News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Prinzessin Anne auf Wien-Besuch: Salut für eine Pferdefrau
15.06.2017 / News

Prinzessin Anne – hier bei einer Preisverleihung im Jahr 2015 – wird am 23. Juni in der Spanischen Hofreitschule ausgezeichnet.
Prinzessin Anne – hier bei einer Preisverleihung im Jahr 2015 – wird am 23. Juni in der Spanischen Hofreitschule ausgezeichnet. / Foto: Wikipedia/Chatham House
Im Jahr 1969 besuchte Queen Elizabeth II mit ihrer Tochter Anne (ganz rechts) nicht nur die Spanische Hofreitschule, sondern auch das Bundesgestüt Piber. Dessen damaliger Leiter – Hofrat Dr. Heinrich Lehrner – ist hier ganz links zu sehen, rechts neben Queen Elizabeth II der steirische Landeshauptmann Josef Krainer sen.
Im Jahr 1969 besuchte Queen Elizabeth II mit ihrer Tochter Anne (ganz rechts) nicht nur die Spanische Hofreitschule, sondern auch das Bundesgestüt Piber. Dessen damaliger Leiter – Hofrat Dr. Heinrich Lehrner – ist hier ganz links zu sehen, rechts neben Queen Elizabeth II der steirische Landeshauptmann Josef Krainer sen. / Foto: Archiv

Am 23. Juni 2017 wird Prinzessin Anne Wien besuchen und im Rahmen der Fête Impérial in der Spanischen Hofreitschule mit einem besonderen Preis geehrt.

 

Großbritannien hat in vielerlei Hinsicht neben der sportlichen auch seine kulturhistorische Bindung zum Pferd bewahrt: Es gibt berittene Traditionsregimenter (Horse Guards, King’s Troop), das Amt des Hofmarschalls und Marställe, eine berittene Polizei und nicht zuletzt die traditionelle Begeisterung des Königshauses für alles, was mit Pferden, Pferdesport und Zucht zu tun hat. König Georg VI. (George VI, 1895 – 1952) und seine Gemahlin Elizabeth – The Queen Mum) waren erfahrene Pferdeleute; die beliebte Königin-Mutter besaß Zeit ihres langen Lebens – sie wurde über 100 Jahre alt – zahlreiche Rennpferde. Ihr großes Interesse galt dem Hindernissport, also Hürdenrennen und Steeplechases; viele ihrer Vollblüter waren sehr erfolgreich und ihre hellblaue Dress oft siegreich. Der wohl bekannteste Jockey, der für sie ritt, war der später als Krimiautor weltberühmte Dick Francis.

Queen Elizabeth II, ihr Mann Prinz Philip (The Duke of Edinburgh) und nahezu alle Mitglieder des Hauses Windsor sind bekennende Pferdenarren und sind oder waren zum Teil hervorragende Reiter. Schon als junge Prinzessinnen waren Elizabeth und ihre Schwester Margaret als talentierte Reiterinnen an der Seite ihrer Eltern aufgefallen; sogar an Fahrsportbewerben nahmen sie erfolgreich teil, immer mit Ponys.
Prinz Charles und seine Schwester Prinzessin Anne waren unter den Kindern des königlichen Paares vermutlich die talentiertesten und jedenfalls die erfolgreichsten Pferdesportler. Charles spielte, wie auch sein Vater Philip, hervorragend Polo – obwohl er das Handicap des Vaters nie toppen konnte. Er kann aber einen Viererzug lenken und ritt früher begeistert zur Fuchsjagd. Seine Frau Camilla war die wohl eifrigste Jagdreiterin der ganzen Familie; sie verbrachte früher zahllose Wochenenden im Sattel ihrer Jagdpferde hinter den fashionablen Meuten der Midlands.

Prinzessin Anne – ein Talent im Sattel

Prinzessin Anne bewies im Sattel von Kindheit an großes Talent. Die schier endlosen Reitwege um die Schlösser Windsor, Balmoral und Sandringham boten dem royalen Nachwuchs beste Möglichkeiten. Das erste Pony war ein Schimmel-Shetty namens Fum, dem der etwas größere Welsh-Wallach William folgte. Der Unterricht und vor allem eine gründliche Ausbildung in Horsemanship erfolgte anfangs durch die Stallmeister Frank Hatcher und Bert Wiles, welche sich laut Prinzessin Anne sehr geduldig und wohlwollend um ihre Grundausbildung kümmerten – zusammen mit der Mama, die immer mit Rat und Tat beistand. Es folgten einige größere, sportliche Ponys, unter denen die korpulente Stute Greensleeves weniger angenehme Erinnerungen wachruft, denn sie war stur und wenig kooperativ. Ein charmanter Schimmelnamens Bandit entsprach seinem Namen kaum, denn er war ein ideales Einsteiger-Pony für die nunmehr sportlich ambitionierte Prinzessin in ihren frühen Teens. Er hatte allerdings eine kuriose Macke: Er wiederholte niemals eine Aufgabe, sondern konnte immer nur einmal über einen Parcours oder durch ein Ponyspiel geritten werden.

Mit High Jinks konnte Anne als Teenager unter der Anweisung von Cherry Hatton-Hall, einer erfahrenen Trainerin, erste Erfolge in kleineren Bewerben (Working Hunter, Gymkhanas, Mounted Games, Springen) verbuchen. Daraus entwickelte sich ein großes, lebenslanges Interesse an der Vielseitigkeit, das vorerst durch Dressur-Lektionen bei Alison Oliver und Joan Gold (internationale Grand Prix-Reiterin) eine Basis fand. Durch talentierte Pferde aus dem Besitz der Queen und ihres Stallmeisters, Sir John Miller, aber auch geborgt von befreundeten Familien, konnte die junge Prinzessin Anne schnell in dieser Sparte Fuß fassen. Vor allem auf Doublet erritt sie zwischen 1969 und 1974 hervorragende Ergebnisse in großen Prüfungen, darunter Siege in Osberton und der EM in Burghley und ein 5. Platz in Badminton. Mit dem Wallach Goodwill setzte sie zwischen 1972 und 1979 die Erfolgsserie fort, die in einem zweiten Platz bei der EM in Luhmühlen 1975 gipfelte.

Es ist außerhalb Englands wenig bekannt, dass die Princess Royal (so ihr offizieller Titel) auch eine sehr talentierte Rennreiterin war. Zwischen 1985 und 1991 nahm sie an 41 Flachrennen und 43 Hindernisrennen teil, wobei sie sechs bzw. einen Sieger heimbringen konnte; eine mehr als beachtliche Leistung für eine junge Dame mit derart vollem Terminkalender – zu dem in diesen Jahren auch ihre Funktion als Präsidentin der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) beigetragen hat, die sie von 1986 bis 1994 innehatte.

Diversen Sport- und Zuchtorganisationen als Ehrenpräsidenten vorzustehen und somit eine wichtige Vorbildfunktion innezuhaben, ist für viele „Royals“ eine Selbstverständlichkeit und unverzichtbarer Bestandteil ihrer öffentlichen Verpflichtungen. Seit vielen Jahren nimmt Prinzessin Anne sich an vorderster Stelle des therapeutischen Reitens für behinderte Kinder an, wozu in aller Regel Ponys verwendet werden. Sie unterstützt die RDA (Riding for the Disabled) in diversen Funktionen und trägt so zur Bekanntheit des Pferdesports – auch für besondere Menschen – bei. Die Prinzen William und Harry sind gute Polospieler und Jagdreiter, während Zara Phillips, Tochter von Prinzessin Anne und Captain Mark Phillips, ihrer Mutter nacheifert und heute ebenfalls zur internationalen Spitze in der Vielseitigkeit gehört. Prinz Philip hat das Polospiel längst aufgeben müssen, nimmt aber im Alter von weit über 90 Jahren noch immer an Traditions-Fahrturnieren teil – mit einem Gespann Fell Ponys aus der Zucht seiner Gemahlin.

Prinz Philip fördert besonders die sogenannten Mounted Games, also die Reiterspiele für Jugendliche auf Ponys, die in GB eine lange Tradition haben. Königin Elizabeth gilt als eine der profundesten Kennerinnen von Pferdesport und Zucht auf den britischen Inseln. Sie engagiert sich für die Erhaltung einiger seltener Rassen der Inseln, wie z. B. Fell Pony und Cleveland Bay.

Wiedersehen mit der Spanischen Hofreitschule

Am 23. Juni wird Prinzessin Anne eine Einladung zur Fête Impériale der Spanischen Hofreitschule wahrnehmen und den „Prix d l’École d’Èquitation Espagnole de Vienne“ entgegen zu nehmen. Für die Prinzessin ist es ein Déja-vu: Sie ritt bereits im Jahr1969 im Rahmen des Staatsbesuches ihrer Eltern in Österreich auf Einladung Oberst Hans Handlers (damals Leiter der Schule) einen Lipizzaner Schulhengst namens Siglavy Bona.

In ihren hippologischen Memoiren (,Riding Through my Life') aus dem Jahr 1991 erinnert sich Anne an diese Erfahrung – die sie zwar aufgrund einer Magengrippe nicht wirklich genießen konnte, die jedoch durchaus Eindruck auf sie gemacht hat. Wörtlich schrieb sie: „Ich hatte eine kurze Darbietung gesehen, ehe ich die Chance auf einen Ritt angeboten bekam, und zwar auf einem der Schimmelhengste – Siglavy Bona – unter den sorgsamen Augen und der hilfreichen Instruktion Oberst Handlers. Ihr Gebäude macht sie nicht gerade zu bequemen Pferden – und ich erkannte, dass es einige Zeit dauern würde, bis ich den Rhythmus finden würde, um so ruhig zu sitzen, dass ich das Pferd nicht stören würde. Das wusste mehr über den Vorgang als ich – und ich war erstaunt, wie viel wir erreichten, trotz meiner Unerfahrenheit, und das sagt eine Menge über die Ausbildung und das Temperament der Hengste. Das Sattelzeug der Hofreitschule ist ähnlich jenem von Militär und Polizei: traditionell, sehr hart und breiter als moderne Sportsättel. Ich fühlte mich wie auf einem kleinen, flachen Tisch – wenn auch aus Hirschleder – was meinem ,tiefen Sitz' nicht gerade half. Bei den einfachen Lektionen – Traversalen und Galoppwechsel – machte das wenig aus,  aber als es an Passage und Piaffe ging, fand ich es zunehmend schwer, mit dem Sattel in Kontakt zu bleiben. Nachdem ich die richtigen Hilfen gefunden hatte, ging Siglavy in der Passage los, und ich flog immer höher aus dem Sattel, was ihn nicht zu stören schien, bis ich ihn stoppen musste, ehe ich herunterfiel.
Nicht nur der Sattel, auch die Kandare war traditionell, mit langen Anzügen, die man mit den Zügeln unterschiedlich, drei zu eins hielt; ich erinnere mich an den Trensenzügel rechts und die anderen drei links.... „

Dennoch konnte sie ihrem kurzen Ritt auch Positives abgewinnen: „Hätte ich die Chance gehabt, eine volle Vorführung der Hofreitschule zu sehen oder einen der berühmten Hengste zu reiten, ich wüsste, was ich wählen würde. Ich war stets dankbar, trotz meiner Grippe diese seltene ,praktische Erfahrung mit lebendiger Geschichte' gemacht zu haben... Ich denke, davon viel gelernt zu haben, aber befürchte, dass ich dadurch nicht zu einer Dressurreitern konvertiert wurde. Trotz aller Wertschätzung für diese Zucht und das Training und Reiten von Pferden auf diesem Niveau, bleibe ich eine strenge Verfechterin der Allround-Reiterei in der Vielseitigkeit."

Dass die Dressur nicht viel mehr ist als ein notwendiges Übel für sie ist – das muss man einer leidenschaftlichen Vielseitigkeitsreiterin zweifellos nachsehen. Auf das Wiedersehen mit der Spanischen Hofreitschule wird sie sich dennoch freuen, hoffentlich nicht mit Magengrippe wie 1969, sondern pumperlgesund und bestens gelaunt, um auf dem glatten Wiener Parkett das Tanzbein zu schwingen und ihren Preis entgegenzunehmen. Wir gratulieren dazu von ganzem Herzen – und wünschen beste Unterhaltung, Your Highness!

Martin Haller

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen