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Regeländerung in Großbritannien: Muli darf in Dressurbewerben starten
05.07.2018 / News

Christie Mclean hat
Christie Mclean hat's geschafft – sie darf mit Muli Wallace ab sofort an offiziellen Dressurprüfungen teilnehmen. / Foto: Christie Mclean

Nachdem eine Reiterin ihr Maultier nicht als Turnierpferd registrieren lassen durfte, gab es heftige öffentliche Empörung – nun lenkt ,British Dressage’ ein und erlaubt ab sofort auch Mulis die Teilnahme an pferdesportlichen Wettkämpfen.

 

Der Fall von Maultier ,Wallace the Great’ hatte in den letzten Tagen für Schlagzeilen in britischen Medien gesorgt: Seine Reiterin Christie Mclean bildet das elf Jahre alte Muli seit rund einem Jahr aus – und hat dabei erstaunliche Fortschritte gemacht. Wallace erwies sich als so gelehrig und talentiert, dass er bei lizenzfreien Dressurprüfungen auf Basis-Niveau bereits an der 70 %-Marke gekratzt hat. Chrstie Mclean war so begeistert von ihm, dass sie beim zuständigen Sportverband ,British Dressage’ um eine Turnierpferde-Registrierung für Wallace ansuchte, um mit ihm endlich auch in einem offiziellen Bewerb starten zu dürfen. Doch das sei, wie sie hören musste, leider nicht möglich.

Freilich ist Christie Mclean keine, die leicht aufgibt. Sie empfand die Weigerung von ,British Dressage’ schlicht und einfach als ungerecht – denn Wallace war mit seinen 1,42 m Stockmaß und seiner gedrungenen Statur vielleicht keine glanzvolle Viereck-Schönheit, aber hinsichtlich seiner Gangqualitäten und seines Charakters konnte er zweifellos mit den meisten Dressurpferden mithalten. Deshalb wollte Christie die Absage nicht so einfach hinnehmen – und trat an zum Kampf gegen ein Reglement, das ihr als unfair und unzeitgemäß erschien: „Sie haben einfach Nein gesagt, und ich wollte nur einen vernünftigen Grund dafür wissen. Ich wollte schließlich nur an Einsteiger-Prüfungen auf dem niedrigsten Niveau teilnehmen – und hätte nicht gedacht, dass man mich einfach wegschicken würde.“

Die Turnierpferde-Registrierung sei nur für Pferde und Ponys möglich – nicht aber für Maultiere: So lautete die offizielle Begründung mit Hinweis auf das gültige Reglement. Sie möge sich doch an die Wohltätigkeits-Organisation ,The Donkey Sanctuary’ bzw. an die ,British Mule Society’ wenden, dort würde man ihr sagen können, an welchen Bewerben sie mit Wallace teilnehmen könnte. Doch das kam für Christie Mclean nicht in Frage – sie blieb hartnäckig, schrieb sogar an Olympiasiegerin Charlotte Dujardin und zeigte sich entschlossen, notfalls auch den Int. Pferdesportverband FEI mit ihrer Angelegenheit zu befassen. Aufgeben war jedenfalls keine Option.

Mittlerweile hatten auch mehrere britische Tageszeitungen von der Sache Wind bekommen – und widmeten dem tapferen, kleinen Muli und seinem Kampf gegen den ignoranten Dressurverband eine ganze Reihe zu Herzen gehender Storys. Die Geschichte von Wallace gab tatsächlich einiges her: Er war einst in Irland ausgesetzt worden und trieb sich in der Nähe eines Dorfs herum, wo er die Blumen in den Vorgärten der Häuser fraß und ihm die Bewohner schließlich Heu an der Bushaltestelle fütterten, um ihn fernzuhalten. Schließlich wurde er von einer Tierschutzorganisation gerettet und nach England gebracht, wo er auf einem Hof von ,The Donkey Sanctuary’ Quartier bezog. Dort entdeckte ihn auch Lesley Radcliffe, eine Freundin von Christie Mclean, die das Muli sympathisch fand und es kaufte. Als Lesley Christie fragte, ob sie ihn nicht in Wettbewerben reiten möchte, zögerte sie keine Sekunde: „Ich dachte, dass das lustig sein würde – und ein wenig Abwechslung, also habe ich zugesagt.“

Die erfahrene Dressurreiterin kommt seither aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: „Er ist so intelligent – es ist einfach unglaublich. Seine Intelligenz ist schärfer als die meines eigenen Dressurpferdes. Es ist fast eine Schande – aber er könnte sich als die erstaunlichste kleine Diva herausstellen. Er ist echt süß und völlig entspannt – und er brüllt nie, wenn wir draußen sind. Eigentlich sieht er aus wie ein nettes New Forest Pony – der einzige Unterschied sind seine Ohren, die zugegeben ziemlich riesig sind.“ Auch bei Prüfungen ist Wallace immer bei der Sache und weiß genau, worum es geht: „Er arbeitet in schöner Aufrichtung und bemüht sich um korrekte Gänge. Nur im Galopp ist er noch nicht ganz im Gleichgewicht“, so Christie Mclean.

Wallace war jedenfalls ein Muli, für das es sich zu kämpfen lohnte – und die britischen Medien leisteten kräftige Schützenhilfe: „Ihr Gesetz ist ein Esel“ titelte etwa die ,Daily Mail’ in ihrer Online-Ausgabe und machte aus ihrer Sympathie für das Anliegen von Wallace & Christie kein Hehl. Und auch Christie ließ nicht locker: „Ist das denn wirklich ein Problem? Ich glaube nicht, dass British Dressage von Muli-Bewerbungen überrollt werden würde, wenn man uns starten ließe. Wir werden niemanden beleidigen oder verletzen, und aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir niemals in die Nähe von hochkarätigen Dressurpferden geraten, die sich über ihn ärgern könnten, weil die sicher nicht bei Einsteiger-Prüfungen starten.“

So kam es, wie es kommen musste: Den guten Argumenten und dem öffentlichen Druck musste schließlich auch British Dressage nachgeben – und gab gestern (4. Juli) bekannt, dass man seine Position – nach ausführlicher interner Beratung und nochmaliger Konsultation der FEI – revidiert habe: Mulis dürfen ab sofort doch als Turnierpferde registriert werden und damit an pferdesportlichen Wettkämpfen teilnehmen. In der Aussendung von ,British Dressage’ heißt es wörtlich: „Nach Rücksprache mit der FEI hat der Vorstand beschlossen, unsere Regeln an jene des Internationalen Pferdesportverbandes anzugleichen. Während sich unsere aktuellen Regeln auf Pferde und Ponys ohne vollständige Definition beziehen, sind die Allgemeinen Bestimmungen der FEI detaillierter und besagen: ,Pferd: bezieht sich auch auf ein Pony oder ein anderes Mitglied der Gattung Equus, sofern der Kontext nichts anderes vorsieht. Ein Pferd soll von einer Stute geboren werden.’ Diese Definition würde es Maultieren ermöglichen, an Wettkämpfen teilzunehmen – und daher wird diese Änderung mit sofortiger Wirkung umgesetzt und Teil des britischen Dressurreglements.“

Auch der Geschäftsführer von British Dressage – Jason Brautigam – zeigte sich mit dieser Entscheidung zufrieden: „Wir sind dankbar, dass wir auf dieses Problem aufmerksam gemacht wurden – und wir nunmehr sicherstellen konnten, dass unsere Regeln mit jenen der FEI in Einklang sind. Wir freuen uns sehr, Wallace und seine Artgenossen bei British Dressage begrüßen zu können. Dies ist Teil unseres Engagements für Inklusion und Vielfalt in der Dressur und macht unseren Sport offener und für alle zugänglicher.“

Christie McLean hat damit einen glorreichen Sieg davongetragen – ist überglücklich und findet die Entscheidung von British Dressage „einfach wunderbar“. Und sie möchte nicht lange zögern, das nächste Stück Dressurgeschichte zu schreiben – nämlich mit der ersten Teilnahme eines Mulis an einem offiziellen Dressurbewerb in Großbritannien: Dieser soll am 22. Juli in einem Teambewerb erfolgen – wir gratulieren und drücken die Daumen!

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