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Tierschutzgesetz novelliert: Viel Kritik, wenig Lob
31.03.2017 / News

Künftig ist im Gesetz genau definiert, welche Betriebe sich „Tierasyl" oder „Gnadenhof" nennen dürfen.
Künftig ist im Gesetz genau definiert, welche Betriebe sich „Tierasyl" oder „Gnadenhof" nennen dürfen. / Symbolfoto: Gnadenhof Edelweiss

Gestern beschloss der österreichische Nationalrat die umstrittene Novelle zum Tierschutzgesetz, die u. a. ein Verbot privater Online-Tieranzeigen bringt. Viele andere Bestimmungen gehen Tierschützern jedoch nicht weit genug.

 

Die Tierschutzorganisation ,Vier Pfoten' hat die gestern (30. März 2017) im Nationalrat beschlossene Novelle zum Tierschutzgesetz so zusammengefasst: „Die einzelnen Verbesserungen im Heimtierbereich werden überschattet von den Missständen bei den Nutztieren“, so das Urteil von Martina Pluda, Kampagnenleiterin von ,Vier Pfoten', die weiter meinte: „Der Kuhhandel, der ganz offensichtlich im Vorfeld stattgefunden hat, ist in einigen Paragrafen sehr deutlich zu sehen.“ Doch was bringt die Novelle im Detail? Hier ein Überblick der wichtigsten Neuerungen ...

Die Eckpunkte der Novelle

Neu im Gesetz ist die Einführung der verpflichtenden Kennzeichnung von Zuchtkatzen mittels eines zifferncodierten, elektronisch ablesbaren Microchips durch einen Tierarzt bzw. eine Tierärztin ab dem Jahr 2018. Die Novelle sieht zudem vor, dass die Haltung zum Zwecke der Zucht als auch zum Zwecke des Verkaufs bewilligungspflichtig ist, und zwar nicht nur im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit, sondern auch im Rahmen von sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten; ausgenommen ist die Land- und Forstwirtschaft. Aber auch dort, wo keine Bewilligungspflicht vorliegt, jedoch immer wieder Tiere (kurzfristig) zur Ab- und Weitergabe gehalten werden, muss auf ausreichende Haltungsbedingungen geachtet und die Tätigkeit der Behörde gemeldet werden. Dies betrifft einerseits den privaten Handel mit Haustieren, aber auch Unterbringungen durch diverse Organisationen. Privatpersonen dürfen in Zukunft keine Tiere mehr auf Internetplattformen anbieten, Ausnahmen gelten lediglich für Züchter bzw. für autorisierte Personen bzw. Vereine.

Als Tierquälerei gilt auch die Verwendung von Halsbändern mit Zugmechanismus, die das Atmen des Hundes erschweren, gelten. Verboten wird das Tätowieren und die Verfärbung von Haut, Federkleid oder Fell aus modischen oder kommerziellen Gründen.

Durch eine Neuformulierung des Zuchtbegriffs soll klargestellt werden, dass Zucht im Sinne des Tierschutzgesetzes nicht nur bei einer gezielt herbeigeführten Fortpflanzung vorliegt, sondern auch immer dann, wenn der Halter die Fortpflanzung bewusst ermöglicht ("nicht verhinderte Anpaarung"). Außerdem ist sie auch dann gegeben, wenn die zur Deckung verwendeten männlichen Tiere eventuell nicht zugeordnet werden können, wie dies bei z.B. bei Freigangshaltung der Fall ist. Bei bestehenden Tierrassen, bei denen Qualzuchtmerkmale auftreten, müssen die Halter durch eine laufende Dokumentation nachweisen, dass durch entsprechende Maßnahmen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Nachkommen reduziert und in der Folge beseitigt werden.

Bei den Begriffsbestimmungen werden die Bezeichnungen Tierasyl und Gnadenhof, die Einrichtungen zur dauerhaften Verwahrung von herrenlosen und fremden Tieren sind, klar vom Tierheim unterschieden. Hinzu kommt noch der Ausdruck "Tierpension", der im Gesetz genau definiert wird. Genauere Regelungen betreffend Mindestanforderungen in Bezug auf die Ausstattung dieser Einrichtungen, die Betreuung der Tiere sowie über die Ausbildung des Personals sollen im Zuge einer Verordnung festgelegt werden. Weitere Eckpunkte der Novelle sind eine verbesserte Rechtsstellung der Tierschutzombudspersonen (Möglichkeit der Revisionserhebung beim Verwaltungsgerichtshof, Akteneinsicht bei den Strafgerichten) sowie eine klare Regelung der Rechtspersönlichkeit der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz.

Kritik von Tierschützern und Opposition

Für besonders kontroverse Diskussionen sorgte das Thema Rinderhaltung. Hier hatten Tierschutzorganisationen auf ein effektives Verbot der permanenten Anbindehaltung gedrängt bzw. Übergangsfristen bis zu einem vollständigen Verbot eingemahnt. Beides ist in der Novelle nun nicht enthalten – was viele Tierschutzvertreter erboste, darunter auch die Organisation ,Vier Pfoten'. Kampagnenleiterin Martina Pluda meinte: „Es gibt nach wie vor zahlreiche Ausnahmen des Verbots der Anbindehaltung von Rindern, Ferkel können – als einzige Tierart! – laut Tierhalteverordnung weiterhin ohne Betäubung kastriert und Ziegen enthornt werden. VIER PFOTEN sieht da vor allem die Interessen der Landwirtschaft gewahrt, und zwar auf dem Rücken der Tiere und letztendlich der Konsumenten.“ Immerhin gebe es aber eine Meldepflicht für Betriebe, die ihre Rinder ständig angebunden halten: „So weiß man dann wenigstens, wie viele Tiere noch betroffen sind und kann diese Stallungen gezielt kontrollieren", so Maggie Entenfellner von der „Neuen Kronen Zeitung".

Die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy zieht ebenfalls eine gemischte Bilanz: „Während es gelungen ist, die Bedingungen für Hunde in Privathaltung zu verbessern, wurde bei den Bauernhofkatzen die Kastrationspflicht ausgehöhlt. Hier – wie auch bei den Bestimmungen betreffend Ferkelkastration und Anbindehaltung von Rindern – haben sich die Vertreter der Landwirtschaftslobby auf Kosten des Tierschutzes durchgesetzt.“ Auch bezüglich Tierhandel fällt die Bilanz gemischt aus: Der Handel im Internet wurde erfreulicherweise im Sinne der Tiere novelliert, während das aus Tierschutzsicht laut geforderte Verbot des Verkaufs von Hunden und Katzen im Zoofachhandel nicht umgesetzt wurde.


TV-Tipp:
Das neue Tierschutzgesetz ist auch Thema in der Sendung „Bürgeranwalt“ am Samstag, dem 1. April 2017, um 17.30 Uhr in ORF 2.

Kritik übt Volksanwalt Dr. Günther Kräuter an der Novelle zum Tierschutzgesetz: Im Stall angebundene Rinder müssen danach zwar an mindestens 90 Tagen im Jahr Auslauf haben, gleichzeitig gibt es aber weitreichende Ausnahmen von dieser Vorschrift. Mit Volksanwalt Kräuter diskutiert der Präsident der Salzburger Landwirtschaftskammer und ÖVP-Tierschutz-Sprecher Franz Essl.

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