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Bittere Rio-Bilanz: Österreich reitet hinterher
25.08.2016

Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd.at.
Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd.at. / Archivfoto: Petr Blaha

Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro sind vorbei – und Österreichs Bilanz fällt einmal mehr bescheiden aus: Zwar war es keine komplette „Nullnummer" wie vier Jahre zuvor in London, aber mit einer einzigen Bronzemedaille für die Nacra-17-Segler Thomas Zajac und Tanja Frank war die Medaillen-Ausbeute eine der schwächsten in Österreichs Olympia-Geschichte, wie eine Statistik von APA und ORF (in diesem Beitrag zu sehen) zeigt. Nur in Tokio 1964 und London 2012 lief es noch schlechter – da kehrte Österreich ganz ohne Medaille heim.

Noch wesentlich ernüchternder ist eine andere Statistik, auf die vor wenigen Tagen die Tageszeitung Kurier in einem lesenswerten Beitrag hingewiesen hat und in der die Medaillen-Erfolge in Relation zur Einwohnerzahl gesetzt wurden. Dabei zeigt sich, daß vergleichbar große Länder wie etwa Dänemark (15 Medaillen), Schweden (11 Medaillen), Kroatien (10 Medaillen), Tschechien (10 Medaillen) oder die Schweiz (7 Medaillen) erheblich besser abgeschnitten haben als Österreich. Auch unsere vermeintlich „kleinen" Nachbarländer wie die Slowakei und Slowenien lagen (mit jeweils 4 Medaillen) in der Medaillenbilanz vor uns, ebenso Kleinstaaaten wie die Bahamas (325.000 Einwohner – 2 Medaillen), die Fidschi-Inseln (900.000 Einwohner – 1 Silbermedaille) oder Grenada (110.000 Einwohner – 1 Silbermedaille). Insgesamt gelang 43 Ländern mit zwölf Millionen oder weniger Einwohnern mindestens eine Medaille – 35 davon schnitten besser ab als Österreich, so die Recherchen des Kurier.

Die Erfolge von Ungarn – das sich mit insgesamt 15 Medaillen (8 Gold, 3 Silber, 4 Bronze) an 12. Stelle der Medaillenbilanz setzen konnte – kann man als österreichischer Sport-Fan ohnehin nur mit staunender Bewunderung betrachten, ganz zu schweigen von Neuseeland, das mit 4,4 Millionen Einwohnern nur halb so groß ist wie Österreich, aber ein sportlicher Riese ist und mit insgesamt 18 Medaillen (4 Gold, 9 Silber, 5 Bronze) auf dem bemerkenswerten 19. Rang im Medaillenspiegel geklettert ist (in dem Österreich auf Platz 78 rangiert). Noch dazu wurden die Medaillen in acht verschiedenen Sportarten erzielt – und im Reiten schrammte man an Bronze in der Team-Vielseitigkeit nur hauchdünn vorbei. Wie, bitteschön, machen das die Neuseeländer?

Eines wird angesichts des Beispiels dieser beiden Länder jedenfalls deutlich: Sportliche Erfolge sind keine Frage der Einwohnerzahl oder des Geldes. Es ist auch weder hilfreich noch fair, diese Frage auf der Ebene des individuellen Sportlers zu führen und diesen, wie das leider im öffentlichen Diskurs immer wieder geschieht, jegliche Siegermentalität abzusprechen: Ohne Zweifel ist jeder Athlet bemüht, immer sein Bestes zu geben – und sicher ist niemand nach Rio mit dem Vorsatz gefahren, dort einen gemütlichen Wettkampf zu absolvieren und ansonsten die Zeit in den Bars und Clubs der Copacabana zu verbringen. Jeder Sportler will gewinnen und setzt nicht nur seinen Willen und sein Herzblut, sondern auch seine physische Gesundheit ein, um mit den Besten der Welt mitzuhalten – das sollte man gerade in Österreich nicht vergessen, in dem erst kürzlich zwei junge Athletinnen für diesen Einsatz einen hohen gesundheitlichen Preis bezahlt haben.

Das wahre Problem des österreichischen Sports liegt auf einer anderen Ebene – nämlich im Sport-Management und in der Sport-Politik. Seit Jahrzehnten wird in Österreich eine völlig undifferenzierte Förder-Politik betrieben, in der kaum konkrete Ziele oder sportliche Mindest-Vorgaben formuliert werden, die Förder-Millionen aber Jahr für Jahr nach dem Gießkannen-Prinzip auf die Verbände herabrieseln. Wie schon an anderer Stelle beschrieben, werden in Österreich jedes Jahr ca. 130 Millionen Euro für die Sportförderung aufgewendet, in einer weitgehend undurchschaubaren Struktur und ohne effiziente Kontrolle. Man gibt und administriert, anstatt zu kontrollieren und zu gestalten – die Förder-Millionen sind für viele Verbände längst ein zuverlässiger und willkommener Einnahmen-Posten im Budget, und nur die wenigsten betrachten sie als Anreiz oder gar als Auftrag für gezielte Leistungsförderung. Die vom damaligen Sportminister Darabos 2012 angestossene Reform der Sportförderung ist über zaghafte Ansätze nicht hinausgekommen – am grundlegenden Problem hat sich nichts geändert.

Der OEPS ist ein perfektes Beispiel dafür. Auch hier gibt es – wie bei den meisten Sportverbänden – ein zunehmendes Missverhältnis zwischen den sportlich zählbaren Ergebnissen bei Olympischen Spielen und dem üppigen Subventions-Regen, den man empfängt. Olympische Medaillen gab es zuletzt 1992 durch die Springreiter (Mannschafts-Silber in Barcelona), seither hat man in manchen Sparten zusehends den Anschluss an die Weltspitze verloren – Rio war diesbezüglich mit nur einer einzigen entsandten Reiterin (Victoria Max-Theurer in der Dressur) ein historischer Tiefpunkt. Doch mit umso größerem Geschick studiert man die geltenden Förder-Richtlinien und sichert sich jedes Jahr ein großes Stück des vorbereiteten Subventions-Kuchens – im Jahr 2016 insgesamt mehr als 900.000,– Euro.

Aber anstatt die vortreffliche finanzielle Lage des Verbandes für eine sportliche Offensive zu nutzen, investiert man lieber in Immobilien, gibt jährlich 120.000,– Euro für Öffentlichkeitsarbeit aus und leistet sich ein offizielles Mitteilungsblatt, das jährlich mit 500.000,– Euro Verbandsbeiträgen gestützt wird. Das alles ist locker drin und finanziell gar kein Problem – nur: Mit einer konkreten Förderung des Spitzensports bzw. der heimischen Top-ReiterInnen hat das alles rein gar nichts zu tun. Olympiamedaillen werden weder das schöne Verbandsgebäude in Laxenburg noch die Lobeshymnen auf die Verbandsarbeit im Zentralorgan bringen – die Konsequenz ist nur, daß für den eigentlichen Sport immer weniger Geld zur Verfügung steht.

Ändern kann dies alles nur die Politik – sie allein hat zumindest die theoretische Möglichkeit, die Verbände in die Pflicht zu nehmen und das derzeitige Verbands- und Funktionärsparadies in eine leistungs- und erfolgsorientierte Struktur zu verwandeln. Sportminister Hans Peter Doskozil scheint dazu bereit und hat in einem Interview mit der Tageszeitung ,Die Presse' eine radikale Umgestaltung der Sportförderung in Aussicht gestellt: Die Spitzensportförderung solle entpolitisiert und künftig in einer von Experten geführten GmbH zusammengefasst werden. Doch ähnliche Töne hat man nach London 2012 auch von Sportminister Norbert Darabos gehört – doch seine Offensive blieb im Treibsand der Politik und der Funktionäre stecken. Man wird sehen, ob es Minister Doskozil besser macht – dem österreichischen Sport und den österreichischen Sportlern wäre es zu wünschen, meint
Ihr
Leopold Pingitzer

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Kommentare

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3) Männlein: Die Fragestellung ist, wieso stellt sich kein Erfolg ein. Den Subventionen sind ja da, gefördert wird ja.
Im Reitsport sind wir mit hinteren Plätzen zufrieden. Das kann nicht sein, wenn man in die 70-80 Jahre zurück geht da hatten wir Erfolge, obwohl sich die Reiter großteil die kosten für die Ausbildung der Pferde selbst bezahlten um Kurse bei Ines von Badewitz oder Palmer oder Fritz Jandrey zu machen.
Seid Jahren sind auch keine großen Reiter mehr da, wie zum Beispiel, Springsport Thomas Frühmann, Hugo Simon, Dressur Elisabeth Theurer, Vielseitigkeit Rolf Otto Schmidt, Fritz Resch, Ferdinand Croy...
Diese Personen hatten sicher noch nicht diese übige Förderung die es heute gibt.
Freude kann nur mit unseren Behindertensportlern sein, die ein wahres Feuerwerk auslösen mit Ihren Medailien.
Grandios Beppo Puchner mit seinem Pferd.
Hoffentlich kommt nun etwas Bewegung in das Förderchaos der Politik, der Prominez deren Vergabe von Geldmitteln nun besser kontrolliert werden könnten, nach dem die nicht Behindertensportler mit ihren Leistungen zufrieden sind.
Montag, 26. September 2016
2) HoPaReiter: Warum sollte es auch im Sport anders sein als bei den meisten anderen Dingen in Österreich ... Treibsand trifft es sehr gut, danke für den Artikel!
Mittwoch, 31. August 2016
1) conversanotimbro: Die meisten Verbandsfunktionäre sehen das natürlich nicht so und orten in diesen Berichten Unterstellungen, Feindseligkeiten und so weiter.........Seit den 1990 Jahren wird so eine Diskussion immer wieder geführt. Es gab Zwischenzeitlich nur kurzes Aufflackern von Sparten , was aber aber von den neidischen Altfunktionären erfolgreich sabotiert wurde. Leo Pingitzer hat das sicherlich noch alles in guter oder trauriger Erinnerung - war er doch damals für das heute berechtigt zitierte - kritisierte Mitteilungsorgan (!!!) tätig. Auch der mom sehr aktive neue Sportminister wird sich an diesen Personen die Zähne ausbeissen - Wetten ?????????????
Sonntag, 28. August 2016
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