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Headshaking bei Pferden: Viele Therapien, bescheidene Erfolge
16.01.2019 / News

Der Behandlung von Headshaking-Pferden sind bislang enge Grenzen gesetzt – immerhin gibt es punktuelle Fortschritte.
Der Behandlung von Headshaking-Pferden sind bislang enge Grenzen gesetzt – immerhin gibt es punktuelle Fortschritte. / Symbolfoto: Archiv

Eine britische Wissenschaftlerin hat die bisherigen Behandlungsansätze bei Headshaking-Pferden und die dabei erzielten Erfolge näher untersucht – das Resümee ist ernüchternd, mit kleinen Ausnahmen.

 

Headshaking bei Pferden ist ein Krankheitsbild, das die Tiermedizin nach wie vor vor erhebliche Herausforderungen stellt. Die Ursachen von Headshaking können äußerst vielfältig und komplex sein, was die Behandlung zusätzlich erschwert. Ein großer Teil der Krankheitsfälle wird heute auf eine Überempfindlichkeit bzw. Schädigung des Gesichtsnervs (nervus trigeminus) zurückgeführt, die mit der sogenannten Trigeminus-Neuralgie beim Menschen vergleichbar ist. Diese Überempfindlichkeit führt dazu, dass Pferde schon bei geringsten Reizen – Luftzug, Staub, Pollen, Insekten etc. – Schmerzen verspüren und mit Kopfschlagen reagieren. Was genau jedoch diese Überempfindlichkeit des Trigeminus-Nervs verursacht, ist weitgehend unbekannt – in Frage kommen eine Vielzahl möglicher Faktoren, definitiv ausgeschlossen als Auslöser wurde bislang nur das Herpes-Virus, das in einigen Fällen für die menschliche Trigeminus-Neuralgie verantwortlich gemacht wurde.

Die Wissenschaftlerin Veronica Roberts von der Veterinärmedizinischen Universität Bristol hat in einer bemerkenswerten Studie das Trigeminus-induzierte Headshaking beim Pferd näher analysiert und die bisherigen Forschungsarbeiten zu diesem Krankheitsbild zusammengefasst. Ihre Analyse fällt einigermaßen ernüchternd aus – denn kaum einer der zahlreichen Behandlungsansätze hat bislang zu einem durchschlagenden Erfolg geführt. Immerhin aber gibt es immer wieder Teilerfolge.

Die wohl beachtenswertesten sind einem Behandlungs-Tool zuzuschreiben, das nach Roberts als erste Therapie-Variante ausprobiert werden sollte – nämlich dem Nasennetz. Es ist preiswert in der Anschaffung, erfordert keinerlei Eingriff, ist frei von Risiken und Nebenwirkungen und mittlerweile sogar bei vielen Reitbewerben toleriert. In einer Studie konnte bei immerhin 25 % der behandelten Pferde eine Verbesserung des Krankheitsbildes um 70 % erzielt werden.

Der medikamentösen Behandlung des Trigeminus-induzierten Headshakings sind bislang enge Grenzen gesetzt, da die in der Humanmedizin eingesetzten Medikamente nicht für Pferde zugelassen sind und von Tierärzten nur im Rahmen eines ,Therapienotstandes’ verabreicht werden dürfen, daher gibt es auch keine kontrollierten Langzeitstudien. Einige wenige dieser Medikamente – etwa Gabapentin, Carbemazepin oder Cyproheptadin – wurden auch bei Pferden eingesetzt und haben zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen geführt. In Einzelfällen kam es zu einer Verbesserung der Symptome, doch diese hielt meist nur kurz an. Auch von Nebenwirkungen wurde berichtet. In Anbetracht der Tatsache, dass einige Pferde jedoch recht gut auf derartige Medikamente reagierten, können sie – abhängig von den individuellen Umständen – jedoch einen Versuch wert sein, solange die Erwartungen erfüllt werden, so Veronica Roberts. Ein Turnierstart ist für derart behandelte Pferde nicht möglich.

Auch operative Eingriffe wurden zur Behandlung des Trigeminus-induzierten Headshakings bereits angewendet – doch auch hier waren die Erfolge unterschiedlich. Ein beidseitiger, unterhalb der Augenhöhle durchgeführter Nervenschnitt führte in einer Studie bei 3 von 19 Pferden zu einer Heilung, hatte jedoch ernsthafte Nebenwirkungen. Es war jedoch ein wichtiger Beitrag für den Beweis, dass der Trigeminus an diesem Krankheitsbild entscheidend beteiligt ist, so Veronica Roberts.

Bessere Ergebnisse erzielte eine andere chirurgische Methode, die sogenannte ,kaudale Kompression des Infraorbitalnervs' – hier wurde im Rahmen einer Studie mit 57 Pferden immerhin eine Erfolgsrate von 50 % erreicht, wobei es jedoch bei 26 % der Pferde innerhalb von durchschnittlich 9 Monaten (zwischen 2 Monaten und 5 Jahren) zu einem Rückfall kam. Die meisten Pferde entwickelten zudem auch Nebenwirkungen, die zwar meist nur kurzfristig auftraten – aber in immerhin in vier Fällen so schwerwiegend waren, dass die Tiere eingeschläfert werden mussten.

Auch die Technik der Neuromodulation (mit EquiPENS) – eine Form der Schmerztherapie, bei der Elektroden an Nerven implantiert werden, um den Schmerz zu modulieren – wurde mittlerweile wissenschaftlich untersucht und hat zu durchaus beachtlichen ersten Ergebnissen geführt. Bei einer ersten Testreihe aus dem Jahr 2016 konnten fünf von sieben behandelten Pferden wieder geritten werden, das Risiko von Nebenwirkungen war minimal. Es folgte eine weitere, noch unveröffentlichte Studie mit mehr Probanden (insgesamt 168 Headshaking-Pferde), die ebenfalls nur geringe und vorübergehende Komplikationen zeigte. Veronica Roberts dazu: „Sollten diese Daten veröffentlicht werden, könnten diese nahelegen, dass die EquiPENS-Neuromodulation, obwohl sie eindeutig Einschränkungen aufweist, eine gute First-line-Behandlung für Pferde ist, die nicht auf ein Nasennetz ansprechen.“

In kleinen Testgruppen hat mittlerweile auch die Methode der Elektroakupunktur einige Erfolge gebracht – doch insgesamt ist über diese Behandungsform noch zu wenig bekannt, um abschließende Aussagen über deren Wirksamkeit zu treffen, so Roberts.

Als wenig hilfreich haben sich in den vorliegenden Studien die Verabreichung von Futterergänzungen für Headshaking-Pferde erwiesen, so Roberts: „Es konnte keine tatsächliche Wirkung des Futterzusatzes oder des Placebos durch Tierärzte festgestellt werden, aber es gab einen signifikanten Placebo-Effekt sowohl beim Zusatz, als auch beim Placebo auf der Seite des Besitzers, der ,fühlte, dass es den Pferden besser ging’. Dies zeigt, wie wichtig es ist, den Erfolg so objektiv wie möglich zu messen“, so Roberts.

Diese Aussage gilt wohl auch für eine weitere Behandlungsmethode, nämlich die Homöopathie. Im Rahmen einer Befragung gaben nicht weniger als 93,3 % der Pferdebesitzer an, dass sich nach der Verabreichung von Homöopathika der Gesundheitszustand ihrer Pferde gebessert habe. Eine wissenschaftliche Bestätigung dafür liegt nicht vor, ebensowenig für die besondere Wirksamkeit vieler weiterer Therapie-Ansätze – von der Akupunktur und Chiropraktik bis zu Antihistaminka, antimikrobielle Mittel, Melatonin, Kortikosteroide usw.

Das Resümee von Veronica Roberts fällt daher auch einigermaßen ernüchternd aus: „Es gibt keine sichere und wirksame Behandlung – und selbst, wenn nur die Bewältigung und der Umgang mit der Krankheit und nicht die vollständige Heilung angestrebt wird, sind die Ergebnisse unterschiedlich. Es gibt zwar Fortschritte beim Verständnis der Erkrankung und der Entwicklung neuer Behandlungen, doch sind größere Fortschritte unwahrscheinlich, solange man nicht die Ursachen für das Entstehen der Krankheit umfassend verstanden hat. Bis dahin empfiehlt die Autorin eine gründliche Untersuchung, um die Diagnose so sicher wie möglich stellen zu können, und anschließend eine schlüssige Versuchsreihe mit den bislang überprüften Behandlungsmethoden. Wenn Pferde auch bei völliger Ruhe von der Erkrankung betroffen sind und auf keine Behandlung ansprechen, kann das Einschläfern am Ende die einzig humane Option sein.“

Die Studie „Trigeminal-mediated headshaking in horses: prevalence, impact, and management strategies“ von Veronica Roberts ist am 9. Jänner 2019  in der Zeitschrift ,Veterinary Medicine: Research and Reports“ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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