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Gold für Pepo Puch: „Das ist totaler Wahnsinn!"
15.09.2016 / News

Pepo Puch holte mit Fontainenoir Gold im Pflicht-Bewerb der Wettkampfklasse Ib.
Pepo Puch holte mit Fontainenoir Gold im Pflicht-Bewerb der Wettkampfklasse Ib. / Foto: FEI/Liz Gregg

Pepo Puchs Medaillentraum bei den Paralympics in Rio de Janeiro ist in Erfüllung gegangen – der Steirer holte sich gestern in Wettkampfklasse Ib die Goldmedaille vor dem Briten Lee Pearson und der Dänin Stinna Tange Kaastrup.

 

„Das ist ein totaler Wahnsinn", war Pepo Puch nach seinem Sieg außer sich vor Freude. In einem sportlich hochklassigen und enorm spannenden Pflicht-Bewerb war er mit Fonainenoir auf 75,103 % gekommen – das war der Sieg vor dem starken Briten Lee Pearson auf Zion (74,103 %) und der Dänin Stinna Tange Kaastrup auf Smarties, die 73,897 % erreichte. „Fontainenoir war wirklich gut, aber der Wind und einige schreiende Babys haben ihn abgelenkt, doch ich konnte seine Aufmerksamkeit zurückgewinnen. Er war auf meiner Seite", so ein überglücklicher Pepo Puch nach dem Bewerb. „Er war wirklich gut drauf und ich war einfach nur glücklich. Mit dem positiven Gefühl sind aber auch die Emotionen hochgekommen – und mit diesen Emotionen ist es nicht einfach, die Bewegungen meines Körpers zu kontrollieren. Aber er hat mir geholfen. Wir haben vier Jahre lang auf diesen Tag hingearbeitet – der erste Tag in London war auch der erste Tag meines Trainings für Rio."

Auch der zweitplatzierte Lee Pearson war mit Silber hochzufrieden – es war die 13. Medaille bei Paralympics in seiner Karriere, die bereits 2000 in Sydney begann. Er gratulierte Puch neidlos: „Ich glaube, daß heute der Beste gewonnen hat! Das Niveau ist sehr hoch – und ist seit London noch einmal angestiegen. Mein Ziel war es, eine Medaille zu gewinnen, und daher bin ich überglücklich."

Für eine dramatische Schrecksekunde hatte im Ib-Bewerb die Kanadierin Ashley Gowanlock gesorgt, deren Pferd Di Scansano beim Verlassen des Vierecks durchging und die Reiterin abwarf. Gowanlock wurde sofort ärztlich untersucht – es konnten vor Ort keine schweren Verletzungen festgestellt werden, doch als Vorsichtsmaßnahme wurde die Reiterin dennoch in eine Klinik gebracht, um weitere Untersuchungen durchzuführen.

Die Einzelbewerbe werden heute (Donnerstag, 15. September) mit den Wettbewerbsklassen Ia und II fortgesetzt, bei denen insgesamt noch drei Österreicher an den Start gehen, nämlich Michael Martin Knauder und Julia Sciancalepore im Grade Ia sowie Thomas Haller im Grade II: Wir halten die Daumen! Nach Ende der Pflichtbewerbe werden auch die Mannschafts-Medaillen vergeben.

Pepo Puch – ein Mann mit Träumen

Man könnte die reitsportliche Karriere von Pepo Puch in zwei Phasen unterteilen – in jene vor und in jene nach dem Unfall. Vor dem Unfall war der am 10. Jänner 1966 geborene Steirer nicht nur erfolgreicher Distanzreiter (u. a. Österreichischer Meister 1990 über 160 km und Teilnehmer bei der Distanz-WM in Stockholm, ebenfalls 1990), sondern auch Vielseitigkeitsreiter auf internationalem Top-Niveau, der an drei Europameisterschaften und einer Weltmeisterschaft (2006 Aachen) teilgenommen hat, 2005 beim Vier-Stern-Klassiker im britischen Badminton am Start war und 2004 für Kroatien bei den Olympischen Spielen in Athen dabei war. Pepo Puch zählte zur internationalen Spitze in der Vielseitigkeit – bis zu seinem Unfall.

Der Unfall – das war der schwere Sturz am 30. August 2008 bei der internationalen Drei-Sterne-Vielseitigkeitsprüfung in Schenefeld, der Puchs Leben nachhaltig verändern sollte. Der damals für Kroatien startende Österreicher trug beim Geländeritt eine sogenannte ,Airbag-Sicherheitsweste', und diese spielte bei dem Sturz eine verhängnisvolle Rolle, so Puch: „Mein Pferd stolperte und ich lehnte mich nach hinten, um das Stolpern auszusitzen. Dadurch wurde der mit dem Sattel verbundene Airbag meiner Schutzweste ausgelöst. Mit dem aufgeblasenen Airbag hatte ich somit keine Möglichkeit mehr, mich während des Fallens abzurollen und schlug steif mit der Stirn am Boden auf. Das Resultat – eine schwere Verletzung der Halswirbel im ungeschützten Bereich zwischen Helm und dem aufblasbaren Kragen der Airbagweste. Daher habe ich keine Angst, nach meinem Unfall wieder in den Sattel zu steigen."

Die erste Diagnose, die er noch im Rettungshubschrauber erhielt, war vernichtend: dritter und vierter Halswirbel gebrochen, vom Hals abwärts querschnittgelähmt. Doch später sagte ihm ein Arzt in Zürich den ermutigenden Satz: Es sei denkbar, daß er nicht für immer an den Rollstuhl gefesselt sein werde. Das war Puchs entscheidendes Stichwort – denn was denkbar ist, das ist auch machbar, so Puchs Lebensmotto. Er schöpfte neue Hoffnung – und begann zu kämpfen. Nach zwei Wochen schaffte er es, seinen linken großen Zeh wieder etwas zu bewegen, nach vier Monaten konnte er die Hand wieder zum Gesicht führen. Millimeter für Millimeter gewann Pepo Puch mit enormer Willenskraft und Disziplin wieder die Herrschaft über seinen Körper zurück. Entscheidende Fortschritte brachte ihm das Bewegungstraining mit dem Lokomat in einer Züricher Spezialklinik – und auch die Hippotherapie: „Zum Einen war es für mich eine Therapie, um meine Rumpfmuskulatur zu stärken und das Balancegefühl zu verbessern, zum Anderen war Pferdesport schon immer ein wesentlicher Teil meines Lebens."

Hippotherapie war das eine – doch bei Puch blieb es nicht dabei: Ehrgeizig, wie er war, entdeckte er im Behindertenreitsport auch eine neue sportliche Herausforderung. „Ich habe ein Ziel gebraucht", meint er später – und widmete sich fortan mit großer Begeisterung und Ernsthaftigkeit der Paradressur. Der zweite Teil von Pepo Puchs sportlicher Karriere ist nicht weniger eindrucksvoll als der erste – und zweifellos noch erfolgreicher: Er nahm bereits an drei Paradressur-Europameisterschaften für Österreich teil und holte dabei nicht weniger als drei Gold- und drei Silbermedaillen. Bei den Weltreiterspielen 2014 in der Normandie holte Puch mit Fine Feeling ebenfalls zwei Silbermedaillen. Bei den Paralympics 2012 in London trug Fine Feeling ihn nicht nur zu Bronze im Pflicht-Bewerb, sondern auch zu Gold in der Kür. Vier Jahre später ist es nun Gold in der Pflicht – und auch in der Kür zählt Puch zu den heißesten Medaillen-Anwärtern.

Gegenüber der Tageszeitung ,Der Standard' meinte Pepo Puch: „Ich bin aus dem kleinen Bergdörfl Oberzeiring und ich hatte Träume. Ich wollte einmal bei Olympia einmarschieren." Für Pepo Puch ist gestern ein weiterer Traum wahr geworden – und sein Lebensmotto könnte ab sofort wohl lauten: Was träumbar ist, das ist auch machbar! Wir ziehen den Hut – und gratulieren ganz herzlich zur Goldmedaille!

Viele weitere Infos zu Pepo Puchs Leben und Karriere findet man auf seiner Website!

Kommentare

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1) balubalu: Dem Steirerbuam Pepo herzliche Gratulation. Wirklich beeindruckend wie man sich trotz aller Rückschläge zu einer derartigen Leistung aufraffen kann. Mein vollster Repekt sei dir gewiss. Danke auch an Propferd für diesen sehr überisichtlichen und tollen Artikel der die Entwicklung von Pepo nochmals in den Vordergrund rückt.
Donnerstag, 15. September 2016
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