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Gutachten: Pferdesteuer könnte Frauen diskriminieren
01.12.2016 / News

Die Pferdesteuer in Tangstedt würde vor allem Frauen und Mädchen treffen und sei daher mit dem Gleichheitsgrundsatz der Bundesverfassung nicht vereinbar, so ein Gutachten.
Die Pferdesteuer in Tangstedt würde vor allem Frauen und Mädchen treffen und sei daher mit dem Gleichheitsgrundsatz der Bundesverfassung nicht vereinbar, so ein Gutachten. / Symbolfoto: Simone Aumair
Mit diesem Plakat haben Tangstedter Pferdefreunde gegen die Einführung einer Pferdesteuer demonstriert.
Mit diesem Plakat haben Tangstedter Pferdefreunde gegen die Einführung einer Pferdesteuer demonstriert. / Foto: IG Tangstedt

Die Gemeinde Tangstedt hat am Mittwoch (30. November) die Abstimmung über die Pferdesteuer verschoben – man müsse zuvor nochmals die Rechtmäßigkeit der Steuer prüfen.

 

Es ist ein erster Teilerfolg der Tangstedter Pferdebesitzer im Kampf gegen die Einführung einer Pferdesteuer in ihrer Gemeinde: Die ursprünglich vorgesehene Abstimmung über die endgültige Einführung der Abgabe wurde von Bürgermeister Norman Hübener in der gestrigen Sitzung der Gemeindevertreter kurzfristig zurückgezogen. Stattdessen soll nun die Rechtmäßigkeit der geplanten Abgabe nochmals juristisch überprüft werden. Obwohl die Absage bereits im Vorfeld durchgesickert war, hatten sich Hunderte Demonstranten vor der Sitzung versammelt und ihrem Ärger über die Pferdesteuer nochmals Luft gemacht.

Mehr als die Demonstrationen der Pferdefreunde dürfte Bürgermeister Hübener ein juristisches Gutachten beeindruckt haben, das von Gegnern der Pferdesteuer beauftragt und von Prof. Jörn Axel Kämmerer von der renommierten Bucerius Law School – Hochschule für Rechtswissenschaft in Hamburg – verfasst wurde. Das Gutachten wird in seiner endgültigen Fassung zwar erst in einigen Tagen fertig sein, doch hatte Prof. Kämmerer seine wesentlichen „Vorüberlegungen" schon vorab veröffentlicht.

Grundsätzlicher Tenor: Die Pferdesteuer verstoße seiner Ansicht nach gegen das Diskriminierungs-Verbot des Grundgesetz und sei auch nicht mit der geltenden Landesverfassung von Schleswig-Holstein vereinbar: „Durch die Pferdesteuer werden nahezu ausschließlich Frauen belastet“, so Prof. Kämmerer. „Mehr als 90 Prozent der Sport- und Freizeitreiter, die in Tangstedter Ställen Pferde unterhalten, sind weiblichen Geschlechts.“ Damit seien die Bedingungen für eine mittelbare Diskriminierung erfüllt.

Zum anderen sieht Prof. Kämmerer in der geplanten Steuer einen Verstoß gegen die Landesverfassung von Schleswig-Holstein, die den Kommunen die Förderung des Sports zur Aufgabe mache. „Da die Ausübung nur dieses Sports beeinträchtigt wird, die anderer Sportarten aber nicht, ist zudem auch eine Überprüfung der Satzung am allgemeinen Gleichheitssatz in Verbindung mit dem landesverfassungsrechtlichen Sportförderungsgebot zu erwägen“, heißt es in dem Gutachten weiter. Eine Sportart dürfe nicht belastet werden, wenn es nicht auch gleichzeitig eine Förderung dafür gebe.

Auch der Hinweis auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2015, nach dem die Einführung einer Pferdesteuer in der hessischen Gemeinde Bad Sooden-Allendorf verfassungsrechtlich unbedenklich sei, sieht Prof. Kämmerer nicht als grundsätzliches Hindernis: In diesem Fall sei nur die konkrete Situation in Bad Sooden-Allendorf beurteilt worden – das Argument der Diskriminierung sei dort gar nicht vorgebracht und daher auch nicht geprüft worden, so Prof. Hübener gegenüber dem ,Stormarner Tageblatt'.

Die „weibliche Karte" und der Hinweis auf die mögliche Diskriminierung von reitenden Frauen und Mädchen wurde von den Pferdesteuer-Gegner prompt aufgenommen: So wurde auf einem Plakat gefordert: „Pferdesteuer beerdigen! Frauen zahlen auf ihren Reitsport Kommunalsteuern – und Männersportarten erhalten kommunale Zuschüsse? Die Pferdesteuer diskriminiert Frauen und Mädchen in ihrer Sportausübung. Wir verteidigen unsere Grundrechte!"

In Pferdekreisen ist diese Strategie nicht unumstritten – auch wenn sie als juristisch besonders vielversprechend  gilt. Man treibe damit einen künstlichen Keil zwischen männliche und weibliche Pferdefreunde und schwäche so womöglich das eigene Lager, so die Bedenken. Auf der Facebook-Seite des „Aktionsbündnisses gegen die Pferdesteuer" waren etwa folgende Kommentare zu lesen: „Die Aussage dieses Plakates finde ich einfach nur unglücklich. Weder reiten nur Frauen, noch spielen ausschließlich Männer Fußball." Oder: „So ein unsinniges Plakat habe ich ja noch nie gesehen."

Andere ließen diese Bedenken nicht gelten: „Nutzt nix. Habe mich ebenso schwer getan, der Idee einer Diskriminierung zu folgen. Wenn es jedoch ein Weg seien kann über das Verfassungsgericht diese Steuer abzuwenden, dann bitte. Fakt ist über 90% Frauen. Ergo betrifft es weniger als 10% Männer. Sorry Männer, wir lieben euch aber nehmen auch unser Verfassungsrecht einfach wahr. Pferdesteuer ist ein no go.....egal wie auf welchem Weg das durchgesetzt wird. Dieser Weg ist realistisch und hat eine große Chance auf Erfolg."

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