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Atypische Weidemyopathie: Labortest für Giftstoff HGA verfügbar
26.02.2017 / News

Die gefährlichen Ahornsamen und -blätter können von den Pferden auf der Weide aufgenommen werden.
Die gefährlichen Ahornsamen und -blätter können von den Pferden auf der Weide aufgenommen werden. / Foto: Irene Gams
Vorsicht: Die Sprösslinge des Bergahorns weisen eine besonders hohe Konzentration des Gifts Hypoglycin A auf.
Vorsicht: Die Sprösslinge des Bergahorns weisen eine besonders hohe Konzentration des Gifts Hypoglycin A auf. / Foto: C.M. Westermann et. al.

Das britische Royal Veterinary College hat einen Labortest entwickelt, mit dem man Samen, Sprösslinge und Blätter  auf die giftige Substanz Hypoglycin A (HGA) untersuchen lassen kann – den Auslöser der gefährlichen atypischen Weidemyopathie.

 

Lange Zeit gab der plötzliche Tod von Weidepferden, der vor allem im Frühjahr und im Spätherbst zu beobachten war, Tierärzten und Wissenschaftlern Rätsel auf. Erst im Jahr 2012 gelang es, die Ursache der bis dahin rätselhaften sogenannten „atypischen Weidemyopathie" (AM) aufzudecken: Wissenschaftler der University of Minnesota in St. Paul (USA) um Dr. Stephanie Valberg konnten in einer Studie nachweisen, daß ein Gift hinter der meist tödlich verlaufenden Muskelerkrankung steckt, konkret eine abnormale Aminosäure namens Hypoglycin A bzw. deren Metaboliten (Stoffwechselprodukte) MCPA. Hypoglycin A – kurz HGA genannt – kommt in den Samen des Eschen-Ahorns (Acer Negundo) vor und führt zu einer massiven Schädigung der aeroben Muskelfasern, die in der Mehrzahl der Fälle tödlich endet – man geht von einer Todesrate bis zu 70 % aus.

Hypoglycin A wurde in dieser Untersuchung in den Samen des Eschen-Ahorns (Acer negundo) auf nordamerikanischen Betrieben nachgewiesen – eine Ahorn-Art, die in Europa nicht weit verbreitet und meist in Parks oder Gärten, nicht jedoch auf Koppeln und Weiden anzutreffen ist. Daß auch andere Ahorn-Arten die gefährliche Substanz enthalten, haben im Jahr 2015 deutsche Wissenschaftler herausgefunden: Sie konnten im Rahmen einer Studie nachweisen, daß auch der in Europa weit verbreitete Bergahorn (Acer pseudoplatanus) das tödliche Hypoglycin A aufweist. 2016 konnten niederländische Wissenschaftler dieses Ergebnis bestätigen – und zugleich nachweisen, dass andere untersuchte Ahorn-Arten – konkret der Feldahorn (Acer campestre) und der Spitzahorn (Acer platanoides) kein HGA enthalten und für Pferde daher keine Gefahr darstellen.

Doch wie kann ein Pferdebesitzer feststellen, ob die Ahornbäume auf oder im Umfeld seiner Koppeln nun die toxische Substanz enthalten oder nicht? Schließlich gibt es rund 25 verschiedene Ahorn-Arten, die mitunter selbst von Experten nicht mit absoluter Sicherheit zu unterscheiden sind – und längst sind nicht sämtliche Arten auf den Giftstoff HGA untersucht. Weitgehend unklar ist auch, ob bestimmte Arten größere HGA-Mengen enthalten als andere – und ob die Konzentration des Giftstoffes je nach Jahreszeit und klimatischen Bedingungen variiert.

Abhilfe bei diesem Problem soll nun ein vor kurzem entwickelter Labortest bringen, mit dem Pferdebesitzer rasch und einfach feststellen können, ob die Samen, Sprösslinge oder die Blätter ihrer Ahornbäume das tödliche Gift HGA enthalten oder nicht: Das Royal Veterinary College der Universität London hat einen Labortest entwickelt, der die HGA-Konzentration in den eingeschickten Proben ermitteln und damit zweifelsfrei klären kann, ob diese für Pferde gefährlich sind oder nicht. Damit sollen nicht nur raschere und genauere Diagnosen und bessere Behandlungschancen erreicht, sondern im Idealfall eine Vergiftung durch HGA bereits im Vorfeld vermieden werden.

Die Probe soll lt. Empfehlung des Untersuchungslabors zumindest zwei Handvoll Samen (ca. 20 g), 10 Blätter entweder vom Boden oder von drei verschiedenen Zweigen des jeweiligen Baums sowie eine Handvoll Sprösslinge (ca. 10 g) enthalten und in verschlossenen Plastikbeuteln gemeinsam mit dem Antragsformular an das Labor geschickt werden. Die Ergebnisse sollen innerhalb von 2–4 Wochen nach der Einsendung vorliegen. Die Untersuchung kostet 60,– britische Pfund inkl. Mehrwertsteuer, die Bezahlung erfolgt mittels Kreditkarte.

Ebenfalls angeboten wird ein Blut- bzw. Urintest auf HGA bzw. MCPA, dieser ist vom jeweiligen Haustierarzt mittels speziellem Antragsformular einzureichen.

Sämtliche Informationen zu den diagnostischen Angeboten betreffend atypische Weidemyopathie (inkl. Preisliste, Antragsformulare und Info-Blätter) gibt's hier!

Tipps für Pferdebesitzer

Um die Gefahr einer Vergiftung durch HGA – auch ohne Vorliegen eines definitiven Laborergebnisses – weitestgehend auszuschließen, haben die Britische Tierärztliche Vereinigung (British Veterinary Association, BVA) und die Vereinigung Britischer Pferde-Tierärzte (British Equine Veterinary Association, BEVA) im Vorjahr eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen ausgearbeitet, die Pferdebesitzern helfen sollen, das Risiko einer Vergiftung zu minimieren. Die wesentlichsten Verhaltensregeln wären:

– Beschränken Sie den Zugang zu Samen, indem Sie Weideflächen durch flexible Absperrungen nur zeitlich begrenzt zur Nutzung freigegeben.

– Stellen Sie sicher, daß die Pferde Zugang zu einer hochwertigen, nicht mit Samen belasteten Weide haben.

– Holen Sie in Risikozeiten ihre Pferde von der Weide.

– Sorgen Sie für ergänzendes Futter auf der Weide, um das Risiko zu minimieren, daß die Pferde unabsichtlich zuviele Samen aufnehmen.

– Lassen Sie nasses Heu nicht auf dem Boden herumliegen, hier kann es verrotten und es können besonders viele Samen im Heu verborgen sein.

– Besprechen Sie die Gefahren – und wie man typische Symptome von AM frühzeitig erkennen kann – mit ihrem Haustierarzt.

– Beachten Sie, daß auch eine Weide ohne Ahornbäume Samen enthalten kann, die vom Wind oder von Überflutungen auf ihre Weide getragen wurden.

– Schneiden Sie Bäume, die gerade voller Samen sind, nicht zurück, da die herabfallenden Samen zu einer massiven Mehrbelastung ihrer Weiden und zu einem noch größeren Risiko für ihre Pferde führen können.

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