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Um bei EM zu starten: Ungarischer Springreiter dopt Pferde seiner Konkurrenten
04.02.2018 / News

Bei einer freiwilligen Dopingkontrolle wurden die verbotenen Substanzen nachgewiesen.
Bei einer freiwilligen Dopingkontrolle wurden die verbotenen Substanzen nachgewiesen. / Foto: Fotolia/Claudia Otte

Ein äußerst ungewöhnlicher Doping-Fall wurde vor dem FEI-Tribunal verhandelt: Um sich einen Startplatz bei der Springreiter-EM in Göteborg 2017 zu sichern, injizierte ein ungarischer Springreiter zwei Pferden seiner Landsleute verbotene Substanzen.

 

Sogar das FEI-Tribunal, dem ohne Zweifel schon vieles untergekommen ist, bezeichnete die Umstände der Tat als „wahrlich außergewöhnlich“ – und man kann sich tatsächlich kaum an einen anderen Sabotage-Fall in der Pferdesportszene erinnern, der von soviel Perfidie, krankhaftem Ehrgeiz und Grausamkeit gekennzeichnet wäre wie dieser.

Was war passiert? Am 5. August 2017 beobachtete ein Pfleger beim CSI3*W in Bratislava, wie ein Mitglied des ungarischen Springreiter-Teams – Laszlo Toth jr. – aus der Box von Timpex Bolcesz kam, dem Pferd seines Mannschafts-Kollegen Gabor Szabo jr.. Ein zweiter Pfleger bestätigte diese Aussage – auch er habe Toth im Stall gesehen, als er „mit einem Apfel und einer Spritze“ in der Hand sich der Box von Timpex Bolcesz näherte. Der Besitzer des Pferdes – Istvan Tarbaly – wurde informiert, berichtete den Vorfall umgehend an die Stewards und erstattete am nächsten Tag auch Anzeige bei der slowakischen Polizei. Nahezu zeitgleich bemerkte eine weitere ungarische Springreiterin – Mariann Hugyecz – dass sich ihr Pferd Chacco Boy ungewöhnlich benahm. Bei einer näheren Untersuchung entdeckte man Einstich-Stellen am Fell des Pferdes. Gabor Szabo jr. und Mariann Hugyecz entschlossen sich daraufhin, auf einen Start im Großen Preis, der am nächsten Tag auf dem Programm stand, zu verzichten und ließen bei ihren Pferden freiwillige Doping-Kontrollen durchführen.

Diese erbrachten in beiden Fällen einen positiven Befund: Bei beiden Pferden wurden Acepromazin (ein hochwirksames Beruhigungsmittel bzw. Sedativum) sowie Hydroxyethylpromazin-Sulfoxid (ein Stoffwechsel-Produkt von Acepromazin) nachgewiesen – beides verbotene Substanzen nach den geltenden FEI-Richtlinien. Beide Pferde waren vergiftet worden – mutmaßich von Laszlo Toth jr., und das Motiv dürfte nichts anderes als krankhafter sportlicher Ehrgeiz gewesen sein: Gabor Szabo jr. und Mariann Hugyecz waren beide Mitglieder des ungarischen Springreiter-Teams für die Europameisterschaft in Göteborg 2017 gewesen, während Laszlo Toth jr. als Nr. 5 lediglich als Ersatzreiter nominiert war – für den Fall, dass ein es oder auch mehrere TeamreiterInnen ausfallen würden. Und dies wollte er durch einen positiven Dopingbefund offenkundig herbeiführen.

Der ungarische Reitsportverband leitete sofort eine Untersuchung ein. Nach einer ersten Anhörung aller Zeugen sowie des Beschuldigten kam der Verband zum Ergebnis, dass die beiden SpringreiterInnen Gabor Szabo jr. und Mariann Hugyecz keine Schuld am positiven Dopingbefund trifft und daher freiszusprechen sind. Stattdessen wurde ein Verfahren gegen Laszlo Toth jr. eingeleitet sowie eine Sperre gegen den mutmaßlichen Saboteur auf nationalen Turnieren verhängt. Der Verband ersuchte in der Folge auch das FEI-Tribunal, seinem Urteil zu folgen und von allfälligen disziplinären Maßnahmen gegen Gabor Szabo jr. und Mariann Hugyecz abzusehen: „Wir glauben, dass sie keinerlei Regelverstoß begangen haben und dass sie – ganz abgesehen von ihren eigenen Bemühungen, die Wahrheit ans Licht zu bringen – Opfer eines Betrugs geworden sind."

Das FEI-Tribunal ist dieser Empfehlung nun nachgekommen und hat die beiden SpringreiterInnen Gabor Szabo jr. und Mariann Hugyecz von allen Vorwürfen freigesprochen. Wörtlich heißt es im Urteil: „Die FEI anerkennt, dass die Umstände dieses Falles wahrlich außergewöhnlich sind, und zwar deshalb, weil der Nachweis der verbotenen Substanzen in den Blutproben der Pferde höchstwahrscheinlich auf Sabotage durch Hrn. Laszlo Toth jr. zurückzuführen ist. Die ungarische nationale Federation hat bereits ein Verfahren gegen Hrn. Laszlo Toth jr. eröffnet und diesen auf nationaler Ebene suspendiert. Nachdem Hr. Toth fünfter Reiter des Nationalteams ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass Hr. Laszlo Toth jr. die Pferde und damit auch deren verantwortliche Personen sabotieren wollte, um an den Europameisterschaften teilnehmen zu können. Zudem wurden beide Pferde auf exakt die gleiche Substanz positiv getestet, beiden Pferde waren zudem am Sonntag in schlechter Verfassung und konnten daher am Finaltag des Turniers nicht mehr starten. Basierend auf den vorliegenden Fakten, den Beweisen für eine Sabotage sowie den Aussagen der FEI-Funktionäre sowie der slowakischen Polizei konnte bewiesen werden, dass die Pferde höchstwahrscheinlich während des Turniers von Hrn. Laszlo Toth jr. durch eine Acepromazin-Injektion sabotiert wurden."

Die FEI behält sich das Recht vor, ein eigenes Verfahren gegen Laszlo Toth jr. als weitere verantwortliche Person zu eröffnen, und zwar wegen des Vorwurfs der Sabotage und/oder der Misshandlung von Pferden hinsichtlich seiner Handlungen in den oben angeführten Fällen.

Das vollständige Urteil des FEI-Tribunals kann man hier nachlesen.

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