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Verbot privater Tieranzeigen – ein Multi-Organ-Versagen
03.05.2017 / News

Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd.
Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd. / Foto: Petr Blaha

Um Missverständnisse zu vermeiden und unnötiger Hysterie vorzubeugen: Von einem „Tierverkaufsverbot für Private", wie dies leider mancherorts kolportiert wurde, kann beim neuen Tierschutzgesetz natürlich keine Rede sein – das ist glatter Unfug und fast schon grob fahrlässig. Selbstverständlich darf man auch weiterhin als Privatperson seine Hunde, Katzen und auch Pferde verkaufen, an wen man möchte. Verboten wurde lediglich das öffentliche Anpreisen bzw. Inserieren – ausdrücklich auch via Internet. In § 8a Abs. 2 des letzte Woche in Kraft getretenen Tierschutzgesetzes heißt es wörtlich: „(2) Das öffentliche Feilhalten, Feil- oder Anbieten zum Kauf oder zur Abgabe (Inverkehrbringen) von Tieren ist nur im Rahmen einer gemäß § 31 Abs. 1 genehmigten Haltung oder durch Züchter, die gemäß § 31 Abs. 4 diese Tätigkeit gemeldet haben, sofern sie nicht auf Grund einer Verordnung von dieser Verpflichtung ausgenommen sind, gestattet. Dies gilt auch für derartige Aktivitäten im Internet. Ausgenommen davon ist die Vornahme solcher Tätigkeiten im Rahmen oder zum Zweck der Land- und Forstwirtschaft."

Untersagt ist also das „öffentliche Feilbieten" bzw. Inserieren von Tieren durch Privatpersonen – nicht der Verkauf an sich. Dieses Verbot privater Tieranzeigen hat, wie eine erste Bestandsaufnahme (siehe unseren Bericht dazu) ergeben hat, umgehend Wirkung gezeigt: Willhaben.at, die wichtigste Online-Börse des Landes, hat umgehend zahlreiche Tieranzeigen von seiner Seite entfernt, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, denn auch die Anbieter derartiger Online-Plattformen wären zivilrechtlich als Beitragstäter mit Strafe bedroht und gehen daher rigoros vor. Lt. Kurier-Bericht sollen an die 8.000 Tieranzeigen – darunter auch mehrere Hundert Pferde-Inserate – gelöscht worden sein. Auch andere Plattformen haben ähnlich reagiert – und Vorkehrungen getroffen, um nur noch die Anzeigen von gesetzlich berechtigten Haltern bzw. Anbietern zuzulassen.

Den Schaden haben vor allem Freizeitreiter und private Pferdebesitzer – und in letzter Konsequenz deren Pferde, für die es künftig erheblich schwieriger wird, sie in gute, neue Hände zu vermitteln. Für sie ist es auch ein schwacher Trost, dass die Gesetzes-Änderung womöglich gut gemeint war und der Welpenmafia und dem Schwarzmarkt für Tierbabys den Boden entziehen sollte: Man wolle verhindern, dass kleine Katzen oder Hunde aus dem Kofferraum auf einem Parkplatz verkauft werden, hieß es. So ehrbar und verständlich dieses Motiv auch sein mag – ob die gewählten Maßnahmen zielführend sind und tatsächlich dem Tierwohl dienen werden, muss ernsthaft bezweifelt werden.

Willhaben.at hat in seiner Stellungnahme zum Begutachtungsverfahren das drohende Dilemma auf den Punkt gebracht: „Die aus unserer Sicht wichtigen und offenen Problemstellungen sind mit diesem Gesetzesentwurf nicht gelöst, vielmehr werfen sie zusätzliche Probleme auf. Monatlich werden aktuell tausende Tiere zwischen Privatpersonen vermittelt, das neue Gesetz nimmt ihnen diese Möglichkeit, ohne Alternativen anzubieten. Wohin wenden sich diese vielen Menschen nun mit ihren Tieren? Die heute bestehenden Tierheime werden diese Last nicht tragen können. Auch die Hintertüren für tierquälerischen Tierhandel wie die nicht an Kriterien gebundene Zucht, die einmal innerhalb der ersten sechs Monate vom Amtstierarzt überprüft werden soll und dann keinen regulären Überprüfungen mehr unterliegt, werden nicht geschlossen. Uns ist unklar, was mit dieser Gesetzesnovelle erzielt werden soll und wir zweifeln massiv an, dass diese Lösung eine Verbesserung im Sinne der Tiere bringt. Wir gehen davon aus, dass Tiere in weitaus größerem Ausmaß in schon jetzt überfüllten Tierheimen abgegeben werden bzw. im schlimmsten Fall vermehrt ausgesetzt werden."

Kalt erwischt von der neuen Regelung wurden Pferdefreunde vor allem deshalb, weil die ursprünglich eingebrachte Regierungsvorlage in der Endphase des parlamentarischen Verfahrens noch in einem entscheidenden Punkt geändert wurde, der genau solche ,Notsituationen' hätte abmildern sollen. In der Vorlage waren nämlich zum oben zitierten § 8a Abs. 2 noch zwei Ausnahmen vom Privatanzeigen-Verbot vorgesehen, nämlich

„1. die Vornahme solcher Tätigkeiten im Rahmen oder zum Zweck der Land- und Forstwirtschaft sowie
2. die Suche von Interessenten für einzelne, individuell bestimmte Tiere, bei denen die bleibenden Eckzähne bereits ausgebildet sind, die nicht bei ihrem bisherigen Halter bleiben können oder dürfen, durch den Halter oder eine gemäß § 30 mit den Pflichten eines Halters betraute Person, Vereinigung oder Institution.“

Mit der in Punkt 2 angeführten Ausnahme hätten sich die meisten privaten Pferdeverkäufe zweifellos rechtfertigen lassen – denn es gibt in der Regel gute und nachvollziehbare Gründe, wenn man sich von seinem Pferd oder Pony trennt oder trennen muss (Alter, Krankheit, Übersiedlung, wirtschaftliche Not, Arbeitslosigkeit etc.). In der schließlich beschlossenen und veröffentlichten Endfassung des Gesetzes aber wurde Ausnahme lt. Pkt. 2 ersatzlos gestrichen – weil dies u. a. Tierschutzorganisationen wie ,Vier Pfoten' gefordert hatten (im Wesentlichen mit dem Argument, dass sich künftig auch illegale Tierhändler auf diese Ausnahme berufen könnten).

Doch damit hat man das Kind mit dem Bade ausgeschüttet – denn private Tierbesitzer haben nun keine adäquate Alternative, um in Notsituationen rasch und unkompliziert einen neuen Platz für ihren vierbeinigen Liebling zu finden. Sie werden in der Not alleingelassen und haben im Prinzip nur die Alternative, ihr Pferd in ein Tierheim zu geben, es einem Pferdehändler oder gewerblichen Halter zu verkaufen – oder es „nicht öffentlich" zu verkaufen, also einen Aushang im Reitverein zu machen oder es im Bekanntenkreis mündlich anzubieten. Alle drei Varianten sind – im Vergleich zur bisherigen Situation – wenig attraktiv, und es ist tatsächlich nicht auszuschließen, dass die Horror-Vorstellung von Willhaben.at (siehe oben) Realität wird und verzweifelte Pferdebesitzer tatsächlich ihr Pferd nachts vors Tierheim stellen oder sonstwo aussetzen, weil sie einfach nicht mehr weiter wissen. In Ländern wie Großbritannien, Irland oder Spanien ist das – wenngleich aus anderen Gründen – leider trauriger Alltag.

Dass der Gesetzgeber für solche ,Notsituationen' privater Tierbesitzer keine echte Alternative vorgesehen hat, ist ein eklatanter Qualitätsmangel dieses neuen Tierschutzgesetzes (leider nicht der einzige) – und jedenfalls ein partielles Versagen des Gesetzgebers. Doch damit steht er – man muss es leider ansprechen – nicht allein da, denn auch die gesamte Pferdeszene hat dieses drohende Privatanzeigen-Verbot weitgehend ignoriert und sich an der öffentlichen Diskussion um das neue Tierschutzgesetz nicht beteiligt. Niemand fand es der Mühe wert, öffentlich seine Stimme zu erheben und klar und deutlich zu sagen, dass die Ausnahmeregelung gem. Pkt. 2 für die Pferdebranche unverzichtbar ist und daher bleiben muss. Das parlamentarische Begutachtungsverfahren umfasst insgesamt 642 Stellungnahmen bzw. Eingaben, doch keine einzige stammt, soweit es erkennbar ist, von einer Institution bzw. einem Verband aus der Pferdewirtschaft. Man kann es leider nicht anders sagen: Österreichs Pferdebranche ist sehenden Auges in dieses Desaster geschlittert und hat – aus welchem Grund auch immer – kollektiv geschwiegen. Auch die Tierschutzorganisationen haben sich in diesem wichtigen Punkt nicht mit Ruhm bekleckert – sie haben sich zwar zahlreich im Begutachtungsverfahren zu Wort gemeldet, aber das drohende gesetzliche Vakuum bei privaten Notsituationen, aus welchem Grund auch immer, nicht thematisiert. Die Zeche für dieses Multi-Organ-Versagen zahlen nun die privaten Tierbesitzer.

Die Konsequenzen sind jedenfalls schon jetzt dramatisch – zumal das Gesetz ohne jegliche Übergangsfrist in Kraft getreten ist, sich daher die Tierbesitzer nicht auf die geänderte Situation einstellen konnten und jetzt vor einem massiven ,Vermittlungs-Problem' stehen. Derzeit scheint die einzig halbwegs befriedigende Alternative darin zu bestehen, dass private Pferde über einen gewerblichen Halter bzw. Verein angeboten werden, wie dies auch das Gesundheitsministerium in einer Information empfiehlt. Man wird sehen, ob und wie dies in der Realität funktionieren wird – und ob auf diese Weise zumindest das Allerschlimmste verhindert werden kann,

meint Ihr
Leopold Pingitzer

PS: Sagen Sie mir ruhig Ihre Meinung: redaktion@propferd.at

Kommentare

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2) Moonlight59: Rechtlich vermutlich eine wirre Situation, die nach ausjudizierten Präzedenzfällen schreit - und das wird dauern. Die Möglichkeit, ausländische Stroh-Inserentinnen zu finden, scheint mir dünn und wenig praktikabel. Zum einen müssten dann alle österreichischen Interessenten die vielen ausländischen Anzeigenportale lesen, um heimische Pferde (Tiere) zu finden; dann die vielen Umwege der Kontaktierung und ev. Abwicklung; und vermutlich das juristische Verursacherprinzip, das dagegen steht. Ich kann ja auch hier wegen Anstiftung zum Mord verurteilt werden, wenn ich einen ausländischen Auftragskiller anheuere. Einfacher, wenn eine landwirtschaftliche Organisation offiziell ihre Medien den Pferdeverkäufern zur Nutzung anbieten würde - obwohl das auch nicht funktionieren könnte - wenn man eben kein Landwirt ist. Klar: Pferde sollen keine landwirtschaftlichen Nutztiere sein (das wäre steuerlich für den Staat blöd); wenige Pferde-Verkäufer sind Landwirte und haben daher keine Inseraten-Berechtigung . Den LW-Kammern sind Reiter und Pferde ziemlich wurscht (bis unangenehm), sie werden keine Lösung anstreben. Aber ich schlage vor: Endlich mal gelebter Protest, wie in Frankreich. Die ersten hundert unverkäuflichen Pferde vor dem Parlament in Wien anbinden. Ach, geht ja auch nicht, sind doch gechippt... naja, sind wir Pferdeleute wieder mal in der Kiste. Es wird enger - mit politischer Absicht?
Sonntag, 4. Juni 2017
1) balubalu: Nur mal als Hypothese: Du hast ein Pferd und möchtest es verkaufen, du hast einen bekannten /Freund/Facebookfreund/ Verwandten usw. in Deutschland. Du bittest ihn für dich ein Inserat auf ehorses.de oder einem ähnlichen Portal zu schalten mit dem Wortlaut: Verkauf im Auftrag .....Standort:Österreich . Jetzt meine Frage : Macht man sich da auch strafbar????
Es ist ja auf einem Deutschen Portal, der Inserent ist Deutscher Staatsbürger (aber zumindest nicht Österreicher und was ein Nicht Österreicher im Ausland anbietet, muss dem österreichischen Tierschutzgesetz ja eigentlich Wurscht sein.) -
Oder irre ich mich da?
Montag, 8. Mai 2017

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