwerker war. Ein Pony führte mich in die Welt des Reitens ein und später, als ich mir dann ein größeres Pferd anschaffen wollte, bin ich mit einem Araber-Fohlen namens Nofretete nach Hause gekommen. In Ermangelung eines Reitpferdes verbrachte ich viel Zeit mit meinem Fohlen und interessierte mich auch für ihre Herkunft. Der Abstammungsnachweis wies sie als „Shagya-Araber“ aus und ich begann mich für die Rasse im Detail zu interessieren.

Nofretete war intelligenter und zutraulicher als alle anderen Pferde, mit denen ich bislang zu tun hatte – und so lernten ich und meine Familie diese Rasse besonders zu lieben und schätzen. Eine Faszination, die uns seit 25 Jahren nicht los gelassen hat.

ProPferd: Kannst du uns ein wenig in die historische Entwicklung der Shagya-Araber Zucht einführen?

Karl Hemmer: Die heute Shagya-Araber genannte Rasse entstand vor etwas mehr als 200 Jahren. In der Zeit der k.u.k. Monarchie wollte man ein Pferd züchten, das die Vorzüge des damaligen Wüstenarabers (Ausdauer, Härte, Genügsamkeit) und die Anforderung der europäischen Reitkultur, wie größeren Rahmen und besseres Gangvermögen in sich vereinigte.

Dies ist in groben Zügen auch schon das Zuchtziel, dass man sich seinerzeit bei der Gründung der Militärgestüte Radautz (im heutigen Rumänien) mit dem dazugehörigen Gestüt Piber und des königlich-ungarische Staatsgestütes Mezöhegyes mit dem Gestüt Babolna setzte.

Die Chronik beschreibt arabisierte Landstuten als Ausgangsbasis der Zucht. Diese führten aufgrund Grund der durch die Jahrhunderte hindurch stattgefundenen Türkeneinfälle, vielfach orientalisches Blut. Als Beschäler wurden von kaiserlichen Einkaufskommissionen angekaufte Hengste aus den Wüstengebieten herangezogen.
Die größte Bedeutung erlangte zweifellos der 1830 bei den Beni Saher Beduinen in der syrischen Wüste gezogene und 1836 angekaufte Honigschimmel mit dem Namen „Shagya“. Sein Einfluss war so groß, dass man diese Araberrasse 1978 nach ihm benannte. Daher der Name „Shagya-Araber“.

Die Folge einer konsequenten Selektion war, dass nicht nur die kaiserliche Garde ausschließlich mit hochedlen, aber trotzdem großrahmigen und kräftigen Pferden dieser Rasse ausgestattet wurden, auch die Gespanne rekrutierten sich aus diesen, weshalb man sie auch heute noch als „Des Kaisers Pferde“ bezeichnete.

Aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein, dass diese Rasse "Shagya-Araber" heißt und nicht "Shagya". Wie vorher beschrieben, war der Honigschimmelhengst "Shagya" auf Grund seines Einflusses innerhalb dieser Rasse der Namensgeber und gründete neben anderen Originalaraber Hengsten wie z.B.: Gazal, O'Bajan, Koheilan, Siglavy Bagdady, Mersuch, Hadban und Anderen einen eigenen Hengststamm.

Der Shagya-Araber ist neben dem Huzulen, Lipizzaner und Noriker als gefährdete Nutztierrasse anerkannt und mit Mitteln der Europäischen Union gefördert.

ProPferd: Was zeichnet deiner Meinung nach den Shagya Araber besonders aus und wo siehst du seinen Platz heute?

Karl Hemmer: Der Shagya-Araber ist ein sehr intelligentes, arbeitswilliges Pferd, das sehr schnell  lernt. Er bietet sich in sehr vielen Disziplinen bis zu einem gewissen Niveau sehr gut an. Man kann mit ihnen in der Dressur, im Springen und in der Vielseitigkeit ganz gut bis zur Klasse L mitreiten und auch gewinnen. Einige Pferde schaffen es bei guter Ausbildung sogar bis S. Dasselbe gilt auch vor der Kutsche. Im Distanzreiten sind sie Weltmeister. Neben den sportlichen Eigenschaften sehe ich diese Rasse als ehrliches und aufrichtiges Familienpferd, mit denen man sehr viel Freude und Spaß haben kein. Als zweifacher Familienvater kann ich dies mit ruhigem Gewissen bestätigen.

ProPferd: Deine Zuchtphilosophie?

Karl Hemmer: Da diese Rasse "Shagya-Araber" heißt, will ich in erster Linie ein arabisches Pferd aus gut 20 m erkennen, ohne dass man es dazusagen muss. Im Rahmen und Größe sollte es sich innerhalb der Rahmenzuchtbuchordnung bewegen. Das Stockmaß sollt zwischen 150 und 160cm sein. Die Farbe ist für uns nicht wichtig, vielmehr der Charakter, die Leistungsbereitschaft und die vielseitige Einsetzbarkeit. Sei es unter dem Sattel oder vor dem Wagen.

ProPferd: Gibt es für dich ein besonders Pferd in deinem Leben? Bitte erzähle uns mehr davon…

Karl Hemmer: Ohne die anderen Pferde in den Hintergrund zu stellen, war es die 1991 geborene Fuchsstute "Nofretete". Eine überaus intelligente aber auch sehr sensible Stute. Mit ihr hatten wir alle Höhen und Tiefen eines gemeinsamen Pferdelebens erlebt. Von der Geburt ihrer Fohlen, darunter drei gekörte Söhne, unterwegs auf diversen Fuchsjagden unter dem Sattel oder im Zweispänner mit Ihrem Sohn "Geydan" vor der Kutsche. Unser Sohn Michael hat auf ihr reiten gelernt. Bis hin zu einem schweren Autounfall, hier flog sie über ein Autodach, das uns (ihr) 16 Tage Klinikaufenthalt "bescherte". Ihr 1996 geborener, gekörter und leistungsgeprüfter Sohn "Geydan" wurde 1999 Junioren-Europachampion. Seine Kinder konnten schon zahlreiche Klassensiege und Championate gewinnen.
Zum krönenden Abschluss brachte "Nofretete" uns 2011 das braune Hengstfohlen "Kohekon", das dem erloschen geglaubten Stamm des "Kuhaylan Zaid" angehört. Leider mussten wir, wie es auch dazugehört, im Winter 2011 "Nofretete" auf die immergrüne Weide galoppieren lassen.

So schlimm es damals für uns alle war, war es dann um so schöner, als Ende Mai 2016 in Nofretetes Box – ihr Namenschild ist immer noch dort – ein Stutfohlen von "Kohekon" aus einer "Geydan-Tochter", das Licht der Welt erblickte.

ProPferd: Danke für das Gespräch!

Karl Hemmer Betreibt mit seiner Familie in Stainz in der Steiermark einen familiären Shagya-Araber Zuchtbetrieb (www.shagyaaraber-hemmer.at)

Das Interview mit Karl Hemmer führte Daniela Vadehra.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen