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Streit um Hanf als Pferdefutter in der Schweiz
21.11.2017 / News

In der Schweiz darf Hanf nicht als Pferdefutter verkauft werden – in Österreich und Deutschland sehr wohl.
In der Schweiz darf Hanf nicht als Pferdefutter verkauft werden – in Österreich und Deutschland sehr wohl. / Archivfoto: Martin Haller

Während in Deutschland und Österreich Hanf immer öfter als Pferdefutter eingesetzt wird, ist dies in der Schweiz verboten – allerdings nur noch bis Ende dieses Jahres, wie ein aktuelles Gerichtsverfahren zutage brachte.

 

In der Schweiz ist man mitunter etwas konservativer als anderswo – so auch in Sachen Hanf. Während Hanf in nahezu allen europäischen Ländern ein hochwertiges und beliebtes Tierfutter ist, darf es in der Schweiz nach der geltenden Futtermittelverordnung nicht an Nutztiere verfüttert werden – was auch für Pferde gilt. Ein 62-jähriger Hanfbauer wollte das nicht hinnehmen – begann mit dem systematischen Hanfanbau und vertreibt und bewirbt Hanf seit einigen Jahren auch aktiv als Pferdefutter. Im Jänner 2017 wurde er dafür vom Statthalteramt des Bezirks Meilen mit einer Geldstrafe von 600,– Franken belegt – auch weil ihm die notwendige Registrierung als Futtermittelbetrieb fehle. Der Hanfbauer wehrte sich gegen die drohende Bestrafung, machte vor Gericht eine Schlamperei des Forschungsinstituts Agroscope für die fehlende Registrierung verantwortlich und beteuerte die positive Wirkung seines Hanffutters für die Gesundheit der Pferde.

Im Zuge des ungewöhnlichen Verfahrens – das sogar der renommierten ,Neuen Zürcher Zeitung’ einen Bericht wert wart – führte der Verteidiger vor allem zwei Argumente für seinen Mandanten ins Treffen: Zum einen seien nicht alle Pferde als ,Nutztiere’ einzustufen, die im weitesten Sinn der Lebensmittelgewinnung dienen – daher sei auf sie die geltende Futtermittelverordnung gar nicht anzuwenden. Und zum anderen würden mit 1. Jänner 2018 neue Verordnungen zum Lebensmittelgesetz in Kraft treten, nach denen die Verfütterung von Hanf auch an Nutztiere, sofern diese keine Milch abgeben (also nicht ,laktieren’), ausdrücklich erlaubt wird.

Ob das Gericht diesen Argumenten folgt, bleibt abzuwarten – das Urteil wird schriftlich erfolgen. Doch selbst, wenn es bei der Geldbusse bleibt, dürfte dies den innovativen Hanfbauern vor keine große Probleme stellen – denn seine Geschäfte laufen offenbar ausgezeichnet, wie er auch vor dem Gericht erkennen ließ: Die Nachfrage in Europa werde immer grösser – und er sei mittlerweile in der Lage, 300 bis 500 Tonnen pro Jahr anzupflanzen. Er habe zwei eigene Treibhäuser, kaufe aber auch von anderen Bauern Hanf zu, um die Nachfrage zu befriedigen ...

Hintergrund: Hanf als ,Super-food’ für Pferde
Tatsächlich hinkt die Schweiz bei der gesetzlichen Regelung von Hanf als Tierfutter den meisten europäischen Ländern hinterher: Österreich zählt dabei zu jenen Ländern mit einer vergleichsweise liberalen Regelung: Strafbar ist lediglich der Anbau der Cannabispflanze mit dem Vorsatz, durch die Trennung von Blüten und Harz ,Suchtgift’ zu gewinnen. Der Anbau von ,Nutzhanf’ hingegen – also zur Herstellung von Textilien, Kosmetika, Papier, Baumaterialien, Lebensmitteln etc. – ist nach dem Suchtmittelgesetz nicht strafbar, und das sogar unabhängig von der Höhe des THC-Gehalts. Das Anlegen von Hanffeldern zu gewerblichen Zwecken kann, muss aber nicht bei der Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet werden – ist jedoch empfehlenswert, um späteren Problemen vorzubeugen. Lt. Saatgutkatalog sind derzeit 41 Sorten der Untergruppe ,Cannabis Sativa’ in der EU zugelassen, die einen THC-Wert von unter 0,2 % aufweisen und somit nicht als Suchtmittel gelten. Für deren Anbau dürfen sogar EU-Förderungen in Anspruch genommen werden.

In Deutschland ist man hinsichtlich des Anbaus restriktiver: Nach Informationen des ,Deutschen Hanfverbandes’ dürfen Privatpersonen in Deutschland keinen ,Nutzhanf’ anbauen – egal, wie niedrig der THC-Gehalt ist. Weiter heißt es: „Der Anbau von Nutzhanf ist nur den Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) erlaubt, deren Betriebsflächen die in § 1 Abs. 2 + § 1 Abs. 5 ALG genannte Mindestgrößen erreichen oder überschreiten.“ Diese strenge Gesetzeslage hat dazu beigetragen, dass in Deutschland relativ wenig Nutzhanf angebaut wird – lt. Statistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wurden 2002 noch über 2.000 Hektar Nutzhanf angebaut, 2012 waren es nur noch 422 Hektar. Der Import von Rohhanf sowie Nutzhanfsamen zur Aussaat ist legal, aber lizenzpflichtig – diverse Hanf-Produkte (auch als Lebens- oder Futtermittel) sind hingegen über große Spezialbetriebe sowie Fachgeschäfte problemlos erhältlich.

Der österreichische Hanf-Experte Stefan Riegler-Nurscher hat in einem Fachvortrag die vielfältigen Qualiäten und Vorzüge von Hanfsamen zusammengestellt, die Ernährungsphysiologen geradezu ins Schwärmen bringen. So enthält Hanfsamen
– alle essentiellen Amino- und Fettsäuren. Hinsichtlich des Eiweißgehalts von 22 Prozent übertrifft Hanf sogar Soja.
– 65 Prozent davon sind Globuline, die besonders wichtig für das Immunsystem zur Antikörperbildung sind.
– 300 Gramm täglich würden ausreichen, um den menschlichen Bedarf an Proteinen zu decken.
– Etwa 30 Prozent des Hanfsamens bestehen aus Fett, hauptsächlich aus wichtigen ungesättigten Linol- und
Linolensäuren, die Entzündungsprozesse hemmen, für gesunde Haut sorgen (u.a. Behandlung von Neurodermitis) und für die Blutgerinnung wichtig sind.
– Phytosterone, die im Hanfkorn ebenfalls vorkommen, senken den Cholesterinspiegel und haben sich im Tierversuch als krebshemmend erwiesen. Hanfsamen enthalten aber auch besonders
– hohe Anteile der wichtigsten Mineralien: Kalzium, Magnesium, Phosphor, Kalium und Schwefel, daneben – Vitamine der B-Gruppe und Vitamin A, D, E sowie etwas Vitamin C. – Der Kohlenhydratanteil liegt bei 35 Prozent der Brenn- wert von 100 Gramm bei 503 Kilokalorien.

In der Pferdefütterung kommt Hanf in unterschiedlichen Varianten zum Einsatz – etwa als Hanfsamen, als Hanfschrot, in Pelletsform, als Öl oder auch gemahlen. Wenn man diversen Erfahrungsberichten von Pferdehaltern glaubt, dann bewährt sich Hanf als Zusatzfutter für Pferde vor allem bei Stoffwechselstörungen und bei ernährungsbedingten Mangelerscheinungen. Hanf soll beim Muskelaufbau und beim Fellwechsel eine positive Wirkung haben und auch die Gesundheit und Stabilität von Sehnen, Gelenken und Hufen fördern. Der Stoffwechsel werde effektiv unterstützt und das Immunsystem gekräftigt. Die Verfütterung von Pferdehanf soll zudem bei Kotwasser, Mauke, Sommerekzem, Arthrose und Hufrehe eine Linderung der Beschwerden bewirken.

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