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Streit um Blutregel: Wurde dieses Springpferd zu Recht disqualifiziert?
11.07.2017 / News

Mit diesem Foto wollte Georgina Bloomberg die Unschuld ihres Kollegen Scott Brash dokumentieren. Die kleinen Kratzer sind in der Bildmitte zu erkennen.
Mit diesem Foto wollte Georgina Bloomberg die Unschuld ihres Kollegen Scott Brash dokumentieren. Die kleinen Kratzer sind in der Bildmitte zu erkennen. / Foto: Facebook/Georgina Bloomberg

Die Disqualifikation des Pferdes Hello Forever von Scott Brash beim Global Champions League-Event in Estoril entzweit die Pferdewelt: Für die einen ist sie berechtigt und regelkonform – für die anderen eine skandalöse Fehlentscheidung.


Bei der Global Champions League-Etappe im portugiesischen Estoril (7.–9. Juli 2017) hatte das Team Miami Glory (mit Cian O'Connor, Georgina Bloomberg und Scott Brash) einen vielumjubelten Sieg errungen – zu dem insbesondere auch der Brite Scott Brash auf Hello Forever mit einer fabelhaften Nullrunde im Finale beigetragen hatte. Doch der Jubel und die Freude über den Sieg währte nur kurz – denn unmittelbar nach dem Bewerb wurde das Paar disqualifiziert, weil ein Steward an der Flanke des Pferdes geringe Blutspuren entdeckt hatte.

Die Enttäuschung bei der disqualifizierten Mannschaft war verständlicherweise groß – aber auch einige Springreiter-Kollegen konnten den Ausschluss nicht nachzuvollziehen. Sogar Global Champions League-Mitbegründer Jan Tops machte in der nach dem Bewerb durchgeführten Pressekonferenz seinem Ärger und Unverständnis Luft: „Was Scott Brash heute Abend widerfahren ist, ist eine Schande. Es gibt diese Regel – aber es ist eine Regel, die die FEI ändern muss. Ich weiß, wie sehr  Scott Brash auf seine Pferde achtet und wie großartig er sich um ihr Wohl kümmert – eine solche Behandlung hat er wahrlich nicht verdient. Es gibt diese Regel, aber ich glaube, dass sich diese Dinge ändern müssen."

Auch die Reiterin und Mitbesitzerin des Teams ,Miami Glory' – Georgina Bloomberg – kritisierte via Facebook die Disqualifikation: „Heute Abend wurde mein Team Miami Glory von der Global Champions League-Etappe in Cascais ausgeschlossen, nachdem Scott Brash mit einer fehlerfreien Runde den Sieg für unser Team fixiert hatte. Jeder Reiter, Steward und Pfleger, der Hello Forevers Flanke gesehen hatte, stimmte zu, dass der dort erkennbare Abdruck belanglos wäre – aber nicht Susanne Macken, die Fremdrichterin, die sich an den Vorsitzenden der Ground Jury, Joao Bourbon, wandte. Bourbon untersuchte die Stelle nicht aus der Nähe, sondern betrachtete sie nur von weitem. Er traf seine Entscheidung aufgrund einer kaum sichtbaren Menge Blut auf einem Handschuh, nachdem der Steward, der die Stelle ursprünglich untersucht hatte, so lange daran herumrieb, bis sie blutete.“

Weiter heißt es: „Ich betrachte mich selbst als große Tierfreundin und Tierschützerin – und ich bin die erste, die für ein Tier aufsteht, das misshandelt wurde. Aber in dieser Situation kann ich absolut kein Fehlverhalten oder irgendeine Art von Misshandlung erkennen. Ich füge ein Foto hinzu, das die Flanke von Scotts Pferd Hello Forever zeigt und werde Montag früh ein ausführliches Statement dazu auf meiner Website www.georginabloomberg.com veröffentlichen. Ich bin stolz auf meine Reiter und ihre Pferde, die soviel getan haben, um den Bewerb in Estoril zu gewinnen – und freue mich darauf, dass andere dieses Foto sehen, um Scott von jeglichem Vorwurf, er habe sein Pferd Hello Forever in irgendeiner Weise misshandelt, freizusprechen. Georgina Bloomberg"

Die Reaktionen auf diese Stellungnahme und das dazu veröffentlichte Foto könnten unterschiedlicher nicht ausfallen: Die Facebook-Fans des Teams Miami Glory sehen keinerlei Anlass für eine Disqualifikation – für sie ist der Ausschluss ein „Scherz" und eine „Farce",  der kleine Kratzer sei kaum mit der Brille zu erkennen und könne auch von einem Insektenstich herrühren. Vor allem nehmen sie Reiter Scott Brash in Schutz – der sei in der Springreitszene bekannt dafür, seine Pferde stets respektvoll und fair zu behandeln.

Auf der Facebook-Seite des deutschen Pferdesportmagazins ,St. Georg' sind die Reaktionen deutlich differenzierter – und auch kritischer gegenüber dem Reiter: Ein User meinte: „Fakt ist, es gibt Regeln, an die sich die Stewarts zu halten haben. Wenn man immer da und wo wieder einzelne Fälle in Frage stellen will, kann man die Regeln ja vergessen. Wenn Blut da war, ist der Fall doch klar. Es spielt auch keine Rolle, ob viel oder wenig – oder mit Absicht oder ohne. Blut ist Blut und basta. Denn so ist die Regel." Ähnlich sah es eine andere Userin: „Ein Stewart, der seinen Auftrag ernst nimmt. Das ist sein Job - egal, wer danach nicht einverstanden ist. Wir brauchen mehr solcher Stewarts und die Richter nehmen wir gern mit dazu!"

Eine Abschaffung der Blut-Regel, wie Jan Tops es fordert, wird jedenfalls kategorisch abgelehnt: „Sorry, aber ohne diese Regel stünde der komplette Reitsport vor dem Aus. Dass gerade einer wie Jan Tops so einen Mist von sich gibt, kann ich nicht verstehen. Keiner sagt, dass Scott Brash ein Tierquäler ist. Aber vielleicht sollte er einfach mit weniger scharfen Sporen reiten. Womöglich würde er trotzdem noch gewinnen. Kommentare wie der von Jan Tops zeigen aber auch, wie entrückt viele der Leute sind, für die Pferde nur dazu da sind, den eigenen Wohlstand zu vergrößern... Sobald es ums Geld geht, ist das Wohl der Tiere anscheinend Nebensache. Die ,No Blood'-Rule ist etwas, auf das die Pferdewelt stolz sein muss!"

Hintergrund
Die sogenannte ,Blutregel' (,Blood rule') ist für die Springreiter im § 242.3.1 des Spring-Regulativs festgeschrieben und besagt, daß „Pferde, die an den Flanken, in Maul oder Nase bluten oder die Spuren eines exzessiven Einsatzes von Sporen oder Gerte an irgendeiner Stelle des Körpers aufweisen, zu disqualifizieren sind (bei geringen Spuren von Blut im Maul, etwa wenn sich das Pferd auf die Zunge oder die Lippen gebissen haben könnte, können die Offiziellen das Abwischen bzw. Ausspülen des Mauls erlauben und dem Athleten gestatten, den Bewerb fortzusetzen; jeder weitere Nachweis von Blut im Maul hat die Disqualifikation zur Folge)."

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