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Haltung im Hengststall verbessert Samenqualität
11.11.2016 / News

Die Haltungsform hat deutlichen Einfluss auf die Samenqualität – so das Ergebnis der Schweizer Studie.
Die Haltungsform hat deutlichen Einfluss auf die Samenqualität – so das Ergebnis der Schweizer Studie. / Archivfoto: Martin Haller

Vererber, die vor dem Decken in einem Hengststall ihre Konkurrenten vor Augen haben, weisen eine messbar bessere Samenqualität auf – das ist das bemerkenswerte Ergebnis einer Schweizer Studie.

 

Konkurrenz belebt das Geschäft – und offenkundig auch die Samenqualität von Hengsten: So könnte man das Ergebnis einer Studie unter Leitung des Tierarztes Dr. Dominik Burger vom Schweizer Institut für Pferdemedizin der Universität Bern in Avenches zusammenfassen. Zudem bestätigte die Untersuchung, daß durch die gewählte Haltungsform von Pferden deren Fruchtbarkeit bzw. Reproduktionsfähigkeit beeinflusst werden kann.

Ausgangspunkt des Projekts war genau diese Hypothese – daß nämlich das soziale Umfeld von Hengsten deren Samenqualität verändern kann und es gleichsam zu einer „Konkurrenz der Spermien" kommt, wenn Hengste unter sich sind. Um diese Hypothese zu überprüfen, wurden in der Studie zwölf gesunde und zeugungsfähige Franches-Montagnes-Hengste und sechs Stuten am Schweizer Nationalgestüt in Avenches ausgewählt und nach einer zuvor festgelegten Anordnung in zwei getrennten Stallgebäuden untergebracht. Jedes Stallgebäude verfügte über geräumige Boxen, die durch eine 1,30 m hohe, solide Holzwand mit Gittern darüber getrennt waren – die untergebrachten Pferde hatten also zu ihren Boxennachbarn Sicht- und Geruchskontakt und auch eingeschränkte Berührungsmöglichkeit.

In der ersten Testperiode wurden sechs nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Hengste in einem Stallgebäude untergebracht, wo sie gänzlich „unter sich" waren – und das für einen Zeitraum von acht Wochen. Die sechs anderen Hengste bezogen während dieser Periode das zweite Stallgebäude – und zwar mit jeweils einer Stute als unmittelbaren Boxennachbarn. Bei Halbzeit des Tests – also nach vier Wochen – wurden die Stuten umgruppiert, sodaß jeder Hengst während der achtwöchigen Testperiode mit zwei verschiedenen Stuten nachbarlichen Kontakt hatte. Die Stuten waren zumindest einmal während der Kontaktzeit zu einem Hengst rossig.

Nach Ende der ersten Testperiode folgte eine „Übergangswoche", während der sowohl Blut- als auch Samenproben bei den Hengsten entnommen wurden. Danach übersiedelten die Test-Hengste in die jeweils andere Untersuchungsgruppe – und die gesamte Versuchsanordnung wurde wiederholt, sodaß am Ende jeder Hengst in jeder Testgruppe vertreten war. Auch nach der zweiten achtwöchigen Testperiode wurden Blut- und Samenproben entnommen, analysiert wurden insbesondere der Testosteron-Spiegel jedes Hengstes sowie dessen Samenqualität, vor allem hinsichtlich Spermien-Anzahl und Beweglichkeit (Motilität).

Die Ergebnisse bestätigten die Studien-Hypothese eindrucksvoll: Sowohl die Anzahl der Spermien als auch deren Motilität waren am höchsten bei jenen Hengsten, die zuvor unter sich, also im reinen Hengststall waren und anschließend in die Testgruppe „mit Stutenkontakt" übersiedelten. Waren die Hengste im gemischten Stall untergebracht, ohne zuvor Kontakt zu ihren Hengst-Konkurrenten gehabt zu haben, war sowohl die Spermien-Anzahl als auch deren Motilität geringer.

Interessanterweise stand der Testosteron-Spiegel nur in einigen Fällen mit der Samenqualität in Verbindung: Bei Hengsten, die in einem reinen Hengststall untergebracht waren, zeigte sich keine signifikante Übereinstimmung – doch bei Hengsten, die gemeinsam mit Stuten gehalten wurden, zeigte sich eine Korrelation zwischen dem Testosteron-Spiegel und der Spermien-Anzahl. Dies könnte möglicherweise Züchtern Anhaltspunkte liefern, welche Stuten sie einsetzen sollten, um die Spermien-Zahl eines Hengstes zu erhöhen. Ein Testosteron-Test nach dem Kontakt zu jeweils einer einzelnen Stute würde individuelle Unterschiede in der Samenqualität ergeben, da Hengste deutliche Präferenzen für bestimmte Zuchtstuten zeigen.

„Unsere Ergebnisse bestätigen die sogenannte ,Spermien-Konkurrenz-Hypothese' – die besagt, daß bei mehreren zur Verfügung stehenden Vatertieren gleichsam deren Spermien gegeneinander in eine Art Wettbewerb eintreten müssen, wer als erster die Eizelle erreicht", so Dr. Burger. „Die Hengste sind also in der Lage, auf ihr soziales Umfeld mit einer Anpassung ihrer Samenqualität zu reagieren und damit auch den möglichen Befruchtungserfolg zu beeinflussen."

Die Studie „Ejaculate Characteristics Depend on Social Environment in the Horse (Equus caballus)" von Dominik Burger, Guillaume Dolivo und Claus Wedekind ist im Journal PLOS One im November 2015 erschienen und kann in englischsprachiger Originalfassung hier nachgelesen werden.

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