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Neues Wolfsrudel gesichtet: Land OÖ erlaubt Vergrämungsmaßnahmen
07.09.2018 / News

Der Wolf breitet sich weiter in Österreich aus – im Grenzgebiet von NÖ und OÖ hat sich ein zweites Rudel angesiedelt.
Der Wolf breitet sich weiter in Österreich aus – im Grenzgebiet von NÖ und OÖ hat sich ein zweites Rudel angesiedelt. / Symbolfoto: Fotolia/VK

Österreich hat ein neues Wolfsrudel – dies bestätigen DNA-Analysen und aktuelle Aufnahmen einer Wildkamera in Karlstift im Bezirk Gmünd. Das Land OÖ hat in einer angrenzenden Gemeinde nun offiziell Vergrämungsmaßnahmen gestattet.

 

Es ist eine Nachricht, die Landwirte und Pferdehalter wohl mit Besorgnis hören: In Österreich gibt es nun – nach dem bereits bekannten Rudel auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig – eine weitere Wolfsfamilie, die sich im Grenzgebiet Oberösterreich – Niederösterreich – Tschechien angesiedelt hat. Der letzte Beweis dafür waren Fotos einer Wildkamera, die am 26. August auf einem Forstgut in Karlstift (Bezirk Gmünd) aufgenommen wurden und eine Gruppe voninsgesamt fünf Wölfen zeigen. In den letzten Wochen gab es in der Region zudem vermehrt Risse und Sichtungen von Wölfen, wie Wolfsanwalt Georg Rauer dem ,Kurier’ bestätigte. Die Ergebnisse der DNA-Analysen zeigen auch, dass diese Wölfe nicht aus dem Rudel von Allentsteig stammen: Die Elterntiere sind vermutlich aus Deutschland oder Polen eingewandert und haben hier mindestens vier Welpen bekommen, die nun im Grenzgebiet zwischen Ober- und Niederösterreich und dem angrenzen Tschechien umherstreifen.

In einer ersten Reaktion auf diese Entwicklung hat die OÖ Landesregierung in der Gemeinde Liebenau sogenannte ,Vergrämungsmaßnahmen’ erlaubt – in einigen niederösterreichischen Gemeinden ist dies schon länger der Fall. Nähert sich ein Wolf auf 200 Meter einem bewohnten Gebäude, dürfen Mittel wie Gummigeschoße, Schreckschussmunition, Signalpatronen, Licht oder Lärm eingesetzt werden, um Wölfe zu vertreiben – die erstgenannten ausschließlich durch Jagdberechtigte, Licht- und Tonsignale aber auch durch die Bevölkerung bzw. Grundeigentümer, wie Agrarlandesrat Max Hiegelsberger (ÖVP) in einem ORF-Interview erklärte. Jede Maßnahme müsse exakt protokolliert werden, die Ausnahmegenehmigung gilt vorerst bis 31. Dezember 2019.

In den letzten Monaten hatte es in Oberösterreich mehrere Wolfsattacken auf Nutztiere gegeben: Ende Mai riss ein Wolf zwei Schafe in der Gemeinde Weyer (Bezirk Steyr-Land), Ende Juni kamen bei einem weiteren Wolfsangriff drei Schafe in Weitersfelden im Mühlviertel zu Tode.

Dass sich im Norden Österreichs nun ein zweites Wolfsrudel angesiedelt hat, sorgt für neuerliche Diskussionen über den richtigen Umgang mit der Herausforderung Wolf. Der WWF Österreich fordert neuerliche eine Informationsoffensive, um Ängste und Vorurteile in der Bevölkerung abzubauen – aber auch ein seriöses Wolfsmanagement seitens der zuständigen Stellen. „Jetzt geht es darum, möglichst rasch die richtigen Maßnahmen zu setzen. Besonders wichtig ist ein praxistauglicher, an die Region angepasster Herdenschutz. Vor allem die Weidetierhalter müssen beraten und finanziell unterstützt werden“, sagt WWF-Experte Christian Pichler. „EU-rechtlich ist der Wolf streng geschützt, daher braucht es ein rechtskonformes Wolfsmanagement. Dafür sollten auch die Erfahrungen anderer Länder wie der Schweiz genützt werden.“

„Jeder Hof ist anders, weshalb Herdenschutz bestmöglich an die jeweilige Situation angepasst werden sollte, damit er gut funktioniert. Daher brauchen die Landwirte fachkundige Ansprechpartner und gezielte Unterstützung“, fordert Pichler von der zuständigen Politik. Vorbeugender Herdenschutz ist jedenfalls viel zielführender als eine Reaktion im Nachhinein. Ohne Herdenschutz sind auch Vergrämungen wenig erfolgsversprechend. „Wölfe dürfen gar nicht erst realisieren, dass Weidetiere eine leichte Beute darstellen“, betont Pichler. Im wildreichen Österreich ernähren sich Wölfe ohnehin großteils von Wildtieren. Schafe stellen eine Gelegenheitsbeute dar, wenn die Herden nicht oder nur ungenügend, also mit einem normalen Weidezaun geschützt sind.

Der renommierte Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal erklärt: „Wölfe lernen rasch, zwischen „erlaubter“ (Wild) und „unerlaubter“ (Haus- bzw. Nutztiere) Nahrung zu unterscheiden, wenn sie zum Beispiel ein stromführender Zaun behindert. In Kombination können zusätzlich Herdenschutzhunde helfen.“

Doch derartige Zäune sind nicht nur aufwendig und teuer, sondern auch in ihrer Wirksamkeit umstritten. Das Land OÖ will sich daher zu allfälligen Förderungen oder Zuschüssen für tierhaltende Betriebe noch nicht festlegen. Landesrat Hiegelsberger: „Es gibt jetzt eine Forschungsstelle in Raumberg-Gumpenstein, von der Ministerin eingerichtet. Hier erhoffen wir uns Werte dazu, ob solche nachhaltigen Maßnahmen tatsächlich wirksam sind.“

Sollte dies nicht der Fall sein, ist man notfalls auch zu weitreichenderen Schritten bereit, wie Dr. Helmut Mülleder, leitender Referent für Jagd und Fischerei der Abteilung Land- und Forstwirtschaft, gegenüber dem ORF andeutet: „Wenn das nicht funktioniert auf Dauer, dann wird man auch einen nächsten Schritt – sozusagen bei einem Zwei-Punkte-Programm – weiterverfolgen müssen, das ist eine allfällige Entnahme.“ Sprich: der Abschuss problematisch bzw. auffällig gewordener Wölfe. Dies wäre – auch trotz des hohen Schutzstatus des Wolfes in Europa – gesetzlich dann zulässig, wenn wiederholt Weidetiere trotz sachgemäß angewendeter Vorbeugungsmaßnahmen angegriffen werden, wie auch der WWF bestätigt. 

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