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Reit-Therapie für Schlaganfall-Patienten enorm positiv
19.06.2017 / News

Die Therapie mit und auf dem Pferd war für die Schlaganfall-Patienten besonders motivierend – was maßgeblich zu den Fortschritten beigetragen hat.
Die Therapie mit und auf dem Pferd war für die Schlaganfall-Patienten besonders motivierend – was maßgeblich zu den Fortschritten beigetragen hat. / Symbolfoto: Irene Gams

Mehr als die Hälfte der untersuchten Schlaganfall-Patienten, die im Rahmen einer Studie Reit-Therapie erhielten, hat davon in vielerlei Hinsicht profitiert – selbst dann, wenn der Schlaganfall bereits Jahre zurücklag.

 

Reit- und Musiktherapie fördern die Erholung nach einem Schlaganfall in hohem Maße – das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von Forschern der Universität Göteborg, die vor kurzem in der Fachzeitschrift ,Stroke' veröffentlicht wurde. Insgesamt nahmen an der Untersuchung 123 Männer und Frauen im Alter von 50  bis 75 Jahren teil, deren Schlaganfall zumindest zehn Monate, höchstens jedoch fünf Jahre zurücklag. Nach dem Zufallsverfahren wurden die TeilnehmerInnen auf drei Gruppen verteilt:

Gruppe 1 erhielt zweimal die Woche eine Rhythmus- und Musiktherapie, bei der die Teilnehmer über 90 Minuten unterschiedlichste Bewegungen der Hände und Füße zur Musik ausführten – vom Klatschen der Hände oder einem Stampfen mit den Füßen bis zu komplexeren Bewegungsmustern ähnlich dem Schlagzeugspielen.

Gruppe 2 traf sich zweimal die Woche für 240 Minuten in einem Reitzentrum für Behinderte. Die Patienten nahmen zunächst an der Pflege der Pferde teil und absolvierten anschließend in kleinen Gruppen eine Reiteinheit von 30 Minuten. Dabei wurde jedes Pferd von zwei Assistenten begleitet. Einer führte das Pferd, der andere passte auf, dass der Patient auf dem Pferd sicheren Halt fand und einfache Gleichgewichtsübungen durchführen konnte.

Gruppe 3 nahm an keiner besonderen Therapie teil und diente in dieser Untersuchung als Kontroll-Gruppe.

Die Therapien wurden insgesamt 12 Wochen lang angewendet. Zu Beginn und nach Abschluss der Therapien mussten die TeilnehmerInnen einen umfangreichen Fragebogen („Stroke Impact Scale“ = SIS) ausfüllen, in dem sie detailliert die Auswirkungen ihres Schlaganfalls und ihren gesundheitlichen Status beschreiben sollten. Laut Studienleiter Michael Nilsson von der Universität Göteborg berichteten nach der Therapie 56 Prozent der Teilnehmer in der Reitgruppe von einer Verbesserung der SIS. In der Rhythmus- und Musikgruppe kam es bei 38 Prozent zu Fortschritten. Die Unterschiede zur Kontrollgruppe, wo lediglich 17 Prozent eine Erholung verspürt hatten, waren signifikant.

Diese subjektiv empfundenen Resultate des Fragebogens konnten auch durch die Ergebnisse in objektiven Tests untermauert werden. Die Teilnehmer der Reittherapie steigerten ihre Leistung im „Timed Up und Go“-Test zur Gehfähigkeit und in der „Berg Balance Scale" zum Gleichge­­wichtssinn. Nach der Musiktherapie kam es neben einer Verbesserung des Gleichgewichtssinns auch zu einem Anstieg der Griffstärke im GRIPPIT-Test sowie zu besseren Ergebnissen im BNIS-Test zu höheren zerebralen Funktionen. Die meisten dieser Verbesserungen waren auch sechs Monate später noch nachweisbar. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich in der Musiktherapie auch das Kurzzeitgedächtnis der Patienten verbessert.

Für Studienleiter Nilsson sind die erzielten Fortschritte äußerst bemerkenswert: „Das ist ein bedeutender Erfolg für eine späte, nicht-pharmazeutische Intervention", so Nilson, „der zeigt, dass Verbesserungen auch noch Jahre nach einem Schlaganfall möglich sind, wenn man in einem geeigneten, stimulierenden Umfeld motivierende, umfassende Therapien anbietet, die die Gehirnaktivität anregen und den Erholungsprozess fördern. Die Reittherapie erzeugt eine multisensorische Umgebung, die dreidimensionalen Bewegungsimpulse des Pferdes schaffen eine sinnliche Erfahrung, die dem normalen menschlichen Gang sehr ähnlich ist und sich bei Schlaganfall-Patienten sehr günstig auswirkt."

Auch Co-Autorin Prof. Lina Bunketorp-Käll zeigte sich beeindruckt: „Es scheint, dass es vor allem die Kombination verschiedener Aktivitäten und Reize und nicht so sehr die einzelne Komponente ist, die für einen zusätzlichen therapeutischen Effekt in der Erholungsphase nach einem Schlaganfall sorgt."

Die Motivation spielt dabei offenbar eine entscheidende Rolle: Die Patienten könnten tatsächlich leichter für Reiten und Musik zu gewinnen sein als für die oft als monoton empfundenen Übungen der Physio- oder Ergotherapie – und darauf beruht vermutlich ein beträchtlicher Teil der erzielten Fortschritte.

Die Untersuchung „Long-Term Improvements After Multimodal Rehabilitation in Late Phase After Stroke. A Randomized Controlled Trial" von Lina Bunketorp-Käll, Åsa Lundgren-Nilsson, Hans Samuelsson, Tulen Pekny, Karin Blomvé, Marcela Pekna, Milos Pekny, Christian Blomstrand und Michael Nilsson ist am 15. Juni 2017 in der Zeitschrift ,Stroke' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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