News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Frankreichs Weinbauern entdecken das Arbeitspferd neu
16.08.2016 / News

Arbeitspferde erleben gerade eine Renaissance – auch unter französischen Weinbauern.
Arbeitspferde erleben gerade eine Renaissance – auch unter französischen Weinbauern. / Foto: Österreichische Interessensgemeinschaft Pferdekraft/ÖIPK

In Frankreichs Weingärten sind immer öfter Arbeitspferde statt Traktoren im Einsatz: Viele Winzer schwören auf die tierischen Pferdestärken, weil dies den Böden und der Qualität des Weines gut tut.

 

Der französische Weinbau gilt als der beste der Welt – und der Wein als nationales Kulturgut, das man mit Stolz hegt und pflegt. Damit das so bleibt und man seine internationale Spitzenstellung behaupten kann, ist man ständig auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeit bei Anbau, Veredelung und Qualität. Dabei sind, wie der renommierte Önologe Gilles de Revel von der Universität Bordeaux kürzlich in einem Interview mit TheLocal.fr erklärte, aktuell zwei große Trends zu beobachten, und zumindest einer ist höchst erstaunlich: Es wird vermehrt biologischer Weinbau forciert (was wenig überrascht) – und es werden immer mehr Arbeitspferde eingesetzt.

Der Trend zum Einsatz von Arbeitspferden in französischen Weingärten habe, so de Revel, vor gut zehn Jahren begonnen – einer der Pioniere dieser Renaissance, noch dazu mit dem passenden Namen, war der angesehene Winzer Dominique Leandre-Chevalier. Dieser setzte Pferde bereits kurz nach der Übernahme des väterlichen Betriebs im Jahr 1985 ein – und schwört bis heute auf die positiven Auswirkungen dieser Maßnahme. Sein Weingut – Chateau Le Queyroux – in der bekannten Médoc-Region liegt an der Gironde-Bucht, unweit der Stadt Anglade, und existiert bereits seit 1895, als Pferde zur Bewirtschaftung der Weingärten noch allgemein gebräuchlich waren. Zum Gut gehörten auch Landflächen auf der Insel Patiras – und die Pferde mussten mit dem Kahn dorthin gebracht werden.

Nach dem Unfall-Tod seines Vaters beschloss Leandre-Chevalier, die alte Tradition der Arbeitspferde wieder aufleben zu lassen, um sich das Wissen seiner Vorfahren „wieder anzueignen". Der große Vorteil von Pferden gegenüber Traktoren ist, daß sie einen erheblich leichteren „Fussabdruck" haben und daher den Boden viel weniger verdichten. Dazu braucht man keine großartige Wissenschaft, wie auch Gilles de Revel bestätigt: „Pferde verursachen deutlich weniger Bodenverdichtung, daher kann das Erdreich weiter atmen."

Zu starke Bodenverdichtung – verursacht u. a. durch große, schwere Maschinen und Traktoren – zählt weltweit zu den größten Problemen der Landwirtschaft: Die häufig irreversible Schädigung führt dazu, dass das Erdreich immer weniger luft- und wasserleitfähig wird, daß das Bodenleben insgesamt abnimmt, Mikroorganismen absterben und organische Substanzen reduziert werden.

Leandre-Chevalier hat aber nicht nur auf Pferde, sondern auch auf besonders intensiven Anbau gesetzt: Er konzentrierte sich auf eine Fläche von nur drei Hektar – also nur ein Viertel des ursprünglichen Familienbesitzes – und verzehnfachte die Bestockungs-Dichte (von 3.500 Rebstöcken auf bis zu 33.000 pro Hektar), während viele andere Winzer nur 10.000 bis 11.000 Stöcke pro Hektar pflanzen. Auch darin folgt er seinen Vorfahren: „Man hat das auch in früheren Jahrhunderten so gemacht – und hat den Anbau auf zwei oder drei kleine Gebiete innerhalb eines Betriebes konzentriert, um die Kraft der Stöcke zu bewahren." Beim Anlegen der Kulturen dachte er sich übrigens auch ein besonders originelles und malerisches ,Layout' für einen der Weingärten aus, nämlich konzentrische Kreise anstatt gerader Linien.

Leandre-Chevalier war in vielerlei Hinsicht ein Wegbereiter – mittlerweile sind Hunderte französische Winzer in Bordeaux, im Burgund und im Loire-Tal seinem Beispiel gefolgt und setzen Arbeitspferde zum gänzlichen oder teilweisen Pflügen ihrer Weingärten ein. Die Vorzüge der Pferde haben sich sogar bis zu einigen der ganz Großen herumgesprochen: So verwendet auch das legendäre Chateau Latour in Paulliac – eines der berühmtesten Weingüter der Welt – mittlerweile Pferde in einigen seiner Weingärten.

Aber auch viele einfache Winzer schwören mittlerweile auf die sanften Riesen zwischen ihren Rebstöcken. Eine von ihnen ist Fiona Beeston, die ein Weingut von etwas weniger als drei Hektar Größe in der Chinon-Region im Loire-Tal bewirtschaftet. Für sie war vor allem die Ruhe und Beschaulichkeit, die das Pferd während der Arbeit ausstrahlt, eine echte Entdeckung: „Man ist hinter dem Pflug zwar ein ganzes Stück von den Ohren des Pferdes entfernt – aber man muss nur leise flüstern: ,Links' oder ,Einen Schritt zurück', und sie hört es und führt es mit unglaublicher Sanftmut aus." Für den Einsatz von Pferden spricht für sie nicht nur das Problem der Bodenverdichtung, sondern auch ein anderer Umstand: Traktoren schädigen durch ihre Vibrationen auch die empfindlichen Wurzeln der Rebstöcke, was deren Lebensdauer verkürzt. „Und bei Pferden stirbt auch nie der Motor ab", fügt sie lachend hinzu.

In Österreich beschäftigt sich die Interessensgemeinschaft Pferdekraft mit dem Einsatz von Arbeitspferden in der Land- und Forstwirtschaft und bietet auf ihrer Website www.pferdekraft.at umfassende Informationen, Weiterbildungen, Veranstaltungs-Tipps etc. an.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen