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Unterschätzte Gefahr: Jeder vierte Pferdebesitzer entwurmt falsch
25.10.2016 / News

Schlechte Gewohnheiten: Viele Pferdebesitzer machen Fehler bei der Entwurmung ihrer Pferde – das zeigt eine aktuelle britische Umfrage.
Schlechte Gewohnheiten: Viele Pferdebesitzer machen Fehler bei der Entwurmung ihrer Pferde – das zeigt eine aktuelle britische Umfrage. / Foto: Archiv

Nach einer aktuellen Umfrage in Großbritannien entwurmen viele Besitzer ihre Pferde falsch: Vor allem kleine Blutwürmer (Strongyliden) werden häufig mit wenig wirksamen oder nicht zugelassenen Mitteln bekämpft.

 

Jedes Jahr erhebt der ,National Equine Health Survey' – eine nationale Umfrage zur Pferdegesundheit, durchgeführt von der Tierschutzorganisation Blue Cross mit Unterstützung der Fa. Zoetis – umfangreiche Daten zur Haltung und gesundheitlichen Versorgung von Pferden in Großbritannien. An der aktuellen Befragung des Jahres 2016 nahmen insgesamt 5.635 Pferdebesitzer teil und lieferten Daten zu insgesamt 16.751 Pferden. Der ,National Equine Health Survey' zählt zu den umfassendsten und wichtigsten Datenquellen für die britische Pferdeindustrie – er ermöglicht Einblicke in das tägliche Pflege- und Haltungs-Management und gibt Auskunft über aktuelle Entwicklungen und alte Gewohnheiten.

Ein wichtiger Teil der Erhebung betrifft die in der Praxis angewendeten Entwurmungs-Maßnahmen: Wie entwurmen britische Pferdebesitzer ihre Vierbeiner, wie oft entwurmen sie und welche Methoden und Mittel setzen sie dabei ein – all dies verrät die nationale Gesundheits-Umfrage. Und wie sich seit vielen Jahren zeigt, pflegen viele britische Pferdebesitzer dabei lieber alte Gewohnheiten, anstatt sich tierärztlichen Rat zu holen und neue Forschungsergebnisse zu berücksichtigen – und setzen ihre Pferde damit einem unnötigen gesundheitlichen Risiko aus.

Wie die Umfrage-Ergebnisse 2016 zeigen, gibt vor allem die Bekämpfung der weit verbreiteten kleinen Blut- bzw. Palisadenwürmer (kleine Strongyliden/Cyathostominae) Anlass zu Sorge. Denn dabei verwendet offenkundig ein beträchtlicher Teil der befragten Pferdebesitzer schlicht und einfach die falschen Waffen, sprich: untaugliche Entwurmungsmittel. Auf die Frage, mit exakt welchen Wurmkuren die Besitzer gegen die gekapselten kleinen Strongyliden (encysted small redworms = ESRW) vorgehen, gaben lediglich 68 % ein Produkt an, das tatsächlich wirksam ist – die verbleibenden 32 % gaben die Verwendung von Mitteln an, die entweder für diese Parasitenart in Großbritannien nicht zugelassen sind oder Resistenzen aufweisen.

Die kleinen Strongyliden zählen zu jenen Parasiten, die beim Pferd am häufigsten vorkommen und am schwersten zu bekämpfen sind. Sie sind deshalb besonders gefährlich, weil sie sich an die Darmschleimhaut anheften und dort in abgekapselter Form monatelang verbleiben, bevor sie in großer Zahl schlüpfen und auswandern. Bei  dieser Massenauswanderung kommt es zu einer massiven Schädigung der Darmschleimhaut, die gleichsam durchlöchert wird – das Pferd leidet an heftigem Durchfall, Gewichtsverlust, Fieber, vielfach kommt es zu Koliken. Bei stark von eingekapselten Strongyliden befallenen Pferde kann die Todesrate bis zu 50 % erreichen.

Die Bekämpfung der eingekapselten kleinen Strongyliden ist auch deshalb besonders schwierig, weil die Larven, die monatelang in der Darmwand verbleiben, noch keine Eier ausscheiden – das tun nur ausgewachsene Würmer – und daher auch eine Kotprobe keinen Aufschluss über einen etwaigen Befall gibt. Der exakte Nachweis eines Strongyliden-Befalls ist selbst mit einer Blutuntersuchung schwierig – meist ist es der Erfahrung und dem Scharfblick des Tierarztes vorbehalten, an bestimmten Symptomen und am Gesamtzustand eines Pferdes einen starken Wurmbefall zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Erschwerend kommt hinzu, daß kleine Strongyliden mittlerweile gegen einige handelsübliche Entwurmungsmittel  resistent sind, wie diverse Forschungsarbeiten und Studien nachweisen konnten. Doch dieses Wissen spricht sich nur allmählich unter den Pferdebesitzern herum, wie der ,National Equine Health Survey' 2016 einmal mehr belegt. Lediglich 68,4 % der befragten Besitzer gaben an, gegen die gekapselten kleinen Strongyliden entweder den Wirkstoff Moxidectin allein oder in Kombination mit Praziquantel eingesetzt zu haben. Das sind immerhin etwas mehr als im Jahr 2015, als 64 % auf diese Präparate zurückgriffen. 5,2 % der Befragten verwendeten Fenbendazol – ein Produkt, das zwar grundsätzlich zur Behandlung von ESRW zugelassen ist, bei dem Resistenzen aber mittlerweile mehrfach nachgewiesen wurden. Weitere 19 % verwendeten Ivermectin (2015: 22,5 %), 6,8 % Benzimidazol (2015: 7 %), 4,7 % verwendeten entweder Pyrantel oder Praziquantel (2015: 6,3 %). 1,2 % verwendeten Kräuter-Produkte.

Das Resümee der Befragung: „Etwa ein Viertel der durchgeführten Behandlungen (26,5 %) erfolgte mit einem Mittel, das keine Zulassung für die Behandlung von gekapselten kleinen Strongyliden (ESRW) besitzt (Ivermectin, Praziquantel, Pyrantel, Kräuterprodukte bzw. Benzimidazol-Produkte). 5,2 % verwendeten ein Produkt, bei dem nachweislich Resistenzen bestehen (Fenbendazol)."

Umso wichtiger ist es – wie Experten immer wieder betonen – in Absprache mit seinem Haustierarzt einen detaillierten Entwurmungsplan für das ganze Jahr festzulegen und dabei nicht nur die akute Parasitenbelastung, sondern auch mögliche Resistenz-Probleme zu berücksichtigen. Auch auf begleitende Maßnahmen – wie z. B. eine routinemäßige Weidehygiene (Absammeln des Pferdekots) sowie ein überlegtes Weidemanagement (Vermeidung von Überbesatz) darf dabei nicht vergessen werden.

Die detaillierten Ergebnisse des ,National Equine Health Survey 2016' kann man hier nachlesen.

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