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Die goldene Regel gegen Staubbelastung im Reitstall
13.05.2017 / News

Staub lauert überall im Reitstall – auch von den Reitböden geht ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential aus.
Staub lauert überall im Reitstall – auch von den Reitböden geht ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential aus. / Foto: Archiv

Zwei Forscherinnen der Universität Göttingen haben eine Meta-Studie zur Staubbelastung in Pferdebetrieben vorgelegt: Sie offenbart die Dramatik des Problems – zeigt aber auch eine ebenso einfache wie praxistaugliche Lösung.

 

In den letzten Jahren ist die Frage der Luftqualität in Pferdebetrieben und insbesondere das Problem der Staubbelastung in Stall und Reitbahn immer stärker in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses gerückt. Der signifikante Anstieg von Lungenerkrankungen – und zwar sowohl bei Menschen und Pferden – wurde dabei mit der in Pferdebetrieben beträchtlich hohen Staub- und Feinstaubbelastung in Verbindung gebracht und gilt mittlerweile als wissenschaftlich belegt. Auch den Ursachen dieser Staub- bzw. Partikelbelastung wurde in mehreren Studien auf den Grund gegangen – nicht zuletzt, um sinnvolle Strategien zur Vermeidung hoher Staubkonzentrationen zu entwickeln.

Mit exakt dieser Problemstellung haben sich Prof. Dr. Engel Hessel und Gesche Claußen von der Georg-August-Universität in Göttingen befasst: Sie haben im Rahmen einer sogenannten Meta-Studie insgesamt 56 wissenschaftliche Untersuchungen analysiert, ausgewertet und deren Erkenntnisse zusammengefasst, um wirksame Vermeidungsstrategien für eine Bekämpfung bzw. Verminderung hoher Staubbelastungen im Reitstall aufzuzeigen. Derartige Strategien sind für jeden Pferde- und Stallbesitzer von enormer Bedeutung – denn eine hohe Partikelbelastung verursacht nicht nur gesundheitliche Probleme bei Mensch und Pferd, sondern stellt auch eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für Besitzer und Betriebe dar, weil hohe Arzt- und Tierarztrechnungen ebenso bewältigt werden müssen wie geringere Nutzungsmöglichkeiten sowie Aufwendungen für Ersatzkräfte und -leistungen. Die Staubbelastung zu minimieren ist also im ureigensten Interesse jedes Pferde- und Stallbesitzers.

Doch wie kann man dies am besten und effizientesten erreichen? Hier kommen die beiden Autorinnen zu einer theoretisch sehr einfachen Lösung: nämlich alle staubverursachenden und -fördernden Aktivitäten innerhalb eines Pferdebetriebes zu unterlassen bzw. so zu organisieren, dass Mensch und Pferd davon nur minimal betroffen sind.

Sinnvolle Strategien zur Vermeidung einer hohen Partikelbelastung umfassen alle Bereiche des Pferdemanagements und fangen bereits bei den vorhandenen Gebäuden an: So sollten die Stallungen möglichst hoch und gut durchlüftet sein – allein dies bringe beträchtliche Vorteile bezüglich der Luftqualität, so die Wissenschaftler. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Haltung an sich: Pferde sollten soviel Zeit wie möglich im Freien und auf Koppeln und Weiden verbringen – und wenn sie in den Stallungen eingestellt werden, sollte dies möglichst offen sein, mit Fenstern für eine gute Belüftung.

Auch die Futtermittel und die Einstreu können eine Quelle für Staub aller Art und sollten so gewählt werden, dass sie möglichst wenig Partikel tragen bzw. freisetzen: Die Partikel-Konzentrationen können hinsichtlich Qualität und Herstellungsmethode enorm variieren, so die Wissenschaftler: „Es ist möglich, Einstreu-Materialien und Futtermittel mit sehr niedriger Staubbelastung zu verwenden – etwa Strohpellets, Sägespäne, Heulage und Silage." Dies sei – ohne dass eine spezielle Sonderbehandlung erforderlich wäre – vor allem bei Pferden empfehlenswert, die an chronischen oder allergisch bedingten Erkrankungen der Atemwege leiden. Weiters könne man Flüssigkeiten wie Öl, Melasse oder Wasser bei der Kraftfutter-Ration hinzufügen, um die Staubbelastung zu minimieren – auch das Bedampfen oder Einweichen von Heu sei in dieser Hinsicht sinnvoll.

Vor allem ein Grundsatz – gleichsam die goldene Regel im Kampf gegen eine hohe Partikelkonzentration in Reitbetrieben – ist wichtig: „Da die meisten Pferde in Stallungen gehalten werden, ist es von überragender Bedeutung, dass sämtliche Aktivitäten, die eine hohe Staubbelastung verursachen – etwa das Ausmisten der Boxen oder das Kehren der Stallgassen – nur dann durchgeführt werden, wenn die Pferde nicht im Stall sind."  Auch die Dauer dieser Belastung darf keinesfalls unterschätzt werden: Die kleinsten Partikel, die als Hauptverursacher für Atemwegserkrankungen gelten, können auch noch mehrere Stunden nach Durchführung dieser Aktivitäten in hohen Konzentrationen im Stall nachgewiesen werden, warnen die Forscher eindringlich.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Stallluft beträchtliche Mengen von anorganischen Staub, aber auch von organischen Partikeln enthält, darunter auch bakterielle Endotoxine, Pflanzenreste, mehr als 50 Schimmel-Arten und große Mengen von Futter-Milben: „Diese kleinsten luftgetragenen Teilchen sind mögliche Allergie-Auslöser und Reizstoffe. Je nach Konzentration und ihrer biologischen, chemischen und physischen Eigenschaften haben diese Partikel ein unterschiedlich großes Potential, eine Gefahr für die menschliche oder tierische Gesundheit darzustellen." Daher sind alle Maßnahmen wichtig und sinnvoll, die eine gute Belüftung und einen kontinuierlichen Luftaustausch in den Stallungen gewährleisten, so die Wissenschaftler.

Ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential stellen auch die Reitböden dar: Die Staubbelastung auf den Reitplätzen hängt wesentlich von ihrer Lage, der Art der Tretschicht und der Zahl der Pferde ab, die gleichzeitig darauf trainiert werden. Von zentraler Bedeutung ist es, eine optimale Feuchtigkeit der obersten Reitplatzschicht zu gewährleisten, um die Partikelkonzentration so gering wie möglich zu halten: „Pferde, die an Atemwergserkrankungen leiden, sollten nur dann auf Reitplätzen geritten werden, wenn diese zumindest für die Dauer einer Nacht nicht verwendet wurden und wenn die Zahl anderer Pferde gering ist", so die Wissenschaftler zusammenfassend.

Die Studie „Particulate Matter in Equestrian Stables and Riding Arenas" von Prof. Dr. Engel Hessel und Gesche Claußen wurde im ,Journal of Equine Veterinary Science" veröffentlicht und kann in englischsprachiger Kurzfassung hier nachgelesen werden.

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