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Die Qual reitet mit: 85 % aller Springreiter leiden unter Nacken- und Rückenschmerzen
16.11.2018 / News

Ein alarmierendes Ergebnis: 85 % der befragten Springreiter gaben an, unter Nacken- und Rückenschmerzen zu leiden.
Ein alarmierendes Ergebnis: 85 % der befragten Springreiter gaben an, unter Nacken- und Rückenschmerzen zu leiden. / Symbolfoto: Julia Rau

Eine Studie der Hartpury Universität in Großbritannien brachte ein alarmierendes Ergebnis: 85 % der befragten Springreiter gaben an, unter Nacken- und Rückenschmerzen zu leiden – was auch ihre Leistungen nachhaltig beeinflusst.

 

Es ist ein vielfach tabuisiertes Thema, über das man nur höchst ungern spricht – nämlich Schmerzen beim Reiten. Schon ein altes Sprichwort sagt, dass ein Indianer keinen Schmerz kennt – und das scheint auch für Reiterinnen und Reiter zu gelten: Man/Frau klagt nicht, um nicht als weich oder wehleidig dazustehen, sondern beißt die Zähne zusammen, während man in Wahrheit unter Höllenqualen leidet. Dieser Befund mag vielen übertrieben erscheinen – doch wenn man einer aktuellen Untersuchung des Hartpury University Centre in Gloucester (Großbritannien) glaubt, dann trifft diese Aussage jedenfalls auf die Zunft der professionellen Springreiter zu.

Forscher der Universität haben insgesamt 80 Profi-Springreitern einen umfangreichen, speziell adaptierten Fragenkatalog rund um das Thema Schmerz vorgelegt. Ziel war es herauszufinden, wie häufig Springreiter am Turnier unter Schmerzen leiden, welche Körperregion davon am häufigsten betroffen ist, welche Faktoren die Schmerzen beeinflussen und die Schmerzen nach eigener Einschätzung auch ihre Leistungen im Parcours beeinträchtigen.

Die Ergebnisse waren in vielerlei Hinsicht alarmierend: 85 % gaben an, an Nacken- und Rückenschmerzen zu leiden. Die Mehrzahl dieser Patienten hatte Schmerzen im unteren Rückenbereich. 66 % der Teilnehmer gaben an, Schmerzen in anderen Körperregionen zu haben, am häufigsten im Knie. 67 Prozent verwendeten rezeptfreie Medikamente zur Behandlung ihrer Schmerzen, hingegen nur 9% verschreibungspflichtige Arzneimittel.

85% der Reiter gaben zu, dass die Schmerzen auch einen deutlichen Einfluss auf ihre sportlichen Leistungen haben würden. Am häufigsten glaubten sie, dass die Schmerzen ihre körperliche Asymmetrie beeinflussen (45%), ihre Beweglichkeit einschränken (36%), zu rascherer Ermüdung führen (24%), ihre Stimmung durch Erhöhung der Angst und Reizbarkeit negatvi beeinflusst (21%) und ihre Konzentrationsfähigkeit verringert (19%). Bezeichnend war aber auch der Umstand, dass nur 14% der Befragten der Ansicht waren, dass sie ihre körperliche Asymmetrie auch auf das Pferd übertragen und dadurch beeinträchtigen würden.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Schmerzen die Fähigkeit des Reiters beeinträchtigen können, seine ideale Reitposition zu halten und die richtigen Hilfen zu geben, was möglicherweise auch Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Pferdes hat. Hingegen bestand kein Zusammenhang zwischen dem Alter und dem Auftreten von Schmerzen. Die Wahrscheinlichkeit, an Schmerzen zu leiden, war bei den Befragten 1,42-mal größer, als schmerzfrei zu sein. Ein weiteres interessantes Detailergebnis: Bei Reitern, die ausschließlich in der Disziplin Springreiten gestartet sind, ist die Wahrscheinlichkeit, an chronischen Schmerzen zu leiden, 2,2-mal größer als an akuten Schmerzen zu leiden. Es bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der Reitjahre und dem Auftreten von Schmerzen.

Das Resümee der Forscher fiel ernüchternd aus: „Chronische Schmerzen – insbesondere Rückenschmerzen – sind unter Springreitern weit verbreitet. 85 % der befragten Reiter fanden, dass diese Schmerzen ihre sportlichen Leistungen beeinträchtigen würden, was sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die Kommunikation mit dem Pferd auswirkt. Die Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten war die häufigste Strategie, die von den Springreitern zur Behandlung der Schmerzen eingesetzt wurde – und dies kann langfristige gesundheitliche Auswirkungen haben.“

Die Wissenschaftler betonten, dass die vorliegende Studie wesentlich auf den Wahrnehmungen der Reiter, deren persönlichem Schmerz-Empfinden und individuellen Behandlungsoptionen basierte, was sich auf die Daten ausgewirkt haben könnte. Angesichts der alarmierenden Ergebnisse sollten unbedingt weitere Forschungen durchgeführt werden, um die genauen Ursachen von Rückenschmerzen und geeignete Gegenstrategien bei Reitsportlern zu ermitteln.

Die Studie „A preliminary study to investigate the prevalence of pain in competitive showjumping equestrian athletes“ von V. Lewis*, L. Dumbell and F. Magnoni wurde im Rahmen der 14. Jahrestagung der ,Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaften' (ISES) von 21.–24. September 2018 in Rom vorgestellt.

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