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Nach mehreren toten Pferden: Petition fordert Feuerwerks-Verbot zu Silvester
10.01.2019 / News

Reitstallbesitzer können ein Lied davon singen – auch die Nähe von Tieren hält viele ,Knallköpfe
Reitstallbesitzer können ein Lied davon singen – auch die Nähe von Tieren hält viele ,Knallköpfe' nicht davon ab, Feuerwerk und Böller zu zünden. / Symbolfoto: Archiv Martin Haller

Silvester-Raketen und Böller haben in Deutschland auch heuer wieder zu schweren Unfällen geführt, in Berlin und Brandenburg sind drei Pferde zu Tode gekommen. Nun fordert eine Petition ein bundesweites Feuerwerks-Verbot für Privatpersonen.

 

Der wohl schlimmste Zwischenfall ereignete sich in der Berliner Stadtrandsiedlung Malchow, wo sich in der Silvesternacht ein wahres Drama abspielte: Wie der ,Berliner Kurier' berichtet, bemerkte ein Zeuge gegen 2.30 Uhr ein Feuer bei zwei Stallungen und alarmierte Polizei und Feuerwehr. Trotz aller Bemühungen brannten die beiden Ställe völlig aus, in den Flammen starben zwei Pferde im Alter von 11 und 24 Jahren. Für den geschockten Besitzer kommt als Brandursache nur ein Böller oder eine Rakete in Frage, da er kurz vor dem Brand noch auf dem Gelände gewesen sei und alles inspiziert habe. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf Brandstiftung.

Zu einem besonders tragischen Todesfall ist es auch in Königs Wusterhausen (Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg) gekommen – hier starb in der Nacht ein sechs Monate altes Fohlen an den Folgen der Knallerei. Das Jungtier hatte eine Stunde nach Mitternacht eine Stresskolik erlitten, sagte die 37-Jährige. „Die Belastung durch den Lärm war zu groß. Das Fohlen hatte Stresshusten. Es legte sich immer wieder auf den Boden“, so die Besitzerin. Das Tier verendete wenige Stunden später beim Einleiten der Narkose im Operationssaal einer Klinik.

Die Besitzerin macht auch die Ignoranz einiger Anwohner für den Tod des Tieres verantwortlich, wie die  ,Berliner Zeitung' berichtet: Nachbarn hatten auch diesmal Pyrotechnik in unmittelbarer Nähe der Pferde gezündet – und das, obwohl bereits im Vorjahr ein Friesen-Wallach wegen der Knallerei ums Leben gekommen war. Daher habe sie das Gespräch mit den Nachbarn gesucht und um mehr Rücksichtnahme gebeten – leider vergebens. Auch eine befreundete Reiterin habe den Verlust eines Pferdes zu beklagen – es hat durch die Knallerei einen Herzinfarkt erlitten, so die Besitzerin, die nun ein gesetzliches Verbot von privatem Silvester-Feuerwerk fordert: „Der Gesetzgeber muss reagieren!"

Ins gleiche Horn stößt auch eine Petition, die bereits im Vorjahr gestartet worden war und nach den dramatischen Vorfällen der heurigen Silvesternacht enormen Zulauf erhalten hat. Initiatorin Andrea Glomba fordert darin ein Verbot von Feuerwerk für Privatpersonen – und zwar bundesweit und ganzjährig. Als zentrale Argumente werden die erhebliche Feinstaubbelastung in der Silvesternacht, die Unfallgefahr für Menschen, die Müllmengen nach der Silvesternacht und vor allem die Belastungen für Haus- und Wildtiere angeführt, die durch Feuerwerk und Böller einem enormen Stress ausgesetzt werden, wobei es immer wieder zu schweren Unfällen komme. Auch die ohnehin schon stark schwindenden Vogelbestände würden durch Feuerwerke gefährdet.

Daher fordert Andrea Glomba: „Da es sich Jahr für Jahr herausstellt, dass ein nicht geringer Teil der Deutschen nicht in der Lage ist verantwortungsvoll mit diesem Kleinsprengstoff umzugehen und sich an geltende Gesetze zu halten, fordern wir: Das generelle und ganzjährige Verbot des Zündens von Feuerwerken für Privatpersonen!" Dieser Ruf hat in den letzten Tagen breites Gehör gefunden – aktuell hält die Petition bereits bei mehr als 87.000 Unterschriften, eine mehr als beachtliche Resonanz.

Ein ähnliches Ziel verfolgt auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die bereits vor Weihnachten in einer Aussendung auf die große Belastung vieler deutscher Städte mit Luftschadstoffen in der Silvesternacht hingewiesen hatte und an die Kommunen appellierte, vermehrt lokale Feuerwerks-Verbote auszusprechen. Nach den negativen Erfahrungen und den zahlreichen Unfällen in diesem Jahr verschärfte man diese Woche den Ton weiter und kündigte an, zur Durchsetzung des Feuerwerks-Verbots notfalls auch vor Gericht zu ziehen: „Wir werden den politischen Druck erhöhen", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die DUH ist für die Feuerwerks-Gegner ein wertvoller Verbündeter: Die Organisation spielte bereits in der Dieselkrise eine wichtige Rolle und hat mit diversen Klagen eine ganze Reihe von Fahrverbotszonen für ältere Dieselautos in deutschen Großstädten erwirkt. Solche Verbotszonen sollte es – wenn es nach der DUH geht – bald auch für Raketen und Böller in der Silvesternacht geben.

Die Petition „Verbot von Silvesterfeuerwerk für Privatpersonen" kann man hier unterstützen.

Kommentare

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4) andre_l: [Teil 1/4]
Die Petition und letzlich auch dieser Artikel sind wieder einmal schönes Beispiel dafür, wie ungeklärte Einzelereignisse dafür benutzt werden, eine politische Agenda zu verfolgen und mit dem Ruf nach Verboten Stimmung zu machen.

Was ist eigentlich passiert?

Fall 1: Ein Fohlen kommt an Silvester in eine Klinik und stirbt, während es in Narkose gelegt wird. Die Besitzerin gibt im Interview ihre eigene Diagnose Stresshusten an, wobei das Feuerwerk die eindeutige Todesursache ist, denn (Zitat) Da ist sich die Besitzerin Janett Wittig-Kretzulesco sicher.

Bei allem Mitgefühl für ihren Verlust - weder existiert ein tiermedizinisches Krankheitsbild Stresshusten , noch ist daß sie sich sicher ist ein ausreichender Beleg dafür, daß ihr Fohlen aufgrund des Feuerwerks zu Tode kam. Wie wäre es, wenn ihr Fohlen in einer anderen Nacht im Jahr dieselben Symptome gezeigt hätte? Weder gibt es Aussage des Arztes, noch eine eindeutige Diagnose, und auch nicht - was als einziges sinnvoll gewesen wäre - seitens der Zeitung eine Anfrage bei Tierkliniken, ob und wieviel an Sylvester mehr Pferde mit Kolik oder ähnlichen Symptomen eingewiesen werden. Das wäre wohl eher eine seriöse Berichterstattung.
Und wenn es bereits im Vorjahr zu Problemen mit in Panik geratenen Pferden gekommen ist, ist auch nicht verständlich, warum man, wenn man so besorgt ist, nicht frühzeitig bei der Stadt darum ersucht hat, ein Böllerverbot für einen entsprechenden Bereich um den Stall auszusprechen. Alternativ hätte man den Bereich selbst absperren, oder in letzter Konsequenz auch die Pferde für die Silvesternacht auch an einen anderen Ort auslagern können. Die Tiere vor Ort zu lassen, wenn die Zustände angeblich seit Jahren bekanntermaßen so untragbar sind - das ist für mich mehr als fragwürdig.
Freitag, 11. Januar 2019
3) andre_l: [Teil 2/4]
Fall 2: Ein Stall in Malchow brennt zu Silvester ab. Die Eigentümer sind zum Zeitpunkt des Brandes nicht vor Ort, gemeldet wird das Feuer um 2:30 Uhr durch einen Busfahrer (Artikel in der BZ). Auch hier (Zitat) Der Besitzer geht aber „von einem Böller oder einer Rakete“ aus. Die Brandursache ist bis heute nicht bekannt.

Wie man einen Stall, in dem es vor brennendem Material nur so wimmelt, an Silvester komplett unbeaufsichtigt lassen kann, ist mir schleierhaft. Jeder, der zuhause sein Fenster auf Kipp läßt, kriegt keinen Cent von seiner Hausratversicherung, wenn das Haus wegen einer hereingeflogene Rakete abbrennt - und zwar zu recht, weil es grob fahrlässig ist. Ein ganzer Stall bleibt dagegen unbeaufsichtigt. Und falls es gezielte Brandstiftung war - denn um 2:30 fliegen schließlich kaum noch Raketen - dann ist das eine Straftat, und hat nichts mit Silvester zu tun. Auch so brennen das Jahr über genug Ställe durch Feuerteufel.

Was haben wir also? Ein Fohlen, daß an ungeklärter Ursache gestorben ist, ein Stall der abgebrannt ist, an dem niemand war, und - ach ja, Feinstaub, den man nicht einatmen würde, wenn man sich am 31.12 zwischen 23:00 und 1:00 Uhr nicht im Freien befinden würde. Also genau so, wie es wäre, wenn man keinen Grund hätte um diese Zeit nach draußen zu gehen, zum Beispiel weil es kein Feuerwerk gibt. Wie wäre es denn, wenn man dann stattdessen einfach drinnen bleibt?

Und dann gibt es die Leute, denen das oben genannte als Begründung ausreicht um zu fordern, es 82 Millionen Deutsche zu verbieten, Silvester mit Feuerwerk zu feiern. Herzlichen Glückwunsch zum Ende von Freiheit und Demokratie!

Ich selbst bin Pferdebesitzer, und in der Nähe unseres Stalls gibt es jedes Jahr Feuerwerk. Feuerwerkkörper habe ich zuletzt als Kind selbst in der Hand gehabt und auch kein Interesse daran, bin also gänzlich unbefangen.
Freitag, 11. Januar 2019
2) andre_l: [Teil 3/4]
An unserem Stall sind jedes Jahr an Silvester abwechselnd mehrere von uns Pferdebesitzern, die dort Brandwache halten und bei den Pferden nach dem Rechten sehen. Als Vorbereitung gehen wir mit unseren Pferden nicht nur ganzjährig nach draußen (auch im Berufsverkehr, über Autobahnbrücken, durch Kreisverkehre, auf Bundesstraßen...) sondern auch und insbesondere vor und an Sylvester und Neujahr, gerade, um die Pferde an diese Situation zu gewöhnen. Natürlich sind auch unsere Pferde um Mitternacht nicht unbedingt begeistert, aber so ruhig, daß sie weiter ihr Heu fressen, während die Nachbarschaft auch nicht mehr als 100m entfernt ihr Feuerwerk abbrennt. Es geht also auch anders.

Es ist die Aufgabe eines Pferdebesitzers, sich frühzeitig darum zu kümmern, sein Pferd so zu trainieren, daß es den vorhersehbaren Belastungen an Sylvester standhalten kann. Bin ich dazu nicht in der Lage, kann ich mein Pferd nicht in Siedlungsnähe halten. In dem meisten Fällen werden die Anwohner, also die mit dem Feuerwerk, schon vor dem eigenen Pferd dort gewesen sein. Man kann und muß sich also darauf einstellen.

Als Stallbesitzer, hilfsweise auch als Einsteller, habe ich an Sylvester darauf zu achten, daß kein Brand entstehen kann. Zuhause schließe ich die Fenster, und wenn ich den Stall nicht völlig brandsicher bekomme, dann muß eben jemand vor Ort sein.
Freitag, 11. Januar 2019
1) andre_l: [Teil 4/4]
Auch Pferdebesitzern stünde grundsätzlich mehr Toleranz und Verständnis für andere gut zu Gesicht, auch wenn man deren Ansichten und Interessen nicht teilt. Ich meine genau die Toleranz, die wir uns von anderen Nichtreitern so oft wünschen, zum Beispiel wenn unser Pferd einmal unterwegs an unpassender Stelle geäppelt hat.

Was mich persönlich jedoch am meisten stört, ist daß es Personen gibt, zu denen anscheinend auch die Urheber der Petition gehören, die der Ansicht sind, ihre persönlichen Ansichten oder auch die Meinung einer (oft nur vermeintlichen) Mehrheit gäben ihnen das Recht, die grundsätzlichen Freiheiten anderer einzuschränken. Es gibt keinen Grund, erwachsenen Menschen die traditionelle Verwendung von Feuerwerk nicht da zu gestatten, wo niemand zu Schaden kommen kann. Vielleicht nicht in engen Innenstadtschluchten, und vielleicht auch nicht in der Nähe von Ställen. Aber diese Differenzierung findet in der Diskussion ja ohnehin nicht statt. Stattdessen wie immer: Verbieten! Möglichst laut, auf Facebook und allen Kanälen.

Ich bin froh in einem Land zu leben, in der auch die Menschen, die andere Interessen haben als ich, diese ausleben dürfen, und bin selbst bereit, dafür auch mal Rücksicht zu nehmen und selbst Verantwortung zu übernehmen. Ich möchte in einem Land leben, in der Freiheit nicht von der Meinung der Mehrheit bestimmt wird, Respekt vor dem Einzelnen besteht, und in dem nicht die Verbots-Schreier bestimmen, was jeder einzelne zu tun und zu lassen hat.
Freitag, 11. Januar 2019
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