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Neue Gewerbeordnung für Einstellbetriebe: „Das Resultat einer Neiddebatte“
07.07.2017 / News

Dr. Leopold Erasimus: „Wir schätzen, dass die neue Regelung 85 bis 90 % dieser Betriebe helfen wird, ihren rechtlichen Status abzusichern – das ist schon ein enormer Fortschritt. Es ist aber nicht gut, dass diese Betriebe künftig keine Entwicklungsmöglichkeiten haben."
Dr. Leopold Erasimus: „Wir schätzen, dass die neue Regelung 85 bis 90 % dieser Betriebe helfen wird, ihren rechtlichen Status abzusichern – das ist schon ein enormer Fortschritt. Es ist aber nicht gut, dass diese Betriebe künftig keine Entwicklungsmöglichkeiten haben." / Foto: Archiv

Für ZAP-Geschäftsführer Dr. Leopold Erasimus sind die neuen gewerberechtlichen Regelungen für Pferdeeinstellbetriebe nur ein Zwischenschritt: Man habe zwar eine Verbesserung für viele Betriebe erreicht, aber keine nachhaltige Lösung des Hauptproblems geschafft.

 

ProPferd: Wie ist Ihr persönliches Resümee bezüglich des vorliegenden Verhandlungsergebnisses in Sachen Gewerbeordnung: Sind die beschlossenen Änderungen eher positiv oder eher negativ zu beurteilen?

Dr. Leopold Erasimus: Grundsätzliche sehe ich das erreichte Ergebnis positiv, weil es uns erstmals gelungen ist, die Pferdeeinstellung in die landwirtschaftliche Urproduktion zu bringen. Als wir mit den Verhandlungen begonnen haben, war es kaum vorstellbar, dass das gelingen könnte, geschweige denn gelingen wird. Das ist ein Meilenstein – denn dieses Faktum ist auch in Zukunft nicht mehr in Frage zu stellen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich Beschränkungen und Einschränkungen, die sehr schmerzvoll sind. Wir haben diesen Einschränkungen auch nicht zugestimmt – dennoch ist diese Lösung schließlich im Nationalrat beschlossen worden.

ProPferd: Aber die Landwirtschaftskammer – welche die Position der Pferdewirtschaft in den Verhandlungen vertreten hat – hat doch ihre Zustimmung zum Verhandlungspaket gegeben?

Dr. Erasimus: Das ist richtig – aber von Seiten der ZAP (= Zentrale Arbeitsgemeinschaft der Pferdezüchter Österreichs, Anm.) haben wir diese Lösung abgelehnt und das auch schriftlich festgehalten. Denn es hat zuvor in der Arbeitsgruppe eine bessere Vereinbarung gegeben, die gelautet hat: 35 Pferde Höchstgrenze – und keine Festschreibung einer räumlichen Nähe der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Wir hatten die Hoffnung, damit ein gutes und sinnvolles Paket beschließen zu können. Leider war es dann so, dass die Wirtschaftskammer des Landes Steiermark – als einzige der neun Landesorganisationen – dem nicht zugestimmt hat. Daraufhin hat der Wirtschaftsausschuss diesen Kompromissvorschlag verworfen – und einen anderen in den Gesetzesvorschlag geschrieben, und zwar ohne Zustimmung der ZAP.

ProPferd: Verstehen wir das richtig: Es hat bereits eine bessere Lösung gegeben – und die kam wegen des Vetos einer einzigen Landesorganisation nicht zustande?

Dr. Erasimus: So ist es leider. Es hat etwas Besseres gegeben – und nur die Wirtschaftskammer Steiermark war dagegen, alle anderen inklusive der Bundeswirtschaftskammer waren dafür. Das ist aus meiner Sicht nicht nur sehr ärgerlich, sondern auch demokratiepolitisch sehr bedenklich, wenn eine einzige Landes-Institution etwas zu Fall bringen kann, was alle acht anderen mittragen wollen. Das ist für mich nicht nachvollziehbar – in einer Demokratie sollte die Entscheidung der Mehrheit gelten und von allen anerkannt und mitgetragen werden.

ProPferd: Wieso waren die Verhandlungen aus Sicht der ZAP so mühsam bzw. so schwierig?

Dr. Erasimus: Weil unsere Ausgangsposition schon rein rechtlich betrachtet geradezu katastrophal war. Wir standen einem völlig veralteten Gesetzestext gegenüber, der aus dem Jahr 1988 stammte, die Gesetzesdefinition  von landwirtschaftlicher Urproduktion ist sogar beinahe einhundert Jahre alt. Die gesetzlichen Grundlagen sind also unter gänzlich anderen Voraussetzungen entstanden  und für die heutigen Erfordernisse völlig unbrauchbar . Unser Gegenüber – die Wirtschaftskammer, hat sich während der ganzen Verhandlungen weitgehend unbeirrbar auf dieses Uralt-Gesetz berufen. Das war ein Bohren von unglaublich harten Brettern – und es ist fast ein kleines Wunder, dass wir überhaupt diesen Kompromiss zustande gebracht haben.

ProPferd: Um es kurz darzustellen: Der beschlossene Kompromiss sieht vor, dass Pferdeeinstellung grundsätzlich als landwirtschaftliche Urproduktion anerkannt wird, wenngleich unter gewissen Einschränkungen: Es dürfen nur maximal 25 Fremdpferde pro Betrieb eingestellt werden – und es muss ein Flächenschlüssel von maximal zwei Fremdpferden pro ha landwirtschaftliche Nutzfläche eingehalten werden.

Dr. Erasimus: Das ist korrekt. Wir haben ja in unserer ursprünglichen Forderungen nicht Pferde pro ha, sondern Vieheinheiten pro ha gefordert, weil ja zwischen einem Pony und einem Noriker ein riesiger Unterschied hinsichtlich Futterverbrauch, Flächenbedarf, Mistanfall und natürlich auch der zu erzielenden Einstellgebühr besteht. Darum wäre eine Berechnung in Vieheinheiten – auch in Abhängigkeit vom Alter des Pferdes – sachlich gerechtfertigt gewesen. Das ist in der Landwirtschaft absolut üblich und gibt es auch in vielen anderen Bereichen der Tierhaltung, etwa bei Förderungen etc. Leider konnten wir unser Gegenüber nicht davon überzeugen, dass Vieheinheiten als Berechnungsgrundlage sinnvoll, notwendig und auch gerechter gewesen wären.

ProPferd: Es gibt noch eine weitere Einschränkung – nämlich, dass die für die Pferdehaltung genutzten landwirtschaftlichen Flächen ,in der Region’ liegen müssen. In den Gesetzes-Erläuterungen ist von einem Umkreis von 10 km die Rede. Wie kam denn das zustande – und wo liegt der Sinn einer solchen Einschränkung?

Dr. Erasimus: Die Sinnhaftigkeit dieser Bestimmung erschließt sich auch mir nicht. Es ist doch völlig egal, ob eine Fläche 7 oder 17 km vom Betrieb entfernt ist. Bei einer weiter entfernten Fläche hat ja der Bauer ohnehin mehr Aufwand und mehr Kosten – und die ins Treffen geführte ,Kreislaufwirtschaft’ ist auch bei weiter entfernten Flächen gewahrt. Das ist eine rein willkürlich eingeführte Grenze, die sachlich nicht nachvollziehbar ist und die auch in keinster Weise von uns vorgeschlagen wurde. Es war ein Vorschlag des Österreichischen Pferdesportverbandes OEPS.

ProPferd: War die ZAP unmittelbar in die Verhandlungen im Wirtschaftsausschuss eingebunden bzw. wie wurde konkret die Position der Pferdewirtschaft dort eingebracht?

Dr. Erasimus: Grundsätzlich haben wir uns seitens der ZAP im Oktober 2010 erstmals mit dem Thema befasst, und zwar bei einer Sitzung im Pferdezentrum Stadl-Paura, wo auch die Ländlichen Reiter und Fahrer Österreichs dabei waren. Dann haben wir begonnen, die verschiedenen Institutionen, Politiker und Kammern darüber zu informieren und haben versucht, mit sehr vielen Gesprächen Lösungen herbeizuführen, was sich als äußerst schwierig und mühevoll herausgestellt hat. Im Jahr 2012 hat sich die Lage dramatisch verschärft, als der damalige Vorsitzende der Freizeitbetriebe/Pferde in der Wirtschaftskammer NÖ, Franz Eckner, eine Liste von landwirtschaftlichen Einstellbetrieben erstellen ließ, die möglicherweise zu viele Pferde eingestellt haben. Diese Liste wurde dann von der Wirtschaftskammer NÖ an die Finanzpolizei übermittelt, was dazu geführt hat, dass viele dieser Betriebe überprüft wurden. Da war plötzlich Feuer am Dach – und ab diesem Zeitpunkt haben sich dann die Gespräche intensiviert. Dennoch ist man erst jetzt zu einer Lösung gekommen – was zeigt, wie mühsam diese ganze Sache war.

ProPferd: Das heißt: auf Ebene der Kammern, sprich: zwischen Landwirtschaftskammer und Wirtschaftskammer?

Dr. Erasimus:  Es hat bei den Verhandlungen im Wesentlichen zwei Gruppen gegeben: Die eine Gruppe war Landwirtschaftskammer, Zentrale Arbeitsgemeinschaft/ ZAP und die Ländlichen Reiter – und die andere Gruppe war Wirtschaftskammer und Österreichischer Pferdesportverband/OEPS.

ProPferd: Wie hat sich der OEPS in den Verhandlungen positioniert?

Dr. Erasimus:  Der OEPS-Vertreter Vizepräsident Dautzenberg  hat zwar immer betont, dass er sowohl die Interessen der gewerblichen als auch der landwirtschaftlichen Betriebe vertritt – nur die Vorschläge waren dann leider meistens gegen die landwirtschaftlichen Interessen gerichtet. Ich erinnere mich an einen Vorschlag, in dem der OEPS-Vertreter gemeint hat, dass – sobald auf einem Betrieb eine Reit- oder Longierhalle steht – dieser in jedem Fall ein Gewerbebetrieb sei, egal wie groß dieser Betrieb auch wäre. Da hat es dann natürlich ein energisches Veto von unserer Seite gegeben – denn es kann ja wohl nicht sein, dass es keine landwirtschaftlichen Pferdebetriebe mit Longier- oder Reithalle geben darf. Aber ich will den OEPS nicht ausschließlich kritisieren: Man hat sich zweifellos bemüht und hat sehr viele Ideen und Vorschläge eingebracht, aber manche konnten wir seitens der Landwirtschaft einfach nicht nachvollziehen. Wir wollten z. B. erreichen, dass nicht nur das Einstellen, sondern auch das Vermieten von Reitpferden landwirtschaftliche Urproduktion sein kann –das hat leider auch der OEPS abgelehnt, was für mich auch als Obmann eines Reitvereines absolut unverständlich ist. Wir müssen doch für jeden einzelnen Betrieb dankbar sein, der auf Pferde setzt, wo sich Menschen Pferde mieten können und wo es vielleicht auch einen Schulbetrieb gibt  – und es muss doch egal sein, ob dieser Betrieb jetzt landwirtschaftlich oder gewerblich ist. Ich glaube, da hat man nicht wirklich viel darüber nachgedacht.

ProPferd: Das Vermieten von Pferden wird auch weiterhin nicht als Urproduktion anerkannt?

Dr. Erasimus: Das Vermieten von Pferden ist nur als Nebengewerbe möglich und kann nicht Urproduktion sein, auch wenn der Betrieb weniger als 25 Pferde hat. Das betrifft natürlich die Vermietung von Pferden im Rahmen eines Schulbetriebs, aber auch im touristischen Bereich, wenn etwa ein Betrieb seine eigenen Pferde für Wanderritte etc. gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Das alles ist nur als Nebengewerbe zulässig. Das ist für etliche Betriebe sicher ein großes Problem – und für die Pferdewirtschaft insgesamt zweifellos sehr schlecht, weil es viele Betriebe, die eigentlich gute Voraussetzungen für die Pferdehaltung hätten, von einem gesamten Erwerbszweig aussperrt. Auf der anderen Seite klagen wir darüber, dass es immer weniger Schulbetriebe gibt.

ProPferd: Wenn man den beschlossenen Gesetzesentwurf zusammenfasst: Wo liegen weitere mögliche Problempunkt – welche Hürden und Hindernisse gibt es noch bzw. kann es noch geben?

Dr. Erasimus: Ich glaube grundsätzlich, dass in zehn oder 15 Jahren diese Abgrenzungsproblematik kein Thema mehr sein wird. Wenn wir die Entwicklung der ländlichen Regionen anschauen, so passiert es ja schon jetzt in  vielen Wirtschaftsbereichen, dass  Betriebe miteinander kooperieren, sich zusammentun und gegenseitige Vorteile nutzen, um gemeinsam erfolgreich zu sein – und dass die Frage, zu welcher Kammer der eine oder der andere gehört, in Wahrheit völlig nebensächlich ist. Wichtig ist – etwa im Bereich der Pferdeeinstellung – dass die Pferde artgerecht eingestellt und fachgerecht betreut werden und dass der Betrieb ein entsprechend hohes Qualitäts- und Sicherheitsniveau für alle Beteiligten aufweist. Alles andere ist zweitrangig. Diese Klientelpolitik, die da derzeit gemacht wird, in der man nur auf den Nutzen der eigenen Organisation auf Kosten der Anderen oder auch der Allgemeinheit schaut – das ist Politik von gestern, die keine Zukunft haben darf und auch keine haben wird, davon bin ich fest überzeugt.

Eine wichtige Frage ist zum Beispiel die der zukünftigen Ausbildung und Beratung in der Pferdewirtschaft. Derzeit gibt es im landwirtschaftlichen Bereich eine Ausbildung zum Pferdewirtschaftsfachfarbeiter, zum Pferdewirtschaftsmeister etc. Die Frage wird sein: Wie weit wird das alles auch in der Wirtschaftskammer passieren? Wird die Wirtschaftskammer qualitativ hochstehende Beratung für die gewerblichen Pferdebetriebe anbieten – vom Stallbau über die Grünlandwirtschaft, die Kompostwirtschaft bis zur Futterberatung, Rechtsberatung usw.? Dazu bedarf es ja eines entsprechend geschulten Personals, möglichst in allen Bundesländern – und das in Zeiten der Verwaltungsvereinfachung und -einsparung: Ob das so einfach realisiert werden kann – da bin ich eher skeptisch. Auf der anderen Seite kann es aber sicher nicht sein, dass man diese Betriebe völlig allein lässt. Können diese Personen, die ja dann Gewerbetreibende und nicht Landwirte sein werden, eine landwirtschaftliche Ausbildung machen? Das sind alles Fragen, die noch geklärt werden müssen und die sich wahrscheinlich auch die Wirtschaftskammer noch gar nicht überlegt hat. Hier gibt es noch erheblichen Gesprächsbedarf – aber wir sind auch noch nicht am Ende der Fahnenstange.

ProPferd: Mit einem Wort: Es gibt noch sehr viele offene Fragen ...

Dr. Erasimus: Wobei man anmerken muss, dass das Gesetz erst mit 1.5.2018 in Kraft tritt. Bis dahin werden wir uns  intensiv bemühen, möglichst alle offenen Fragen zu beantworten und Unklarheiten zu beseitigen. Eines ist klar: Dass wir mit dem heutigen Tag beginnen, diesen erreichten Kompromiss zu verbessern, weiterzuentwickeln und zu optimieren. Aus unserer Sicht ist das nur ein erster Schritt in die richtige Richtung – aber noch keine zufriedenstellende Gesamtlösung.

ProPferd: ... zumal ja das eigentliche Hauptproblem – nämlich die genaue Definition des Kriteriums ,Unterordnung’ – nicht gelöst wurde.

Dr. Erasimus: Das ist richtig. Man hat zwar für die große Zahl der kleineren Einstellbetriebe – bis maximal 25 Pferden – eine Lösung gefunden, was ein wirklich großer Fortschritt ist. Wir haben aber nach wie vor keine Lösung für die größeren Betriebe, die es natürlich auch gibt und die die Pferdeeinstellung als landwirtschaftliches Nebengewerbe betreiben müssen. Hier fehlen klare Regelungen, um diesen Betrieben Rechtssicherheit und einen fixen, verlässlichen Rahmen für ihre Investitionen zu bieten. Insofern ist der von uns erhoffte und von vielen herbeigesehnte Befreiungsschlag leider nicht ganz erfolgt. Wir brauchen aber in der Pferdewirtschaft eine Aufbruchsstimmung und einen neuen Optimismus.

ProPferd: Kann man in etwa sagen, wie vielen Betrieben mit dieser 25-Pferde-Formel wirklich geholfen ist?

Dr. Erasimus: Wir sind bei unseren Verhandlungen von ca. 5.000 Pferdebetrieben ausgegangen, deren rechtlicher Status aufgrund der gewerberechtlichen Bestimmungen problematisch sein könnte. Wir schätzen, dass die neue Regelung 85 bis 90 % dieser Betriebe helfen wird, ihren rechtlichen Status abzusichern – das ist schon ein enormer Fortschritt. Es ist aber nicht gut, dass diese Betriebe künftig keine Entwicklungsmöglichkeiten haben. Wir wissen aus Berechnungen, dass normale Familienbetriebe erst ab einer Betriebsgröße von etwa 25 Pferden wirtschaftlich kostendeckend arbeiten können – und es kann ja wohl nicht sein, dass gleichsam die unwirtschaftlichen Betriebe alle Landwirtschaft sind und sich auch nicht in Richtung Wirtschaftlichkeit entwickeln dürfen, weil sie nicht wachsen können. Das ist doch absurd – zumal wir ja wissen, dass vom gesamten Bereich ,Pferdeeinstellung’ ca. 90 % der Wertschöpfung in andere Wirtschaftsbetriebe gehen. Also muss doch auch die Wirtschaftskammer interessiert sein, dass sich die landwirtschaftlichen Betriebe entwickeln können, weil dann auch ihre eigenen Mitglieder mehr Einkommen erwirtschaften. Ich habe immer gesagt, wenn wir dieses Problem sinnvoll lösen könnten, wäre das eine Win-win-Situation für alle. Leider wurde da Klientelpolitik auf Kosten der Anderen betrieben, das ist das Hauptproblem.

ProPferd: Wie ist überhaupt diese Obergrenze ins Spiel gekommen? Meines Wissens gibt es in anderen vergleichbaren Ländern wie z. B. Deutschland keinerlei Obergrenze, sondern einen reinen Flächenschlüssel, um Gewerbe und Landwirtschaft voneinander zu unterscheiden?

Dr. Erasimus: Eine Obergrenze ist auch nicht argumentierbar und ist das Resultat einer reinen Neiddebatte. Wenn wir mit den Vorteilen einer Kreislaufwirtschaft argumentieren, dann kann ich doch nicht sagen, dass das 25. Pferd noch landwirtschaftliche Urproduktion ist – das 26. aber schon Gewerbe. Das ist doch absurd und unhaltbar – und aus meiner Sicht daher wirklich nur eine Zwischenlösung. Die Unterscheidung zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Pferdebetrieben muss aus Sicht der Pferdewirtschaft – und ich behaupte auch aus Sicht des OEPS – völlig nebensächlich sein. Ich verstehe die Forderung der Wirtschaftskammer, dass für gleiche Tätigkeiten auch gleiche Rahmenbedingungen gelten müssen. Es kann nicht sein, dass etwa hinsichtlich Tierschutz oder Betriebssicherheit unterschiedliche Anforderungen bestehen, das ist völlig klar.

Wir haben uns allerdings immer bemüht, im Interesse der gesamten Pferdewirtschaft zu handeln – und haben etwa bei den Verhandlungen in Sachen Mehrwertsteuer die Vorsteuer-Pauschale von 24,– Euro pro Monat für alle Pferdebetriebe, landwirtschaftliche UND gewerbliche, erkämpft. So sollte es generell sein. Wir haben doch alle ein gemeinsames Ziel, wir wollen die Pferdewirtschaft in Österreich entwickeln, wir wollen eine hochstehende Zucht und Reiterei, möglichst viele Kinder sollen aufs Pferd, die Reiterei soll kostengünstig und breitenwirksam und nicht elitär sein. Und wenn man dieses gemeinsame Ziel teilt, dann können doch auch die Maßnahmen nicht so unterschiedlich sein.

ProPferd: Wie kann denn eine endgültige, haltbare Dauerlösung dieser leidigen Frage aus Sicht der ZAP aussehen?

Dr. Erasimus: Eine sinnvolle Regelung wäre einen einfachen Flächenbezug ohne jegliche Höchstgrenze herzustellen. Wenn ich eine bestimmte landwirtschaftliche Fläche habe, dann kann ich sie mit Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen etc. nutzen – und wenn ich möchte eben auch mit Pferden. Wir können selbstverständlich darüber diskutieren, wie viele Pferde oder Vieheinheiten das sein können oder sein dürfen, damit die Kreislaufwirtschaft noch realisiert wird – aber es darf weder eine zahlenmäßige Höchstgrenze geben, noch eine Grenze für die Entfernung der landwirtschaftlichen Flächen. Und alle Betriebe sollen hinsichtlich Tierschutz und Sicherheit die gleichen Anforderungen erfüllen. Das wäre eine gute, praxistaugliche und auch langfristig haltbare Lösung. Wir von der ZAP haben ja eine Petition gemacht, in der wir einen Flächenschlüssel von 2 Vieheinheiten pro ha landwirtschaftliche Fläche vorgeschlagen haben – ohne sonstige Beschränkungen oder Höchstgrenzen. Das wäre eine tragfähige, sinnvolle Lösung, für die wir uns weiter einsetzen werden und die, da bin ich mir sicher, auch irgendwann realisiert werden wird. Wir kämpfen weiter.

ProPferd: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview mit Dr. Leopold Erasimus führte Leopold Pingitzer.

Kommentare

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1) balubalu: Ein hochspannendes Thema und ein tolles Interview. Alleine es ist eine österreichische Lösung bei dem Thema heraus gekommen und wie ein altes Sprichwort sagt: Warum Einfach wenn es Kompliziert auch geht . Schade, dass sich der OEPS hier nicht voll und ganz auf die Seite der ZAP und der Landwirtschaft gestellt hat. Das gemeinsame Ziel, die Vereinheitlichung der Pferdewirtschaft wurde so einer kammeralistischen Denke geopfert, deren Auswüchse und Absurdität (das 26.Pferd macht die Landwirtschaft zum Gewerbebetrieb) man wohl kaum mehr überbieten kann. Herzlichen Dank an Hr. Dr. Erasimus für seinen unermüdlichen Einsatz und seinen Willen für eine nachvollziehbare Lösung der Problematik zu kämpfen. Es wäre schön wenn sich an ihm einige der VertreterInnen der Interessen des Österreichischen Pferdesportes ein Beispiel nehmen würden.
Dienstag, 11. Juli 2017
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