News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Glückliche Pferde schnauben öfter
12.07.2018 / News

Pferde, denen es gut geht, schnauben auch mehr – das haben französische Forscher herausgefunden.
Pferde, denen es gut geht, schnauben auch mehr – das haben französische Forscher herausgefunden. / Symbolfoto: Irene Gams

Das Schnauben dient bei Pferden möglicherweise nicht nur der Hygiene, sondern dürfte auch Ausdruck positiver Emotionen und eines guten Wohlbefindens sein – das haben französische Forscher herausgefunden.

 

Wieso schnauben Pferde – und wieso tun es die einen deutlich öfter als andere? Dieser scheinbar einfachen Frage ist ein französisches Forscher-Team nachgegangen, galt es doch bislang als weitgehend anerkannt, dass das Schnauben primär der Hygiene und der Reinigung der Nüstern von Schleim, Staub, Insekten oder anderen Reizstoffen dient. Doch ganz so klar ist die Sache möglicherweise nicht, denn es konnte bei bestimmten Säugetier-Arten (so etwa beim Tapir oder beim Nashorn) gezeigt werden, dass das Schnauben bei ihnen mit einer Phase der Entspannung und mit positiven Emotionen verbunden ist – und somit einen Indikator für gutes Wohlbefinden darstellt. „Wir haben also die Hypothese aufgestellt, dass dies auch bei Pferden der Fall sein könnte“, so Mathilde Stomp von der Universität Rennes.

Gedacht – getan: Die Wissenschaftler untersuchten insgesamt 48 Pferde, die jeweils sehr unterschiedlichen und in gewisser Weise extremen Haltungsbedingungen ausgesetzt waren: Der Großteil stammte aus zwei Reitschulen mit jeweils 19 bzw. 18 Pferden, die unter deutlich ,eingeschränkten’ Bedingungen in Einzelboxen und geringer Raufutterration gehalten wurden und nur stundenweise Zugang zur Weide hatten. Die restlichen elf waren Freizeitpferde, die unter weitgehend ,natürlichen’ Bedingungen in Gruppenhaltung auf der Weide lebten und nur gelegentlich geritten wurden.

Die Wissenschaftler beobachteten anschließend am jeweiligen Ort (also Stall oder Weide) die Körpersprache (z. B: Position der Ohren) und das Verhalten, das mit dem Schnauben in Zusammenhang stand, ebenso die Häufigkeit aggressiver Verhaltensweisen. Zusätzlich führten sie eine genaue Bewertung des Wohlbefindens der Pferde durch, wobei wissenschaftlich abgesicherte Indikatoren verwendet wurden (z. B. Vorhandensein von Stereotypien etc.). Aus all diesen Daten wurde für jedes einzelne Pferd eine ,chronischer Stressbelastung' („chronic stress score", TCSS) ermittelt, die auf das allgemeine Wohlbefinden des Tieres schließen ließ: Je größer der chronische Stress-Faktor, desto geringer sein Wohlbefinden.

Die Ergebnisse waren bemerkenswert und zeigten, dass
1) das Schnauben eindeutig mit Situationen verbunden war, die positiv für Pferde waren (z. B. Weidefütterung) und doe mit einem positiven inneren Zustand (Ohren in Vorwärts- oder Seitenlage) zusammenhingen;
2) die Reitschulpferde schnaubten auf der Weide doppelt so oft wie im Stall;
3) die ,natürlich' gehaltenen Freizeitpferde schnaubten in vergleichbaren Kontexten signifikant öfter als die Reitschul-Pferde, und
4) die Häufigkeit des Schnaubens war klar negativ korreliert mit dem Gesamtwert der chronischen Stressbelastung (TCSS): Je geringer die Stressbelastung, desto höher war die Schnaub-Rate.

Das Resümee der Forscher war daher eindeutig: „Schnauben scheint ein verlässlicher Indikator für positive Emotionen zu sein. Je mehr die Pferde schnaubten, desto besser war ihr allgemeines Wohlbefinden", so die Wissenschaftler. Für sie ist daher klar, dass „das Schnauben nicht bloß eine einfache hygienische Funktion zur Reinigung der Nüstern darstellt, die in keinem besonderen Zusammenhang steht und auch nicht mit einem bestimmten Gemütszustand verbunden ist. Die Luftbedingungen bzw. vorhandene Staubpartikel können unsere Ergebnisse nicht hinreichend erklären, da sich verschiedene Pferde unter gleichen Bedingungen deutlich hinsichtlich ihres Schnaub-Verhaltens unterscheiden können."

Vielmehr zeige sich eine deutliche Korrelation mit dem Wohlbefinden der Pferde: Das Schnauben könnte sich „als nützlicher Indikator für positive Emotionen" bei Pferden herausstellen. Das Schnauben weise „auf eine Entspannungsphase mit positiven Emotionen von geringer Intensität hin – und wird von Pferden mit einem dauerhaft guten Wohlbefinden intensiver bzw. häufiger ausgeführt."

Selbstverständlich sei jedoch die hygienische Funktion des Schnaubens nicht vollständig auszuschließen, so die Wissenschaftler abschließend, zumal Unterschiede in der Staubpartikel-Konzentrationen, wie sie im Stall bzw. auf der Weide auftreten, nicht im Detail untersucht wurden. Dennoch weisen die Ergebnisse darauf hin, dass dies allein nicht die festgestellten Unterschiede im Schnaub-Verhalten erklären könne. Hierzu bedürfe es weiterer Untersuchungen, um die relative Bedeutung dieses Faktors für das Schnaub-Verhalten vollständig zu bestimmen.

Die Untersuchung „An unexpected acoustic indicator of positive emotions in horses" von Mathilde Stomp, Maël Leroux, Marjorie Cellier, Séverine Henry, Alban Lemasson und Martine Hausberger ist am 11. Juli 2018 im Journal PLOSOne erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen