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Studie: Pferd und Reiter sollten dieselbe ,Händigkeit' haben
13.08.2016 / News

Wenn Pferd und Reiter dieselbe Händigkeit haben, ist die Koordination besser und die Zügelspannung gleichmäßiger, so deutsche Forscher.
Wenn Pferd und Reiter dieselbe Händigkeit haben, ist die Koordination besser und die Zügelspannung gleichmäßiger, so deutsche Forscher. / Archivfoto: Julia Rau

Deutsche Wissenschaftler fanden heraus: Wenn Pferd und Reiter dieselbe Händigkeit haben, ist die Zügelspannung beim Reiten gleichmäßiger und die Koordination besser.

 

Pferde haben – wie viele andere Säugetiere auch – eine stärkere bzw. bessere Seite, sind also ebenso wie der Mensch Rechts- oder Linkshänder. Dieses Phänomen – wissenschaftlich als ,Lateralität' bezeichnet – ist in den letzten Jahren immer stärker in den wissenschaftlichen Focus gerückt, und mit zunehmenden Wissensstand wird immer deutlicher, welch große Bedeutung die ,Händigkeit' eines Pferdes auf sein Lernverhalten, seine Ausbildung und seine Leistungsfähigkeit hat bzw. haben kann. Auch der Frage, wie man am effektivsten die ,Händigkeit' eines Pferdes bestimmen kann, haben sich bereits mehrere Forschungsprojekte gewidmet  (siehe auch unseren Bericht dazu).

Die deutschen Wissenschaftler Sandra Kuhnke von der Universität Kassel sowie Uta König von Borstel von der Universität Göttingen haben sich bereits in mehreren Studien mit der Frage der Lateralität bei Pferden beschäftigt – und ihre jüngste Arbeit stellten sie im Rahmen einer mündlichen Präsentation bei der ISES-Konferenz (ISES = International Society for Equitation Science) von 23.–25. Juni im französischen Saumur unter dem Titel „A comparison of rein tension with methods to determine equine laterality" vor.

In ihrer Untersuchung wurden insgesamt zwölf Warmblutpferde im Alter zwischen 7 und 23 Jahren unter zehn rechtshändigen Reitern getestet. Im Zentrum standen zwei wesentliche Fragen: Wie kann man die Händigkeit eines Pferdes überhaupt bestimmen – und 2) welchen Einfluss hat die Händigkeit von Pferd und Reiter auf die beim Reiten angewendete Zügelspannung? Die Zügelspannung wurden mit einem Zügeldruck-Messgerät erhoben.

Um die Händigkeit der Pferde zu bestimmen, wurden mehrere Tests mit ihnen durchgeführt. So wurde etwa untersucht, welches Vorderbein beim Grasen bzw. beim Fressen aus einem Eimer bevorzugt nach vor geschoben wird, mit welchem Auge bevorzugt neue, unbekannte Objekte betrachtet werden oder auf welche Seite die Hinterhand eher verlagert wird, wenn das Pferd mit parallelen Hinterbeinen steht. Wie sich herausstellte, brachten die durchgeführten Tests nicht wirklich befriedigende Ergebnisse – kaum eines der getesteten Verfahren konnte zuverlässig bestimmen, welche Händigkeit ein Pferd hat. Am effektivsten stellte sich die Beurteilung des Reiters heraus, nachdem er das Pferd geritten hatte – dieser konnte nach dem Reiten diverser Dressurlektionen mit hoher Zuverlässigkeit angeben, welche Seite die bessere bzw. stärkere bei dem jeweiligen Pferd war: „Der beste Test ist es wohl, einen erfahrenen Reiter zu fragen, der das Pferd gut kennt", so Sandra Kuhnke gegenüber dem Portal TheHorse.com.

Nach der Bestimmung der Händigkeit wurde die von den Reitern angewendete Zügelspannung in allen Gangarten gemessen – und hier zeigte sich, wie schon in vorangegangenen Studien, daß die Händigkeit von Pferd und Reiter einen erheblichen Einfluss auf die Zügelspannung hatte: Pferd-Reiter-Kombinationen mit derselben Händigkeit waren besser koordiniert und zeigten einen gleichmäßigeren Zügelkontakt. Die durchschnittliche Zügelspannung – und zwar in beiden Zügeln – war bis zu doppelt so hoch, wenn die ausnahmslos rechtshändigen Reiter linkshändige Pferde unter dem Sattel hatten.

Auf ihrer ,besseren' Seite erwiesen sich die Pferde offenkundig als feinfühliger – die Zügelspannung war bei rechtshändigen Pferden am rechten Zügel gleichmäßiger, ebenso bei linkshändigen Pferden auf dem linken Zügel.

Die rechtshändigen Reiter ritten linkshändige Pferde generell mit mehr Zügelspannung und wendeten insbesondere mit ihrer rechten Hand mehr Kraft in beiden Richtungen an. Sie schienen in beiden Richtungen insgesamt weniger gut koordiniert zu sein als auf rechtshändigen Pferden.

Das Resümee der Forscher fiel daher eindeutig aus: „Die Händigkeit von Pferden und Menschen hat, ebenso wie die Erfahrung und der Ausbildungsgrad des Reiters, deutlichen Einfluss auf die beim Reiten angewendete Zügelspannung. Die Zügelspannung war bei Pferd-Reiter-Kombinationen mit derselben Händigkeit deutlich gleichmäßiger, was bei Training und Ausbildung ebenso vorteilhaft sein sollte wie für das Wohl des Pferdes insgesamt."

Die Studie „A comparison of rein tension with methods to determine equine laterality" von Sandra Kuhnke und Uta König von Borstel wurde auf der Konferenz der Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaften (ISES) von 23.–25. Juni 2016 in Saumur/FRA mündlich präsentiert. Sämtliche Vorträge stehen hier zur Ansicht und zum Download zur Verfügung (in englischer Sprache).

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