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Was hilft Pferden mit Sandkolik?
15.10.2016 / News

Sandablagerungen im Pferdedarm können zu schweren Koliken führen.
Sandablagerungen im Pferdedarm können zu schweren Koliken führen. / Foto: Redwings Horse Sanctuary

Finnische Wissenschaftler haben untersucht, welche Therapie die besten Heilungschancen bei Sandkolik verspricht. Die Ergebnisse waren überraschend.

 

In gewisser Weise ist es ein paradoxes Problem: Weil Pferde immer natürlicher gehalten werden – was ohne Zweifel positiv ist – und immer mehr Zeit auf der Koppel verbringen, steigt auch die Gefahr für eine unerwünschte Nebenwirkung – nämlich eine Sandkolik. Vor allem auf Weiden und Paddocks mit größerem Sandanteil sowie auf abgegrasten Winterweiden besteht die Gefahr, daß die Pferde immer wieder kleine Mengen von Sand mit dem Futter aufnehmen – etwa über die Heuaufnahme vom Boden aus oder wenn Graswurzeln ausgerissen und gefressen werden, an denen noch Erdreich haftet. So können sich – über Monate oder auch Jahre hinweg – im Darm Sandrückstände ablagern, die von einigen Pferden nicht auf natürlichem Weg ausgeschieden werden können. Diese Sandansammlungen können die Darmschleimhaut schädigen und Entzündungen sowie Schmerzen verursachen, betroffene Pferde können an Kotwasser sowie an Durchfällen leiden und deutliche Koliksymptome zeigen, auch ein verringerter Appetit und ein schlechter Ernährungszustand können Hinweise auf derartige Sandablagerungen sein. Bei starken Koliksymptomen ist eine Operation meist unumgänglich.

Unter den bisher üblichen Behandlungsmethoden bei Sandablagerungen im Darm nimmt die Gabe von indischen Flohsamenschalen (Plantago ovata) eine prominente Stellung ein – obwohl diese Therapie auch in Fachkreisen nicht unumstritten ist und durchaus unterschiedlich bewertet wird. Die Schalen der indischen Flohsamen quellen in Feuchtigkeit stark auf und bilden im Pferdedarm einen dicken, zähen Schleim, der in der Lage ist, die Sandkörner aufzunehmen und auszuscheiden. Auch an der Frage, in welcher Form die Flohsamenschalen verabreicht werden sollen – als Beigabe in die Futterration, in Wasser gelöst und mittels Nasenschlundsonde eingegeben bzw. eine Kombination beider Formen – haben sich die Geister geschieden, selbst wissenschaftliche Studien gelangten mitunter zu widersprüchlichen Ergebnissen.

In dieses Dunkel wollten nun finnische Wissenschaftler etwas Licht bringen: Ritva Kaikkonen, Kati Niinistö, Tiina Lindholm und Marja Raekallio haben in einer retrospektiven Studie die Krankenakten von insgesamt 1.097 Pferden und Ponys analysiert, die in den Jahren 2009 bis 2014 an zwei finnischen Pferdekliniken – nämlich der Veterinärmedizinischen Lehr-Klinik der Universität Helsinki sowie der privaten Evidensia Pferdeklinik in Oulu – mit Verdacht auf Kolik untersucht wurden. Die Wissenschaftler untersuchten die Röntgenaufnahmen sämtlicher Pferde und bezogen anschließend jene Pferde und Ponys in ihre Studie ein, die mehr als 75 cm2 Sand in ihrem Darm aufwiesen – das waren insgesamt 246 Tiere.

Wie die Forscher in der Zeitschrift ,Acta Veterinaria Scandinavica' beschreiben, teilten sie diese 246 Pferde in drei unterschiedliche Gruppen ein – je nach der gewählten Behandlungsmethode:

– Pferden der Gruppe 1 wurde zu Hause behandelt und erhielten eine kleine Menge Flohsamenschalen in die tägliche Futterration gemischt, und zwar 1 g pro kg Körpergewicht, und das über einen Zeitraum von mindestens 10 Tagen. Insgesamt wurden 57 Pferde mit dieser Therapie behandelt.

– Pferde der Gruppe 2 erhielten einmalig eine Flohsamen- bzw. Magnesiumsulfat-Lösung über eine Nasenschlundsonde in der Klinik verabreicht und wurden anschließend zu Hause mit einer definierten Menge Flohsamenschalen (1 g pro kg Körpergewicht) in ihrer Futterration über einen Zeitraum von mindestens 10 Tagen versorgt. Diese Behandlung erhielten insgesamt 19 Pferde.

– Pferde der Gruppe 3 wurden stationär aufgenommen und erhielten einmal pro Tag eine Flohsamen- bzw. Magnesiumsulfat-Lösung über eine Nasenschlundsonde, und das über einen Zeitraum von 3 bis 7 Tagen. Diese Behandlung erhielten insgesamt 170 Pferde.

Von jenen Pferden, die zu Hause behandelt wurden, wurden innerhalb von 40 Tagen nach der Behandlung neuerlich Röntgenaufnahmen gemacht – von jenen in stationärer Behandlung acht Tage nach Beginn der Behandlung. Die Behandlung galt als erfolgreich, wenn sich die messbaren Sandablagerungen auf weniger als 25 cm2 zurückgebildet hatten.

Die Auswertung der drei Behandlungsmethoden brachte ein deutliches Resultat – und zwar zugunsten der Therapiegruppe 3: Pferde dieser Gruppe hatten zum Kontrollzeitpunkt deutlich weniger Sand im Darm als die Pferde der Gruppen 1 und 2. „Die tägliche Verabreichung einer Flohsamen- bzw. Magnesiumsulfat-Lösung über eine Nasenschlundsonde über einen Zeitraum von 3 bis 7 Tagen ist in der Lage, große Ansammlungen von Sand im Darm des Pferdes effektiver zu entfernen, als dies bei der Zusatzfütterung mit Flohsamen für mindestens 10 Tage möglich ist. Mehr als die Hälfte der Pferde, die mittels Nasenschlundsonde behandelt wurden, können nach acht Tagen als geheilt eingestuft werden – während es bei den Pferden, die zu Hause mit Flohsamen-Futterzusatz behandelt worden waren, weniger als ein Drittel waren", so die Forscher in ihrem Resümee. „Obwohl es für die Besitzer teurer ist, das Pferd mehrere Tage für die täglichen Sonden-Behandlungen in der Klinik zu belassen, ist diese Behandlung effizienter und kann letztlich sogar kostengünstiger als die Futterzusatz-Gabe zu Hause sein, da die wiederholten Röntgenuntersuchungen und die längere Erholungsphase die Kosten deutlich erhöhen. Auch das Risiko, an einer Kolik zu erkranken, ist höher." Die einmalige Behandlung mittels Nasenschlundsonde und die anschließende Flohsamen-Zusatzgabe zu Hause (= Therapiegruppe 2) brachte keinerlei positiven Behandlungseffekt, so die Wissenschaftler abschließend.

Die Studie „„Comparison of psyllium feeding at home and nasogastric intubation of psyllium and magnesium sulfate in the hospital as a treatment for naturally occurring colonic sand (geosediment) accumulations in horses: a retrospective study" von Ritva Kaikkonen, Kati Niinistö, Tiina Lindholm und Marja Raekallio ist in der Zeitschrift ,Acta Veterinaria Scandinavica' 2016 erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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