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Sommerekzem bei Pferden: Neuartige Impfung könnte Behandlung revolutionieren
05.04.2018 / News

Für allergiegeplagte Pferde könnte es schon bald eine sinnvolle Alternative zu Sprays und Ekzemerdecken geben – eine neuartige Impfstoff-Technologie gibt Anlass zur Hoffnung.
Für allergiegeplagte Pferde könnte es schon bald eine sinnvolle Alternative zu Sprays und Ekzemerdecken geben – eine neuartige Impfstoff-Technologie gibt Anlass zur Hoffnung. / Foto: Fotolia/Petra Eckerl

Eine internationale Forschergruppe hat eine neue Impfstoff-Technologie entwickelt, die auch die Behandlung des gefürchteten Sommerekzems bei Pferden grundlegend verändern könnte. Die Impfung soll schon bald zur Verfügung stehen.

 

Das Sommerekzem ist eine überaus lästige, allergische Hauterkrankung mit einer deutlichen erblichen Komponente, die immer mehr Pferde betrifft und deren Lebensqualität vor allem in den Sommermonaten dramatisch einschränkt. Betroffene Pferde reagieren dabei allergisch auf den Speichel von stechenden Insekten (z. B. Stechmücken, Knitzen oder Kriebelmücken), was anfangs kleine Pusteln und einen immer größeren Juckreiz zur Folge hat. Durch das Scheuern verliert das Pferd an den betroffenen Stellen (insbesondere Schweifrübe, Mähnenkamm und Bauchnaht) immer mehr Haare, es kommt zu offenen und manchmal auch eitrigen Stellen, die sich weiter entzünden und noch mehr Insekten anziehen können: Ein Teufelskreis entsteht. Nun könnte es endlich einen – medizinischen – Ausweg aus diesem Teufelskreis geben.

Wie das Gesundheits-Portal Medizin-Aspekte.de berichtet, haben internationale Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Martin F. Bachmann von der Universitätsklinik für Rheumatologie, Immunologie und Allergologie am Universitätsspital Bern eine völlig neue, verbesserte Impfstoff-Technologie entwickelt, die auf virusähnlichen Nanopartikeln basiert und die eine Revolution in der Behandlung von Allergien bei Haustieren, aber auch beim Menschen bedeuten könnte.

Der neue Impfstoff besteht aus einem eigens hergestellten, virusähnlichen Nanopartikel, der als Träger eines sogenannten T-Zell-Epitops, eines Verstärkers der körpereigenen Immunreaktion, dient. Indem er das Immunsystem unterstützt, eignet sich der Impfstoff besonders für ältere und immungeschwächte Tiere. Ermöglicht wurde diese Spitzentechnologie durch neueste Erkenntnisse aus der biomedizinischen Forschung, die nun für Haustiere zu erschwinglichen Preisen nutzbar gemacht wird. „Diese Option wird wahrscheinlich die Art und Weise ändern, wie Haustiere medizinisch behandelt werden", so Forschungsleiter Prof. Bachmann.

Deutliche klinische Verbesserung
Das enorme Potenzial des neuen Impfstoffs konnte bereits im Rahmen einer Studie demonstriert werden, die von Wissenschaftlern um Antonia Fettelschoss-Gabriel vom Universitätsspital Zürich und der Universität Zürich durchgeführt wurde. 34 betroffene Islandpferde nahmen an der placebokontrollierten, doppelblinden klinischen Studie teil – 19 Pferde wurden geimpft, 15 erhielten ein Placebo. Die Ergebnisse sprachen für sich: Bei 47 % der mit dem neuen Impfstoff behandelten Pferde zeigte sich eine Verbesserung der klinischen Symptome um 50 % – 21 % erreichten sogar eine Verbesserung von 75 %. Bei der Kontrollgruppe (Placebo-Gruppe) erreichten lediglich 13 % der Pferde eine Verbesserung von 50 % – und kein einziges eine von 75 %.

Der Impfstoff bestand aus zwei miteinander verbundenen Komponenten. Die erste Komponente aktiviert das Immunsystem, basierend auf dem erwähnten virusähnlichen Nanopartikel. Die zweite Komponente ist Interleukin 5 (IL-5), ein spezifisches Molekül, das die Entwicklung und Aktivierung von sogenannten Eosinophilen reguliert, die eine bedeutende Rolle bei Allergien spielen. Die Immunisierung mit diesem kombinierten Impfstoff wurde von den Pferden generell gut vertragen, konnte die Anzahl von Eosinophilen in der Haut begrenzen und so Gewebeschäden und Hautläsionen deutlich reduzieren.

„Anders als bei der klassischen Desensibilisierung, bei der versucht wird, das Immunsystem gegenüber den Allergenen tolerant zu machen, gingen wir gezielt gegen die Hauptauslöser von Insektenstichüberempfindlichkeit vor, den Eosinophilen", so Fettelschoss-Gabriel. Eosinophile spielen auch eine Schlüsselrolle bei allergischem Asthma beim Menschen.

Die neuen Erkenntnisse, die bei Pferden gewonnen wurden, können somit helfen, eine ähnliche Therapie beim Menschen zu entwickeln.

Erfolge auch bei Hunden
Vergleichbare Erfolge brachte auch ein auf gleicher Basis entwickelter Impfstoff gegen atopische Dermatitis, der häufigsten allergischen Hauterkrankung bei Hunden. Wissenschaftler um um Prof. Martin Bachmann und Prof. Claude Favrot von der Klinik für Kleintiermedizin der Universität Zürich beschrieben in einer kürzlich veröffentlichten Studie die Wirkung eines virusähnlichen partikel-basierten Impfstoffs gegen den Auslöser der Krankheit von Hunden, dem Protein IL-31, und konnten zeigen, dass immunisierte Hunde eine robuste Immunantwort entwickeln konnten: Hunde, die besonders sensibel auf Hausstaubmilben reagieren, wiesen nach entsprechender Behandlung weit weniger Juckreiz-Symptome auf.

Die Impfung gegen IL-31 bei Hunden könnte auch die Entwicklung eines ähnlichen Impfstoffes beim Menschen erleichtern gegen Krankheiten, die mit Juckreiz assoziiert sind, so die Wissenschaftler.

Beide Studien wurden im renommierten ,Journal of Allergy and Clinical Immunology’ veröffentlicht – hier die Links zu den Untersuchungen:

Fettelschoss-Gabriel et al.: Treating insect-bite hypersensitivity in horses with active vaccination against IL-5, Journal of Allergy and Clinical Immunology, 04. April 2018

Bachmann et al.: Vaccination against IL-31 for the treatment of atopic dermatitis in dogs, Journal of Allergy and Clinical Immunology, 04. April 2018

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