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USA: Regierungsbehörde will bis zu 45.000 Mustangs töten
13.09.2016 / News

Mustangs in Gefahr? Der BLM-Beirat für das Wildpferde- und Esel-Programm möchte 45.000 Tiere loswerden – egal wie.
Mustangs in Gefahr? Der BLM-Beirat für das Wildpferde- und Esel-Programm möchte 45.000 Tiere loswerden – egal wie. / Foto: Fotolia/Ronnie Howard

In den USA spitzt sich die Situation um die Mustangs bedrohlich zu: Der für das Wildpferde- und Esel-Programm zuständige BLM-Beirat hat sich letzte Woche für dramatische Maßnahmen ausgesprochen.

 

Wie die Tageszeitung ,Elko Daily' berichtet, hat sich der für Wildpferde und Esel zuständige Beirat der Regierungsbehörde BLM (Bureau of Land Management = Landverwaltungsamt) für weitreichende Maßnahmen ausgesprochen, um die aktuelle Krisensituation rund um Amerikas Wildpferde-Populationen in den Griff zu bekommen. Der Beirat empfiehlt, „sämtliche in Frage kommenden Tiere, die kurz- oder langfristig von der BLM versorgt werden, ohne preisliche Untergrenze zu verkaufen oder sie einschläfern zu lassen. Diejenigen Tiere, die sich als unverkäuflich herausstellen, sollten auf möglichst humane Art und Weise getötet werden."

Als letzten Freitag (9. September 2016) diese Beirats-Empfehlung bekannt wurde, schrillten bei Tierschutzorganisationen und Pferderechts-Aktivisten die Alarmglocken. Die HSUS (Humane Society of the United States), die größte und mitgliederstärkste Tierschutzorganisation der USA, verurteilte noch am gleichen Tag das Vorhaben der Regierungsbehörde BLM und rechnete vor, daß dies den Tod von zehntausenden Pferden bedeuten würde: „Die Entscheidung des BLM-Beirats, die Tötung von 45.000 Wildpferden zu empfehlen, die derzeit in BLM-Einrichtungen betreut werden, ist eine völlige Zurückweisung jeglicher Verantwortung für deren Obsorge. Die BLM wäre nicht in der derzeitigen Notlage, wenn sie nicht über Jahrzehnte hinweg Missmanagement betrieben hätte. Alternativen zu diesem Vorschlag werden seit 20 Jahren konsequent ignoriert. Die HSUS ist jederzeit bereit, diese Alternativen in die Tat umzusetzen."

Die HSUS kritisierte insbesondere, daß die Behörde in den letzten 20 Jahren stur bei ihrer Strategie geblieben ist, die Wildpferde in sogenannten ,round-ups' zusammenzufangen und aus ihren ursprünglichen Lebensräumen zu entfernen – was letztlich dazu geführt hat, daß das Wildpferde- und Esel-Programm heute unfinanzierbar geworden ist. Indem ständig neue Pferde eingefangen wurden, ohne die in Freiheit verbliebenen Herden irgendeiner Art von Populationskontrolle zu unterwerfen, sind die von der BLM betriebenen Pferdehöfe und Großweiden mittlerweile heillos überlastet und verschlingen immer mehr Geld. Parallel dazu standen für die Betreuung der Pferde in freier Wildbahn immer weniger Mittel zur Verfügung: Die HSUS hat seit Jahren vergeblich gefordert, ein nachhaltiges Programm zur Fruchtbarkeitskontrolle in sämtlichen westlichen Bundesstaaten einzuführen.

Dass die aktuelle Situation dramatisch ist, war Insidern seit langem bekannt. Erst im Juni dieses Jahres hatte BLM-Direktor Steve Ellis vor Kongress-Abgeordneten in Washington die krisenhafte Lage bestätigt und auf die akute Finanznot seiner Behörde hingewiesen: Die BLM betreibe im Rahmen des Wildpferde- und Esel-Programms insgesamt 177 offizielle Pferde-Reservate (herd management areas) in zehn westlichen Bundesstaaten, auf denen die Pferde frei leben. Diese Flächen sind lt. BLM-Schätzungen für einen Bestand von rund 26.700 Tiere ausreichend – tatsächlich lebten aber zum Stichtag 1. März 2016 mehr als 67.000 Wildpferde und Esel (55.300 Wildpferde, 11.700 Esel) darauf – und allein 2016 dürften rund 10.000 Fohlen dazukommen.

Lange Jahre war es die Strategie der BLM, überzählige Wildpferde einzufangen, sie auf großen Pferdehöfen oder umzäunten Weiden zu halten und zu verkaufen. Doch es wurde immer schwieriger, für die Mustangs Abnehmer zu finden: Wurden im Durchschnitt der letzten zehn Jahre noch ca. 6.700 Tiere pro Jahr verkauft, so waren es 2015 nur noch 2.500 – was dazu beitrug, daß die Bestände auf den BLM-Pferdehöfen und -Weiden immer größer wurden: 2016 muss die BLM bereits 45.000 Pferde in Gefangenschaft versorgen (14.700 auf Farmen, 31.000 auf umzäunten Weiden) und dafür im Vorjahr bereits 49 Millionen US-Dollar aufwenden, das sind nahezu zwei Drittel des Gesamtbudgets des Wildpferde- und Esel-Programms. Auch deshalb steht immer weniger Geld für andere Maßnahmen zur Verfügung, selbst das Einfangen von Wildpferden in größerer Zahl – was theoretisch notwendig wäre – ist nicht mehr finanzierbar.

Mit anderen Worten: Die BLM steckt in einer Sackgasse – und sitzt mittlerweile auf einem riesigen Bestand von über 100.000 Pferden und Eseln, die in freier Wildbahn oder in Gefangenschaft leben und die sie nicht mehr angemessen betreuen kann. Und dieser Bestand wächst Jahr für Jahr unaufhörlich. Angesichts der bedrohlichen Zahlen und der dramatischen finanziellen Lage verwundert es auch nicht, daß der zuständige Beirat für das Wildpferde- und Esel-Programm nun dramatische Maßnahmen fordert.

Ob diese aber auch tatsächlich umgesetzt werden, bleibt abzuwarten: Die BLM hat schon in der Vergangenheit immer wieder striktere Maßnahmen wie das Einschläfern oder das Schlachten von Pferden verlangt – durchgesetzt hat sie sich damit selten: Stets war der Widerstand von Tierschützern und Tierrechts-Aktivisten – eine mächtige Lobby in den USA – zu vehement.

Diesen Widerstand gibt es auch diesmal – zudem stehen Präsidentenwahlen vor der Tür, mit raschen Entscheidungen ist also kaum zu rechnen. Dennoch ist das Hauptproblem nach wie vor ungelöst: Amerika weiß in Wahrheit nicht, was es mit seinen Mustangs machen soll. Es verehrt einerseits die Mustangs als Ikonen der amerikanischen Freiheit, die unantastbar sein sollen – und ist andererseits nicht in der Lage, ihnen ein Leben in Würde und Freiheit zu sichern und eine sinnvolle, humane und nachhaltige Kontrolle seiner Wildpferde-Bestände durchzuführen. Die USA sind auch in dieser Frage offenbar eine zutiefst gespaltene Nation...

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