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Kleine Schlaumeier: Fohlen ganz besonders lernfähig
27.06.2017 / News

Fohlen sind von Geburt an neugierig und ihrer Umwelt gegenüber aufgeschlossen – eine Tatsache, die man bei der Fohlenerziehung entsprechend nutzen sollte, so die Wissenschaftler.
Fohlen sind von Geburt an neugierig und ihrer Umwelt gegenüber aufgeschlossen – eine Tatsache, die man bei der Fohlenerziehung entsprechend nutzen sollte, so die Wissenschaftler. / Symbolfoto: Irene Gams

Fohlen sind vom ersten Tag an besonders lernbereit und lernfähig – eine Tatsache, die Züchter und Pferdebesitzer systematisch nutzen sollten, um ihnen elementare Grundbegriffe und -fähigkeiten des Pferdelebens beizubringen, so eine aktuelle Studie.

 

Die Entwicklung des Fohlentrainings hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht. Früher hat man sich in der Fohlenerziehung meist nur auf das Notwendigste beschränkt – vielfach hatten die Fohlen das erste Mal intensiveren menschlichen Kontakt, wenn der Hufschmied gebraucht wurde. Mittlerweile ist man sich sehr wohl bewusst, wie viel man für das weitere Leben des Pferdes vorbauen und ebnen kann, wenn man das Fohlen richtig behandelt und trainiert und schon frühzeitig an bestimmte Aufgaben und Abläufe des normalen Pferdelebens gewöhnt – freilich ohne jeglichen Zwang und Druck. Eine gute ,Grundschule' kann einem Fohlen viel Stress und dem Besitzer viele Probleme in Handling und Umgang ersparen.

Dass man mit dieser ,Grundschule' schon sehr früh beginnen kann und auch soll – das konnte eine aktuelle Studie von zwei Mitarbeiterinnen der Veterinärmedizinischen Universität von Pennsylvania nun auch wissenschaftlich untermauern. Wie die Forscherinnen Elena Martinez de Andino und Sue McDonnell herausfanden, verfügen bereits ganz kleine Fohlen über ebenso große Lernfähigkeiten wie ältere Fohlen – und sie sind nicht nur ebenso lernbereit, sondern beim Lernen auch ebenso effizient wie diese.

Die Wissenschaftlerinnen führten ihre Untersuchung mit insgesamt 26 Shetlandpony-Fohlen – 13 Stutfohlen sowie 13 Hengstfohlen – im Alter zwischen sechs Wochen und fünf Monaten durch. Wesentlicher Zweck der Studie war es, die operative Lernleistung junger Fohlen zu beschreiben. Jedes Fohlen sollte im Rahmen eines Tests eine standardisierte, einfache Lernaufgabe ausführen, bei dem ihnen beigebracht wurde, einen bemalten Stein mit ihrem Maul zu berühren, wofür sie mit einer Streicheleinheit belohnt wurden – also mit einer positiven Verstärkung. Ohne weitere menschliche Intervention wurde nach einem bestimmten Zeitraum – zwischen sieben bis maximal 26 Tagen später – nochmals überprüft, ob die Fohlen sich diese Lernaufgabe gemerkt hatten und erneut ausführen konnten.

Das Ergebnis war eindeutig – alle 26 Fohlen bewältigten die Lernaufgabe, und das ungeachtet ihres jeweiligen Alters: Fohlen in einem Alter zwischen 6 Wochen und 3 Monaten (das waren insgesamt 14) lernten ebenso effizient wie Fohlen in einem Alter von 3 bis 5 Monaten (dieser Gruppe gehörten 12 Fohlen an). Interessanterweise zeigten manche Hinweise, dass weibliche Fohlen effizienter lernten als ihre männliche Altersgenossen – was auch für Fohlen bestimmter Hengstlinien zutraf. 17 der 26 Fohlen (das sind 65 %) waren zudem in der Lage, nach der zeitlichen Unterbrechung die Lernaufgabe zu wiederholen.

Für die Wissenschaftler sind diese Resultate ein starker Hinweis darauf, dass ein derartiges ,zielgerichtetes Training', wie man es auch später bei jungen oder erwachsenen Pferden üblicherweise einsetzt, ein effektiver und empfehlenswerter Weg ist, um bereits ganz jungen Fohlen einfache Fähigkeiten und Abläufe näherzubringen: „Basis-Training mit dem Ziel, einfache Alltags-Aufgaben zu meistern – etwa beim Putzen ruig stehen zu bleiben, sich vom Tierarzt untersuchen zu lassen, sich die Hufe versorgen zu lassen, sich von der Koppel holen zu lassen oder auf einen Anhänger zu gehen – wäre eine deutlicher produktivere und weniger problematische Mensch-Tier-Interaktion, als mit dem Fohlen nur zu spielen oder zu kuscheln", so die Forscherinnen – und weisen darauf hin, dass übertriebenes Herumspielen und Knuddeln mit dem Fohlen eine zu starke Bindung (,over-bonding') zum Menschen bewirken kann, was später möglicherweise zu Problemverhalten führt. Handlungsbezogenes Training mit konkreten praktischen Zielsetzungen könne stattdessen schon junge Fohlen darauf vorbereiten, von ihren Besitzern bzw. Haltern sinnvoll geführt und angeleitet zu werden.

Aufgrund der Ergebnisse stellen sich nun, so die Forscher, manche Fragen – so etwa nach der jeweils besten und effizientesten Trainingsmethode, nach den unterschiedlichen Typen von Verstärkung und nach dem besten Zeitpunkt, um dem Fohlen bestimmte Fähigkeiten beizubringen. Fohlen galten in der Forschung vielfach als ,Nicht-Antworter' (,non-responders') – in dem Sinne, dass sie bei Tests nur wenig oder gar kein Interesse an der gestellten Aufgabe zeigten. Dies habe ihre Untersuchung jedoch klar widerlegt: „Es ist bemerkenswert, dass alle 26 Fohlen in unserem Test die Aufgabe gelöst haben – wir hatten daher keinen einzigen Verweigerer bzw. ,Nicht-Antworter'. Wenn man hingegen in Lern-Studien mit erwachsenen Pferden arbeitet, hat man eine deutliche höhere Zahl von Verweigerern, und zwar bei sämtlichen Trainings-Methoden. Es ist unser persönlicher Eindruck, daß Fohlen im allgemeinen mehr Interesse an handlungsbezogenem Training zeigen als ältere Pferde – und wenn dieser Eindruck stimmt, dann wäre das ein weiterer guter Grund, bereits junge Fohlen mit systematischem Training vertraut zu machen", so die Wissenschaftler abschließend.

Die Studie ,Evaluation of operant learnin gin young foals using target training" von Elena Martinez de Andino und Sue McDonnell ist vor kurzem in der Zeitschrift ,Applied Animal Behaviour Science' erschienen und kann in englischsprachiger Kurzfassung hier nachgelesen werden.

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