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Vorbildliche Schweiz: Freiwilliges Meldesystem für Herpes, Druse & Co
23.05.2018 / News

Zum Wohle der Pferde: Schweizer Tierärzte beteiligen sich aktiv an einem freiwilligen Meldesystem für nicht-meldepflichtige Pferde-Infektionskrankheiten.
Zum Wohle der Pferde: Schweizer Tierärzte beteiligen sich aktiv an einem freiwilligen Meldesystem für nicht-meldepflichtige Pferde-Infektionskrankheiten. / Symbolfoto: Simone Aumair

Da könnten sich auch andere Länder etwas abschauen: In der Schweiz gibt es seit 1990 ein freiwilliges Melde- und Informationssystem für nicht meldepflichtige Pferde-Infektionskrankheiten, das immer größere Akzeptanz genießt.

 

In Österreich und in Deutschland kennen Pferdebesitzer das Problem nur allzu genau: Während bestimmte Infektionskrankheiten lt. Tierseuchenverordnung gesetzlich meldepflichtig sind – so zum Beispiel die Equine Infektiöse Anämie (EIA), die Afrikanische Pferdepest (African Horse Sickness, AHS), das West Nile Virus usw. – sind es eine ganze Reihe anderer Infektionskrankheiten nicht, insbesondere das Equine Herpes-Virus (EHV-4), Druse, Influenza sowie Infektionen der Atemwege etc. Diese Infektionskrankheiten müssen – sobald sie vom Tierarzt festgestellt werden – nirgends gemeldet oder veröffentlicht werden, sind aber natürlich auch für andere Pferde eine eminente Gefahr, auf die deren Besitzer und Halter eigentlich hingewiesen werden sollten.

In Deutschland und Österreich haben sich daher freiwillige Initiativen und Interessensgruppen gebildet (häufig in sozialen Netzwerken wie z. B. Facebook-Gruppen), in denen Pferdebesitzer derartige Krankheitsfälle melden und daher andere auf mögliche Infektionsgefahren aufmerksam machen können. Das ist zweifellos hilfreich und lobenswert – hat aber naturgemäß seine Unschärfen, denn Pferdebesitzer sind eben keine ausgebildeten Veterinäre, nicht immer wird klar und unmissverständlich kommuniziert und sauber zwischen Verdachtsfällen und bestätigten Krankheitsfällen differenziert.

In der Schweiz geht man einen anderen Weg – und zwar schon seit dem Jahr 1990. In diesem Jahr wurde ,Equinella’, ein freiwilliges Meldesystem für infektiöse Pferdekrankheiten, ins Leben gerufen. Dabei melden beteiligte Tierärzte und Institutionen das Auftreten von spezifischen Krankheiten im Intervall von zwei Wochen. Das System wurde ursprünglich von der Schweizerischen Vereinigung für Pferdemedizin (SVPM), der Pferdeklinik der Universität Bern und dem Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) initiiert.

Equinella hatte während den ersten 10 Jahren seines Bestehens mit zirka 42 meldenden Tierärzten und Institutionen (darunter 3 Labore, die beiden Universitätskliniken, die Klinik des Haras National und der Veterinärdienst der Armee) und etwa 100 Meldungen pro Jahr gut funktioniert. Zirka 20% der Schweizer Pferdepopulation waren damals durch Equinella  abgedeckt  und  die  Meldedisziplin  war  gut. Doch Ende der 90er Jahre geriet das System ins Stocken, die Krankheitsmeldungen der beteiligten Tierärzte gingen z. T. drastisch zurück – und daher war das System auch nicht mehr repräsentativ und aussagekräftig für die Schweizer Pferdepopulation. Nahezu ein Jahrzehnt lang dämmerte ,Equinella' mehr oder weniger vor sich hin – 2012 waren nur noch 6 Tierärzte auf der Plattform aktiv und gaben lediglich 9 Krankheitsmeldungen ab.

Grundlegender Neustart 2013
Daraufhin entschloss man sich zu einem grundlegenden ,Neustart' des Systems und führte als ersten Schritt eine Online-Umfrage unter Schweizer Tierärzten durch. In dieser wurde erhoben, ob sie überhaupt bereit und willens wären, an einem freiwilligen Meldesystem mitzuarbeiten – und wie dies nach ihren Vorstellungen praktisch und technisch durchzuführen wäre. Insbesondere wünschten sie eine aktuelle Webseite, (Hintergrund-)Informationen per E-mail-Verteiler und eine Online-Meldeplattform (ergänzt durch eine Smartphone-App).

Die Umsetzung all dieser Vorstellungen dauerte rund ein Jahr – und im November 2013 konnte die gründlich erneuerte ,Equinella'-Plattform ihren Vollbetrieb aufnehmen. Es wurde eine beeindruckende Erfolgsgeschichte – wie auch im Equinella-Jahresbericht 2017 nachzulesen ist: „Das System hat sich in den letzten vier Jahren in der Schweizer Pferdebranche etabliert und sich zu einer wichtigen Anlaufstelle für Fragen zu Infektionskrankheiten bei Equiden entwickelt. Es schliesst somit eine wichtige Lücke in der Überwachung und Prävention von Krankheiten in der Schweizer Pferdepopulation. Auch international wird Equinella viel Beachtung geschenkt.

Ende 2017 meldeten 94 TierärztInnen aus 87 Praxen ihre Befunde. Damit werden bereits zirka 60% der Schweizer Pferdepopulation abgedeckt. Je mehr TierärztInnen regelmässig ihre Befunde melden und je mehr Equiden von den teilnehmenden Praxen betreut werden, desto aussagekräftiger wird Equinella.

Zuständig für den Betrieb der Equinella Melde- und Informationsplattform ist die Equinella Fachstelle, die an der ISME Pferdeklinik Bern ansässig ist. Das System funktioniert in drei Schritten: Die Equinella-Tierärztinnen und –Tierärzte melden auf der Equinella-Plattform regelmässig ihre Befunde zu (potentiell) infektiösen Pferdekrankheiten aus ihrem Praxisalltag. Diese werden zentral durch die Equinella Fachstelle gesammelt und zusammen mit Informationen zur internationalen Pferdegesundheit wird die aktuelle Lage analysiert. Die gewonnenen Informationen sowie aktuelle News zur Pferdegesundheit werden allen Equinella-Tierärztinnen und –Tierärzten mit monatlichen elektronischen Newslettern zugänglich gemacht. Auf der Webseite www.equinella.ch werden die Meldungen sowohl in Tabellen- als auch in Kartenform dargestellt. Diese Informationen stehen auch der gesamten Schweizer Pferdebranche, allen Pferdehaltern und der Öffentlichkeit zur Verfügung."

Im Jahr 2017 wurden insgesamt 103 Meldungen abgegeben. Am häufigsten wurde dabei Druse (32-mal) gefolgt von Ehrlichiose (7-mal) gemeldet. Auffallend oft – nämlich insgesamt 50-mal – wurde die Diagnose „Fieber unbekannter Ursache" abgegeben, auch „Respirationstraktprobleme" wurden überdurchschnittlich oft (32-mal) angegeben. Im Vergleich dazu war die Anzahl der Fälle von gesetzlich meldepflichtigen Krankheiten nahezu verschwindend gering: 2017 wurden in der Schweiz lediglich 1 Fall von EIA (Equiner Infektiöser Anämie) und 1 Fall von Salmonellose angezeigt.

Insgesamt ergibt sich aus beiden Meldesystemen ein vergleichsweise geringer Infektionsdruck in der Schweizer Pferdepopulation, die laut der Schweizer Tierverkehrsdatenbank (TVD) per 31.12.2017 immerhin 111.421 Equiden umfasst. Das positive Resümee von Equinella: „Der Gesundheitsstatus der Schweizer Pferdepopulation in Bezug auf Infektionskrankheiten scheint dementsprechend hoch zu sein." Und das wüsste man ohne das segensreiche ,Equinella'-System schlicht und einfach nicht ...

Weitere Infos zur Plattform sowie eine Übersicht aktueller Krankheitsfälle in der Schweiz findet man auf www.equinella.ch

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