Drei tote Pferde nach Feuerwerk 10.11.2016 / News
Jedes Jahr kommen Menschen und Tiere bei Feuerwerken zu Schaden – ein Verbot wird mit immer größerer Vehemenz gefordert. / Foto: Archiv
Nach Feuerwerken in der ,Bonfire Night' sind in Großbritannien drei Pferde zu Tode gekommen. Das britische Parlament muss neuerlich über ein Verbot privater Feuerwerke beraten.
Die britische Tierschutzorganisation ,Redwings Horse Sanctuary' beklagt den Tod von zwei Pferden in der sogenannten ,Bonfire Night' – der Nacht von 5. auf den 6. November, in der traditionell die Vereitelung eines Sprengstoff-Anschlags auf das Königshaus und das britische Parlament durch den Offizier Guy Fawkes im Jahr 1605 gefeiert wird.
Am Samstag Abend (5. November) fand man das 19-jährige Welsh Pony Sprite auf einer Weide der Piggots Farm im Süden von Norwich mit akuten Kolik-Symptomen – Sprite lag am Boden, war schweißüberströmt und atmete schwer. Trotz aller Bemühungen und sofortiger tierärztlicher Versorgung kam leider jede Hilfe zu spät – das Pferd musste eingeschläfert werden. Für Tierarzt Dawn Trayhorn ist es wahrscheinlich, daß ein in der Nähe durchgeführtes Feuerwerk die Pferde in Panik versetzt und so gestresst hat, daß es zur letztlich tödlichen Kolik kam. Für diese Vermutung spricht auch, daß die Pferde der Nachbarweide beim Eintreffen des Tierarztes sehr erregt und verstört waren.
Nur wenige Stunden später – am Sonntag (6. November) morgen – musste Tierarzt Dawn Trayhorn ein weiteres Mal zur Weide gerufen werden, nachdem Nachbarn den 25 Jahre alten Palomino Percy am Boden liegend gefunden hatten. Percy wurde sofort zur Untersuchung in den Stall gebracht und Röntgenbilder seiner stark geschwollenen Beine angefertigt. Doch auch hier kam die Hilfe zu spät – Percys Beinverletzung war so schlimm, daß er eingeschläfert werden musste. „Er ist entweder gestürzt oder wurde von einem Pony in Panik getreten", so die Vermutung von Dr. Trayhorn, für den diese Nacht auch ein persönlicher Tiefpunkt war: „Während meiner zwölf Jahre, die ich nun schon bei Redwings arbeite, musste ich noch nie zwei Pferde in einer Nacht auf derselben Koppel einschläfern. Das ist für das gesamte Team und unsere Organisation ein unbeschreiblicher Verlust."
Doch das war nicht das einzige Drama der diesjährigen ,Bonfire Night': Wie mittlerweile bekannt wurde, ist Sonntag Morgen auch der erst zwei Jahre alte Shiloh auf seiner Weide liegend aufgefunden worden. Nachbarn verständigten umgehend seine Besitzerin Karen Mills, doch der Wallach war bereits tot, als sie eintraf. Wie die Hufspuren auf der Koppel zeigten, war Shiloh offenbar in Panik geraten, war ausgerutscht und hatte sich dabei mit einem Hinterbein im Weidezaun verfangen. Auch für Karen Mills ist klar, daß es ein in der Nähe veranstaltetes privates Feuerwerk war, das ihr Pferd so in Angst und Schrecken versetzte. Sie hat Shiloh selbst gezüchtet – und ist am Boden zerstört: „Es ist eine Katastrophe – ich kann nicht in Worte fassen, wie es sich anfühlt. Man glaubt immer, daß solche Dinge nur anderen passieren, aber das ist nicht so." Karen Mills will sich nun für ein generelles Verbot von privaten Feuerwerken einsetzen – und hat auch dazu aufgerufen, eine aktuelle Online-Petition an die britische Regierung zu unterstützen.
Diese verlangt ein gänzliches Verkaufsverbot für Feuerwerks- und Knallkörper an Privatpersonen und möchte Feuerwerke nur noch bei offiziell genehmigten Anlässen zulassen. Weiter heißt es: „Jedes Jahr werden Tausende Menschen bei Unfällen mit Feuerwerks-Körpern verletzt, verbrannt, verstümmelt oder sogar getötet. Jedes Jahr werden Menschen durch den missbräuchlichen Einsatz von Feuerwerk terrorisiert. Jedes Jahr werden Tiere durch Feuerwerk verletzt oder traumatisiert. Verbietet sie – bitte!" Die Petition hat mittlerweile mehr als 140.000 Unterstützer gefunden und muss nun vom britischen Parlament behandelt werden. Erst am 6. Juni dieses Jahres war eine ähnliche Petition im Unterhaus debattiert worden – zu einer Änderung der derzeit geltenden Gesetze konnten sich die Abgeordneten jedoch nicht entschließen. Es bleibt abzuwarten, ob die aktuelle Petition mehr Erfolg haben wird...
In den letzten Tagen haben nicht nur die Unglücksfälle rund um Tiere in Großbritannien für Schlagzeilen gesorgt, sondern auch schwere Unfälle mit Kindern: So haben am 4. November in Nelson vier Kinder in Nelson beim Herumspielen mit Feuerwerks-Körpern schwere Gesichtsverletzungen erlitten, zwei mussten mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden. Am 6. November wurde ein zehn Jahre alter Bub in Burnley von einer Rakete im Gesicht getroffen und schwer verletzt. Die Ärzte bemühen sich seither, sein Augenlicht zu retten.
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Unfall nach Feuerwerk: Pferd musste eingeschläfert werden 30.10.2016 / News
Ein Bild aus schöneren Tagen – die 27-jährige Nelly Shell mit ihrem geliebten Boy... / Foto: Facebook/Nelly Shell
In der englischen Grafschaft Northumberland geriet ein 12-jähriger Hengst durch ein Feuerwerk in Panik und verletzte sich an einem Zaun so schwer, daß er eingeschläfert werden musste.
Der dramatische Unfall geschah am letzten Wochenende (22./23. Oktober) in Banburgh in der englischen Grafschaft Northumberland: Der 12-jährige Hengst Boy war durch ein privates Feuerwerk, das in der Nacht auf Sonntag in einem Ferienhaus unmittelbar neben seiner Weide entzündet worden war, offenkundig in Panik geraten und durchgegangen. Auf der Flucht blieb er mit dem Hinterbein an einem Zaun hängen und zog sich dabei schwerste Verletzungen zu.
Die Besitzerin von Boy – die 27-jährige Nelly Shell – wurde Sonntag früh von einem Freund, mit dessen Pferd sich Boy die Koppel teilte, verständigt, nachdem dieser den verletzten Hengst entdeckt hatte. Sofort wurde ein Tierarzt gerufen, der die dramatischen Wunden versorgte – doch Nelly ohne Umschweife den Ernst der Lage klarmachte: Die Verletzungen waren seiner Meinung nach so gravierend, daß keinerlei Hoffnung auf Genesung bestand, es waren mehrere Sehnen und auch das Röhrbein schwer geschädigt.
Nelly war am Boden zerstört, doch sie wollte nichts unversucht lassen. Sie kontaktierte noch zwei weitere Tierärzte – die ihr aber beide dasselbe sagten: Es gäbe keine Aussicht auf Heilung – und sie solle Boy einschläfern, um ihm weitere unnötige Leiden zu ersparen. Schweren Herzens folgte Nelly schließlich diesem Rat. Auf ihrer Facebook-Seite postete sie am 27. Oktober: „Meine Welt ist heute zusammengebrochen – viel zu früh wurde mir mein geliebter Boy weggenommen. Er war mein Fels, das loyalste und liebevollste Pferd, das ich mir wünschen konnte." Und sie verband die Todesnachricht mit einem eindringlichen Appell: „Bitte bedenkt immer, welches Leid und welchen Kummer das Entzünden eines Feuerwerks in der Nähe von Tieren verursachen kann. Ruhe in Frieden, mein schöner Boy".
Doch Nelly entschloss sich, einen Schritt weiter zu gehen: Gemeinsam mit ihrer Freundin Jodene Anderson postete sie am 27. Oktober auf Facebook auch noch eine Serie drastischer Fotos, die Boy's schwere Verletzungen in ungeschönter Deutlichkeit zeigen (und die für Pferdefreunde – und wohl nicht nur für sie – schwer zu ertragen sind). Und die beiden schrieben dazu: „Heute mussten wir unserem geliebten Boy auf Wiedersehen sagen – was absolut vermeidbar gewesen wäre, wenn nicht ein paar Menschen so verdammt dumm gewesen wären und auf dem Feld unmittelbar neben unseren Pferden ein Feuerwerk abgebrannt hätten! Könnt ihr bitte aufpassen, ob Tiere in der Nähe sind, wenn ihr ein Feuerwerk veranstaltet – denn es kann dabei das herauskommen. Dieses absolut gesunde und von vielen geliebte Tier musste eingeschläfert werden, weil es irreparable gesundheitliche Schäden erlitten hat. Danke, ihr Vollidioten!"
Das wütende Posting und die drastischen Bilder verbreiteten sich in Windeseile in ganz Großbritannien und zogen enorme Reaktionen nach sich: Wut und Bestürzung waren ebenso darunter wie Mitleid und Anteilnahme. Die Fotos wurden über 30.000 Mal geteilt, fast 10.000 Mal kommentiert und über 16.000 Mal geliked – und auch mehrere britische Medien griffen das Thema auf. Eine von Nelly Shell geteilte Online-Petition, die ein gänzliches Verbot von privaten Feuerwerken in Großbritannien fordert, kletterte binnen weniger Tage auf über 16.000 Unterschriften – und zwingt damit auch die britische Regierung zu einer Stellungnahme. Bei 100.000 Unterschriften müsste sie auch im Parlament behandelt werden – doch dafür ist noch bis April 2017 Zeit.
Doch selbst das Erreichen der 100.000-Unterstützer-Marke ist kein Garant für eine Änderung der gesetzlichen Situation – das muss seit einigen Monaten auch jene Gruppe couragierter Tierfreunde rund um Julie Doorne erkennen, die sich vor einem Jahr für eine Beschränkung von Feuerwerk auf wenige gesetzliche Feiertage stark gemacht hatte. Ihre Petition schaffte es – nicht zuletzt Dank des aufopfernden Einsatzes einer couragierten Facebook-Gruppe – auf über 100.000 Unterschriften und wurde damit auch im britischen Unterhaus behandelt, doch zu einer Änderung der Gesetze wollten sich die Parlamentarier nicht entschließen.
Seither kämpfen Julie Doorne und ihre Mitstreiter weiter wacker für ihr Anliegen – und haben auch eine neue Petiton an die britische Premierministerin Theresa May gestartet – doch viele haben sich durch den Misserfolg entmutigen lassen, das einstige Momentum ist verlorengegangen: Die Petition hält nach einem Monat bei vergleichsweise bescheidenen 16.000 Unterstützern. Und es ist leider nicht gelungen, die Emotionen und die Aufmerksamkeit, die der unnötige Tod von Boy in Großbritannien ausgelöst hat, für sich zu nutzen.
Jedes Jahr kommt es auch in Österreich und Deutschland immer wieder zu Unfällen mit Tieren, die von Knallkörpern oder Feuerwerk erschreckt werden und in Panik die Flucht ergreifen – oft genug mit drastischen Folgen. Wie man solchen Unfällen vorbeugen und seine Tiere vor Angst und Stress bestmöglich schützen kann, hat ProPferd-Autor Martin Haller in diesem Service-Beitrag „So schützen Sie Ihre Pferde vor der Silvester-Knallerei" zusammengestellt.
25.03.2016 - Erfolg für Tierschützer: Britisches Parlament muss Feuerwerk-Petition behandeln
Erfolg für Tierschützer: Britisches Parlament muss Feuerwerk-Petition behandeln 25.03.2016 / News
Jedes Jahr leiden Tiere – und Pferde ganz besonders – unter der Silvester-Knallerei... / Foto: Martin Haller
Eine Online-Petition, die den Einsatz von Feuerwerk drastisch einschränken möchte, hat 100.000 Unterschriften erreicht und muss nun vom britischen Parlament behandelt werden.
Julie Doorne ist 63 Jahre alt, eine ebenso resolute wie passionierte Pferdefrau und Inhaberin eines kleinen Reitstall in Bramble (Lincolnshire) – und seit wenigen Tagen für viele Briten, vor allem für die tierliebenden, eine wahre Heldin. Sechs Monate lang hat sie mit ihrem kleinen, aber enorm engagierten Team für eine Online-Petition gekämpft, welche die Verwendung von Feuerwerk drastisch reduzieren und auf wenige, fix festgelegte Feiertage beschränken möchte. Monatelang wurde unermüdlich gelaufen, telefoniert, diskutiert und in den sozialen Netzwerken gepostet – nun haben es Julie und ihre Mitstreiter tatsächlich geschafft: Vor wenigen Tagen erreichte die Petition die magische Grenze von 100.000 Unterstützern – und muss nun im britischen Parlament behandelt werden: ein toller Erfolg, den viele nicht für möglich gehalten hätten. Doch die haben offenbar nicht mit Julies Zähigkeit und Entschlossenheit gerechnet.
In der Petition wird konkret gefordert: „Feuerwerk wird derzeit zu nahezu jeder Tages- und Nachtzeit und über viele Wochen hinweg in den Herbst- und Wintermonaten verwendet. Für Tierbesitzer ist es eine Herausforderung, ihre Lieblinge sicher durch diese lange Zeit zu bringen. Wir fordern daher, den allgemeinen Gebrauch von Feuerwerk nur noch an den traditionellen Feiertagen zu erlauben.
Die Notwendigkeit, die bestehenden gesetzlichen Regelungen (Firework Regulations, 2004) zu reformieren, wurde von einer großen Zahl von Tierschutz-Organisationen und Vereinen bestätigt. Die aktuellen Gesetz sind nicht mehr zeitgemäß und höchst uneffektiv, wir fordern daher eine Verbesserung der gesetzlichen Bestimmungen über die Verwendung von Feuerwerk im Vereinigten Königreich. Unsere zentrale Forderung ist eine Beschränkung des öffentlichen Einsatzes von Feuerwerk auf die traditionellen Feier- bzw. Festtage rund um Guy Fawkes Day, den Silvesterabend und das Chinesische Neujahrsfest."
Für Julie Doorne ist die Einschränkung des Gebrauchs von Feuerwerk ein Herzensanliegen: Nicht nur sie selbst war als Pferdebesitzerin von den negativen Folgen der Knallerei betroffen, sondern auch viele Freunde und Bekannte von ihr: „Vor einigen Jahren hat ein Feuerwerk in unmittelbarer Nähe meines Stalls stattgefunden, was damit geendet hat, daß meine drei Pferde in völliger Panik ausgebrochen und herumgelaufen sind. Glücklicherweise ist keines dabei verletzt worden", so Julie in einem Interview. Weniger gut erging es einem Bekannten aus Suffolk: „Das Pferd eines Freundes ist von einem Feuerwerk erschreckt worden und hat sich auf seiner panischen Flucht grauenhafte Verletzungen zugezogen. Es musste schließlich eingeschläfert werden."
Doch es geht Julie Doorne nicht nur um die Tiere allein: „Nicht nur Tiere leiden unter der Knallerei, sondern auch viele Menschen. Wenn unsere Petition einmal im Parlament ist und die geforderten Verschärfungen tatsächlich beschlossen sind, dann werden alle Betroffenen enorm davon profitieren. Alles, was wir wollen, ist eine Begrenzung der Anzahl jener Tage, an denen Feuerwerk verwendet werden darf, sodaß Tierbesitzer genau wissen, wann mit Feuerwerk zu rechnen ist und sich entsprechend darauf vorbereiten können."
Befürwortet wird die Petition auch von der Tierschutzorganisation RSPCA, die in einer Pressemitteilung das Anliegen unterstützte: „Wir haben lange für strengere Bestimmungen hinsichtlich der Verwendung von Feuerwerk gekämpft, weil wir wissen, wieviel Stress und Leid dadurch bei Tieren verursacht wird. Wir bekommen jedes Jahr in den Monaten Oktober und November Hunderte von Anrufen, in denen man sich über die Knallerei beschwert. Studien zeigen, daß bis zu 45 % aller Hunde in Großbritannien deutliche Zeichen von Angst zeigen, wenn sie Feuerwerk hören." Daß gerade Pferde mit ihrem empfindlichen Gehör und ihrem Fluchtinstinkt besonders gefährdet sind, ist den Tierschützern nur allzu bewusst: „Große Tiere wie Pferde überspringen oft in Panik Weidezäune und ziehen sich dabei schlimme Verletzungen zu oder laufen auf die Straße. Jahr für Jahr sehen wir Tiere, die gestresst, verängstigt und verletzt werden – und es ist schlicht unzumutbar, irgendein Tier über den längeren Zeitraum, den wir alle bereits die ,Feuerwerk-Saison' in den Wintermonaten nennen – ständig sedieren zu müssen."
Die Online-Petition endet offiziell am 2. April, hat aber – wie gesagt – schon jetzt die erforderlichen 100.000 Unterschriften erreicht, um im britischen Parlament behandelt zu werden. Die Regierung hat in einer ersten Stellungnahme zwar betont, daß es um das Problem weiß – doch die derzeit geltende gesetzliche Regelung als ausreichend erachtet und nicht an eine Verschärfung denkt: „Es bestehen bereits Einschränkungen beim öffentlichen Einsatz von Feuerwerk und bei den erlaubten Lärmpegeln – wir haben daher keine Pläne, diese noch weiter zu verschärfen", so das Statement der britischen Regierung. Aber vielleicht denken ja viele Parlamentsabgeordnete doch anders – man wird es bei der Debatte sehen... Ins öffentliche Bewusstsein ist das Problem aber deutlicher als je zuvor gedrungen – und das ist ohne Zweifel schon ein riesiger Erfolg!
Hier geht's zur Online-Petition – und hier zur äußerst rührigen Facebook-Gruppe, in der wirklich die Post abgeht und sich bereits an die 20.000 Mitgliedern tummeln!
20.12.2015 - So schützen Sie Ihre Pferde vor der Silvester-Knallerei
So schützen Sie Ihre Pferde vor der Silvester-Knallerei 20.12.2015 / Wissen
Gedankenlos & unverantwortlich: Diese Feuerwerkskörper wurden auf einer einzigen Pferdeweide bzw. in ihrer unmittelbarer Umgebung gefunden. / Foto: Martin Haller
Für die meisten Haustiere und ganz besonders für Pferde bedeutet die alljährliche Silvesterknallerei Angst und Stress pur. ProPferd-Autor Martin Haller gibt Tipps, wie man seine geliebten Vierbeiner schützen kann.
Pferdefreunde sehen dem Jahreswechsel meist mit gemischten Gefühlen entgegegen – man freut sich zwar aufs Christkind, fürchtet aber auch den Ärger und die Sorge wegen der bevorstehenden Feuerwerke und Silvesterknallerei, unter der nahezu alle Haustiere und auch Pferde sehr leiden.
Warum Pferde leiden
Alle Großsäuger – und Pferde ganz besonders – haben ein wesentlich feineres Gehör als wir Menschen. Raketen, Heuler und Böller können zu Angst und Panik führen und belasten die Psyche enorm. Nicht nur die Lärmbelästigung bedeutet Stress für die Tiere, auch der Schwefelgehalt der Luft, der im Explosionsfeld der Knallkörper besonders hoch ist, kann empfindliche Schleimhäute in den Tiernasen reizen. Haustiere sollten zu Silvester daher generell bei geschlossenen Fenstern und Türen in Gebäuden und nicht alleine bleiben. Fenster und Türen sind zu verschließen, um die Lautstärke des Feuerwerks zu dämpfen. Hundehaltern rät das Ministerium, rechtzeitig vor dem Jahreswechsel einen ausgedehnten Spaziergang mit dem Hund zu machen. Größere Spaziergänge zu Problemzeiten sollten vermieden und der Hund immer an der Leine geführt werden, um ein Weglaufen zu verhindern.
Erheblich schwieriger ist der Schutz von Weidetieren, die nicht in den Wald oder in ein schützendes Gebäude flüchten können. Insbesondere bei Pferden und jungen Rindern besteht die Gefahr, dass sie in Panik geraten, ausbrechen und unter Umständen sogar Unfälle verursachen. Wer hat noch nie Pferde auf der Koppel in panischer Angst herumrasen gesehen? Wem ist noch nie ein Hund oder Pferd kopflos davongelaufen, weil das Tier buchstäblich aus heiterem Himmel plötzlich mit „Feuer und Blitz“ konfrontiert war?
Freigabe des Bürgermeisters
Wer Silvesterraketen abschießt, muss gewisse Regeln beachten. Das Gesetz sieht eine Einteilung von Feuerwerken in vier Klassen vor, in der Praxis wird aber weder der Verkauf noch die Verwendung flächendeckend kontrolliert. Praktisch alle Knallkörper, die unter der Bezeichnung „Kleinfeuerwerk“ angeboten werden, gehören der Feuerwerksklasse II an. Das Abfeuern dieser ist in Städten und Orten nur dann gestattet, wenn es dafür eine Freigabe des Bürgermeisters gibt. Auch dann dürfen Feuerwerkskörper nicht überall abgeschossen werden; auf Krankenhäuser, Altersheime, Kirchen etc. muss Rücksicht genommen werden. Mit Feuerwerks- und Knallkörpern darf niemals auf Menschen/Tiere gezielt werden, bereits gezündete Feuerwerkskörper dürfen nicht in Händen gehalten werden. (Hinweis vom Bundesgremium des Eisen- und Hartwarenhandels in der Wirtschaftskammer Österreich).
Das Tierschutzgesetz
Völlig eindeutig und unmissverständlich sind die Bestimmungen des Österreichischen Tierschutzgesetzes, das im § 5 ein striktes Verbot jeglicher Tierquälerei vorsieht: (1) „Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.“
Unter schwerer Angst kann man ein massives nicht-körperliches Unbehagen infolge vermeintlicher oder tatsächlicher Bedrohung verstehen, das von typischen Symptomen begleitet wird... Neben aktiven Handlungen von Personen können einem Tier auch durch Unterlassung (von Betreuungsmaßnahmen) ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt werden. Das heißt im Klartext: Auch wer weiß, dass Tiere leiden und nicht eingreift, macht sich schuldig und damit strafbar.
Kommunikation & Aufklärung
Wer seine Pferde vor Stress und Leid zum Jahreswechsel schützen will, kann dies mit einer Reihe von Maßnahmen und Verhaltensregeln (siehe Checkliste) tun – Kommunikation mit seinen unmittelbaren Nachbarn und entsprechende Aufklärung im Vorfeld sind dabei zweifellos die wichtigsten Instrumente.
Gegen das einzelne, große Feuerwerk zum Jahreswechsel, sorgsam geplant und an geeigneter Stelle unter Einhaltung aller Sicherheitsaspekte durchgeführt, hat sicher niemand etwas. Was nervt, ist das wahllose Abfeuern zahlloser und z. T. illegaler Privatfeuerwerke ohne Rücksicht auf Mensch und Tier in nächster Umgebung und über viele Tage hinweg. Wer es in der Nähe von Tieren knallen lässt, der hat selbst einen Knall.
Martin Haller
CHECKLISTE: Wie man seine Pferde vor der Silvesterknallerei schützen kann
– Die Anrainer an Stall und Weide vorab ersuchen, keine Feuerwerke abzubrennen, sondern entweder „still zu feiern“ (ev. sogar gemeinsam, und mit dem Tieren?), oder Feuerwerkskörper in einer anderen Gegend zu verwenden, wo keine Tiere sind. Sollte es das nachbarliche Verhältnis zulassen, so wird ein einigermaßen vernünftiger Mensch darauf eingehen; wenn nicht – klarstellen, dass man keine Übertretungen dulden wird.
– Sich genau informieren, was erlaubt ist und was nicht und im Anlassfall die „bösen Nachbarn“ mit dieser fundierten Information konfrontieren. Eine glaubhafte und kompetente Darstellung der Gesetzeslage und Bestimmungen kann – abhängig von den Promille – schon eine Eskalation verhindern; Kopien der relevanten Schriftstücke können helfen (der Schwarz-auf-weiß-Effekt). Bleiben Sie höflich, aber SEHR bestimmt!
– Ein kurzer Besuch beim örtlichen Polizeirevier mit der höflichen Anfrage, was denn zu erwarten sei, wer an den fraglichen Terminen Dienst habe und was genau man gegen Missbrauch in der Nähe der Tiere unternehmen könne, ist ev. ebenfalls nützlich. Dann wissen die diensthabenden Beamten, dass ein sensibler Bereich existiert und ev. geschützt werden muss.
– Pferde sind Fluchttiere, die bei Gefahr leicht in Panik geraten. Sie versuchen dann, Hindernisse wie zum Beispiel Elektrozäune zu überwinden, die sie sonst meiden würden. Deshalb sollten sie in jedem Fall frühzeitig in einen sicheren Stall gebracht werden.
– Es kommt immer wieder vor, dass Menschen absichtlich Feuerwerkskörper in Ställe oder auf Tiere werfen. Deshalb sollte eine vertraute Person im Stall sein oder zumindest regelmäßige Kontrollen durchführen, um solche Gefahren nicht erst aufkommen zu lassen. Feuerlöscher, Löschwasser, alle wichtigen Telefonnummern und Notfallstropfen bereithalten!
– Weide- und Koppelzäune sind vorsorglich zu kontrollieren und ev. zu verstärken; E-Zäune unbedingt einschalten und auf höchste Schlagstärke einstellen. Es kann nützlich sein, wenn man bereits Tage vor dem großen Ereignis damit beginnt, in weiterer Entfernung der Tiere ein paar kleine Knallkörper zu zünden, die Reaktion der Herde zu beobachten und mit etwas Futter eine ev. aufkeimende Panik zu unterbrechen. In vielen Fällen gewöhnen sich die Tiere an die ,kontrollierte’ Knallerei und nehmen mit etwas Glück den großen Krach zu Silvester nicht mehr allzu ernst.
01.04.2016 - GASTKOMMENTAR: Feuerwerk und Pferde im Spiegel eines Gerichtsurteils
GASTKOMMENTAR: Feuerwerk und Pferde im Spiegel eines Gerichtsurteils 01.04.2016 / News
Dr. Reinhard Kaun ist Fachtierarzt für Pferdeheilkunde, Fachtierarzt für physikalische Therapie & Rehabilitationsmedizin sowie Allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger. / Foto: privat
Die Oma feierte den 70. Geburtstag und der Enkel und nunmehrige Beklagte hatte es übernommen, am Parkplatz vor dem Gasthaus, in dem gefeiert wurde, bei Einbruch der Dunkelheit ein Feuerwerk abzubrennen. Er hatte gewusst, dass in dem kleinen Dorf viele Pferde gehalten werden, auch in unmittelbarer Nähe. In einem Offenstall, etwa 20 m vom Parkplatz der Gastwirtschaft entfernt, befanden sich ebenfalls Pferde, die durch das Feuerwerk in Panik gerieten, durch mehrere Zäune durchbrachen, um dann nach einem Fluchtweg von etwa 2 km auf eine viel befahrene Bundesstraße zu gelangen und dort einen schweren Verkehrsunfall zu verursachen, bei dem eine Person schwer verletzt, ein Pferd getötet, zwei andere verletzt und ein PKW zum Totalschaden zerstört wurde.
Ich war als Gutachter bestellt und konnte für das Gericht überzeugend nachweisen, dass sowohl die Geräusche wie auch die Lichteffekte des Feuerwerks geeignet waren, den Kriterien von „Antreiben“ und „Reizen“ im Sinne des „Halterparagrafen“ § 1320 ABGB zu entsprechen.
Der entgegengehaltenen Behauptung der beklagten Partei, dass die „Verwahrung“ unzureichend gewesen sei, wurde vom Gericht auf Grund des Sachverständigenbeweises nicht gefolgt, in dem klar nachvollziehbar war, dass das Durchbrechen mehrerer Einzäunungen zweifelfrei auf die Panik der Pferde zurückgeführt werden konnte, der keine „übliche“ Einzäunung standgehalten hätte.
In seiner Entscheidung bezog sich das Gericht auf den § 1295 ABGB (Rechtswidrigkeit der Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt), den § 5 Tierschutzgesetz (Verbot, Tiere ungerechtfertigt in schwere Angst zu versetzen und den § 38 Pyrotechnikgesetz (Verbot von Feuerwerken u.a. in der Nähe von Tierheimen und Tiergärten).
Das Gericht befand in seiner Entscheidung, dass sich eine Verwahrung von Pferden lediglich an den ortsüblich zu erwartenden „Reizen“ zu orientieren hat und nicht an jeder denkmöglichen Reizentfaltung.
Zumindest eine Warnung der Pferdehalter wäre dem Beklagten zumutbar gewesen.
Der Klage wurde Folge gegeben, sämtliche Beträge aus den Schäden sowie auch die Kosten des Rechtsstreits musste der Beklagte tragen. [Urteil zur RS 3 C 40/14 b-21]
Der Beklagte ging in die Berufung, der aber nicht Folge gegeben wurde. [Urteil zu 2 R 229/14 z]
Univ.Lektor VR Mag. Dr. Reinhard Kaun ist Fachtierarzt für Pferdeheilkunde, Fachtierarzt für physikalische Therapie & Rehabilitationsmedizin sowie Allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger (Sachverständigenbüro für klinische und forensische Veterinärmedizin, Tierhaltung & Pferdewissenschaften) Kontakt: 2070 Retz, Herrengasse 7, Web: www.pferd.co.at | www.pferdesicherheit.at
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