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Tägliches Pferde-Training bringt nicht unbedingt bessere Resultate
03.10.2018 / News

Pausen zwischen den Trainingseinheiten bringen mittel- und langfristig die gleichen Lernerfolge wie tägliches Training, so die Studienautoren.
Pausen zwischen den Trainingseinheiten bringen mittel- und langfristig die gleichen Lernerfolge wie tägliches Training, so die Studienautoren. / Symbolfoto: Simone Aumair

Einen spannenden Lern-Versuch unternahmen Wissenschaftler aus Deutschland und Australien: Sie brachten Pferden drei einfache Lektionen mit zwei unterschiedlichen Methoden bei: einmal wurden die Pferde täglich, im zweiten Fall nur jeden dritten Tag trainiert. Die Resultate waren verblüffend.

 

Die meisten Reiter entscheiden gewissermaßen aus dem Bauch heraus, wie oft oder intensiv sie eine spezifische Aufgabe oder Lektion mit ihrem Pferd trainieren wollen. Tatsächlich gibt es wenig objektive Daten bezüglich des optimalen Zeitintervalls zwischen den Wiederholungen einer Lernaufgabe bzw. zwischen einzelnen Trainingseinheiten – und dies war auch der Ansatzpunkt einer Studie von deutschen und australischen Wissenschaftlern. Sie wollten herausfinden, wie schnell Pferde eine neue Aufgabe erlernen können, wenn sie diese – jeweils mittels negativer Verstärkung sowie stufenweisem Trainingsaufbau – in zwei unterschiedlichen Zeitintervallen trainieren.

Insgesamt umfasste die Studie 39 Pferde im Alter von 2 bis 24 Jahren, die drei unterschiedliche, ihnen bislang unbekannte Aufgaben erlernen sollten, nämlich 1) auf Druck am Genick den Kopf zu senken, 2) auf Druck am Hals rückwärts zu gehen sowie 3) auf Druck an der Fessel nach vor zu gehen. Die erste Testgruppe umfasste 20 Pferde und wurde täglich einmal trainiert, bei der zweiten Testgruppe mit 19 Pferden wurde die Lernaufgabe hingegen nur jeden dritten Tag geübt. Die Trainingseinheiten dauerten jeweils eine Minute, in jeder Einheit waren somit 3 bis 5 Wiederholungen pro Aufgabe möglich. Der Trainingserfolg wurde mittels einer sechsstufigen Bewertungsskala bewertet, beginnend von 1 (= kleine Reaktion bei starkem Druck) bis zu 6 (= deutliche Reaktion bei schwachem Druck) – 0 wurde dann vergeben, wenn keinerlei Reaktion erkennbar war. Auch die Herzfrequenz der Pferde, ihr Verhalten sowie die Zeitspanne und der angewandte Druck bis zu einer Reaktion wurden aufgezeichnet.

Die Resultate waren durchaus überraschend: Schon bei einem ersten Vergleich der Leistungen beider Testgruppen nach nur vier Trainingseinheiten zeigten die Pferde weder bei den Bewertungspunkten, noch nach der Zeit oder nach dem erforderlichen Reaktionsdruck Unterschiede im Lernfortschritt. Auch am Ende der insgesamt 28-tägigen Testdauer gab es trotz der sehr unterschiedlichen Anzahl der Trainingseinheiten (10 vs. 28) ebenfalls keinen signifikanten Unterschied im Lernfortschritt bzw. bei Zeitaufwand oder Druck zwischen beiden Testgruppen. Auch die Häufigkeit des Gähnens, Kauens und Leckens unterschied sich nicht zwischen den beiden Trainingsplänen, wobei das Kauen häufiger bei frühen Trainingseinheiten zu beobachten war als bei späteren.

Das Resümee der Wissenschaftler: „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch tägliches Training zwar schnellere Fortschritte beim Erlernen einer neuen Aufgabe erzielt werden können – dass aber später, innerhalb desselben Zeitraums, ein ähnliches Niveau beim Lernfortschritt erreicht werden kann, wenn längere Pausen zwischen den einzelnen Einheiten eingeplant werden." Auf einen einfachen Nenner gebracht: Pferde „vergessen" eine neu erlernte Aufgabe bzw. Lektion nicht, wenn diese nur jeden dritten Tag und nicht täglich trainiert wurde. Pferden Pausen von zwei Tagen zwischen Trainingseinheiten zu ermöglichen führt über einen Zeitraum von 28 Tagen zu denselben Lernerfolgen wie tägliches Training – und ein solches zeitliches Schema könnte verwendet werden, um sowohl die Zeit des Trainers als auch die Zeit des Pferdes effizienter zu nutzen.

„Tägliches Training ist nicht unbedingt eine Frage des Pferdewohls, aber es ist wichtig zu beachten, dass es auch auf die Art der Anforderung ankommt. Wenn dem Pferd z. B. eine anstrengende körperliche Aufgabe beigebracht wird, braucht es zwischen den Trainingseinheiten definitv eine Auszeit, damit sich die Muskeln ausruhen und regenerieren können", so Studien-Autorin Uta König von Borstel gegenüber dem Portal Horsetalk.co.nz. Auch Co-Autor Andrew McLean bestätigt dies – und weist darauf hin, dass Über-Training für Pferde sowohl mental als auch physisch ein großes Problem darstellen kann: „Wenn Pferde übertrainiert sind, beginnen sie, eine Reihe von mentalen Beeinträchtigungen zu zeigen, sie schalten ab, reagieren schlechter, werden aggressiv usw. Auch körperliche Beschwerden wie Knochen-, Sehnen- oder Muskelprobleme können auftreten. Je mehr wir diese Stressfaktoren reduzieren können, umso besser ist es für das Pferd. Der Schlüssel ist zu versuchen, aus der Aufgabe eine Gewohnheit zu machen. Während der Aneignungs- bzw. der Trainingsphase können Dinge schiefgehen – je effizienter wir die Gewohnheitsphase erreichen, desto besser ist es für Pferd und Reiter."

Die Untersuchung „Horses’ learning performance when using different training schedules (daily vs. every three days training sessions) to train novel tasks via negative reinforcement" von J. Schomber, A. McLean and U. König von Borstel wurde im Rahmen der 14. Jahrestagung der ,Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaften' (ISES) von 21.–24. September 2018 in Rom vorgestellt.

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